Wirtschaft
Merken

Droht eine Insolvenz der Leag?

Der BUND Sachsen sieht die Gefahr einer Insolvenz des Kohlekonzerns Leag und fordert die Landesregierung auf, mit einem Kohleausstieg vor 2030 zu planen.

Von Nora Miethke
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Der Braunkohletagebau Welzow-Süd der Lausitz Energie Bergbau AG (Leag).
Der Braunkohletagebau Welzow-Süd der Lausitz Energie Bergbau AG (Leag). © dpa

Nach RWE und EnBW hat nun auch der Energieriese Uniper angekündigt, spätestens 2029 keinen Strom mehr aus Kohle zu produzieren. Alle drei Konzerne begründen ihre Entscheidungen damit, dass die Kohleverstromung angesichts steigender CO2-Preise und höherer Gewinnmargen bei grünem Strom in fünf bis sechs Jahren nicht mehr profitabel sein wird.

„Ungeachtet dessen halten Brandenburgs und Sachsens Ministerpräsidenten Woidke und Kretschmer am Kohleausstieg 2038 fest“, kritisiert der BUND Sachsen. Die Umweltschützer befürchten eine Insolvenz des Kohlekonzerns LEAG mit weitreichenden Folgen für Lausitz und Staatskasse.

„Letztendlich wird der steigende CO2-Preis die Kohlekraftwerke bis 2030 aus dem Markt verdrängen. Je länger die Verantwortlichen ihre Augen vor der ökonomischen Realität verschließen, desto wahrscheinlicher wird eine Insolvenz der Leag“, teilte Professor Felix Ekardt, Vorsitzender von BUND Sachsen, am Freitag mit.

Ein Gutachten des Forschungsinstituts Aurora Energy Research bestätige die prognostizierte Entwicklung: „Unter den ökonomischen Rahmenbedingungen erwarten wir keine Verstromung der Braunkohle nach 2030, da diese unprofitabel wäre.” Eine aktuelle Studie des BUND Sachsen von Energy Brainpool zeige zudem, dass der Kohleausstieg bis 2030 die Energieversorgung nicht gefährden und sogar zu sinkenden Strompreisen führen würde, heißt es.

„Wenn die Bundesländer nicht schleunigst eingreifen, wird die EPH den deutschen Kohlesektor erfolgreich abspalten, ihre Gewinne ins Ausland transferieren und nach der Pleite der LEAG müssen wir Steuerzahler dann die Zeche zahlen”, argumentiert David Dresen, Pressesprecher des Anti-Kohle-Bündnis „Alle Dörfer bleiben“, mit Bezug auf die Ankündigung des tschechischen Investors EPH, das Kohlegeschäft der Leag und Mibrag in eine neu gegründete Tochtergesellschaft namens EP Energy Transition auszugliedern.

Grüne fordern Stiftung für Braunkohlefolgen

Solange die Leag aufgrund der krisenbedingten Preise noch hohe Gewinne einfährt, sollten die Bundesländer die finanziellen Rückstellungspflichten der Leag massiv erhöhen, damit der Steuerzahler bei einer möglichen Insolvenz nicht für die Tagebaufolgekosten aufkommen muss, fordert Dresen auf Nachfrage von sächsische.de. Er hält es für dringend geboten die absehbaren marktwirtschaftlichen Entwicklungen politisch anzuerkennen und daher bereits heute mit einem Kohleausstieg 2030 zu planen. „Erst wenn die jeweiligen Landesregierungen dies anerkennen, kann das zuständige Bundeswirtschaftsministerium die notwendige Unterstützung für den Umstieg auf Erneuerbare Energien bis 2030 liefern“, so Dresen.

Sollte es zu einer Insolvenz der Leag kommen, würde die Verantwortung zur Begleichung der Renaturierungs- & Ewigkeitskosten an die jeweiligen Bundesländer übergehen. Das „Forum ökologisch soziale Marktwirtschaft (FÖS)“ hatte deshalb bereits 2022 dringlich geraten, die geplanten Einzahlungen in die Zweckgesellschaften zu beschleunigen, zusätzliche Sicherheitsleistungen zu verlangen und eine langfristige Haftung des Mutterkonzerns EPH sicherzustellen. Auch die Grünen Fraktionsvorsitzenden der ostdeutschen Kohleländer scheinen eine Insolvenz des Kohlekonzerns zu befürchten und forderten den Bund vor wenigen Monaten dazu auf, eine Stiftung zu gründen, aus deren Mitteln die Tagebaufolgekosten beglichen werden sollten. Der Vorteil einer Stiftung liegt laut den Grünen in der finanzieller Abtrennung der langfristigen Aufgabenbewältigung - wie es die Wiedernutzbarmachung von Tagebauflächen ist - von öffentlichen Haushalten und privatwirtschaftlichem Handeln.

Vor rund einem Jahr stellte Leag-Vorstandschef Thorsten Kramer die Zukunftspläne für eine Gigawattfactory vor.
Vor rund einem Jahr stellte Leag-Vorstandschef Thorsten Kramer die Zukunftspläne für eine Gigawattfactory vor. © Georg Moeritz

Hintergrund ist, dass die Gefahr besteht, dass die vom Bund mit den Bergbauunternehmen ausgehandelten Entschädigungszahlungen in Höhe von insgesamt 4,35 Milliarden Euro in dieser Höhe nicht fließen werden dürfen. In Brüssel läuft derzeit die beihilferechtliche Prüfung und es sieht danach aus, dass die Kommission die Entschädigungsleistungen nicht in voller Höhe genehmigen könnte. Die Leag soll 1,75 Milliarden Euro Entschädigung erhalten. Das Unternehmen plant, einen Teil der Gelder in die Errichtung der sogenannten Gigawattfactory zu investieren und für die Begleichung der Tagebaufolgekosten zu nutzen.

In den Gesetzen und Verträgen zum Kohleausstieg ist geregelt, dass die Entschädigungsleistungen direkt in das Sondervermögen der Zweckgesellschaften eingezahlt werden sollten, die zur Umsetzung der Rekultivierungsmaßnahmen gegründet wurden. Sollte ein Teil der Entschädigung ausbleiben, entsteht eine Finanzierungslücke, die entweder der Bund oder das Bergbauunternehmen schließen muss. Der Bund sieht bei der Sicherstellung der Finanzierung der Tagebaufolgekosten die Landesbergbaubehörden in der Pflicht.

„Wir rechnen fest damit, dass die EU-Kommission die Entschädigungszahlungen nicht in voller Höhe genehmigen wird“, betont Dresen. Eine negative Kommissionsentscheidung würde somit die den Wandel der Leag zu einem grünen Energieunternehmen gefährden und die Gefahr einer Insolvenz erhöhen, warnt er.