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Volkswagen streicht Hunderte Jobs in Zwickau

VW hat zu wenig Käufer für seine E-Autos. Deshalb müssen fast 300 befristet Beschäftigte in Zwickau gehen. Die FDP sieht hausgemachte Probleme, die CDU gibt der Ampel die Schuld.

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Die Zwickauer Auto-Schmiede gilt im VW-Konzern als Vorreiter beim Umstieg auf Elektroautos. Doch seit einiger Zeit rumort es in der Belegschaft. Beschäftigte mit befristetem Vertrag müssen offensichtlich um ihre Arbeitsplätze bangen.
Die Zwickauer Auto-Schmiede gilt im VW-Konzern als Vorreiter beim Umstieg auf Elektroautos. Doch seit einiger Zeit rumort es in der Belegschaft. Beschäftigte mit befristetem Vertrag müssen offensichtlich um ihre Arbeitsplätze bangen. © Jan Woitas / dpa

Zwickau. Volkswagen baut Hunderte Stellen in seiner E-Auto-Fabrik in Zwickau ab. 269 befristete Verträge, die in Kürze ausliefen, würden nicht verlängert, teilte das Unternehmen am Donnerstag nach einer Betriebsversammlung mit. Auch der Schichtbetrieb müsse voraussichtlich angepasst werden. Das konkrete Vorgehen werde mit der Arbeitnehmervertretung abgestimmt.

Als Grund nannte der Autohersteller "die aktuelle Marktsituation". Angesichts hoher Inflation und rückläufiger Förderprämien hielten sich Käufer bei Elektroautos zurück. Der Konzern baut in Zwickau ausschließlich E-Autos für die Marken Volkswagen, Audi und Cupra. In der Fabrik arbeiten rund 10.700 Menschen, darunter gut 2.200 mit befristeten Verträgen.

Ein Konzernsprecher betonte, VW sei vom Weg in die Elektromobilität "weiterhin zu 100 Prozent überzeugt". Eine Kurskorrektur sei nicht geplant. Das Zwickauer Werk stehe nicht zur Disposition, es werde dort auch weiter investiert. Der letzte Verbrenner war dort 2020 vom Band gelaufen. Der Standort gilt als Vorreiter für E-Autos im Unternehmen.

FDP kritisiert einseitige Fokussierung auf Elektroantrieb

Der sächsische Abgeordnete und parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, Torsten Herbst, gibt indes VW eine Mitschuld an der Entwicklung. Die Absatzprobleme seien hausgemacht. Anders als etwa BMW setze VW bei den Antrieben ausschließlich auf batterieelektrische Fahrzeuge und mache sich somit von diesem Markt abhängig. Zudem seien offensichtlich auch nicht alle E-Autos von VW "so attraktiv, dass sie stark nachgefragt werden". Staatliche Subventionen könne es immer nur für eine Technologieeinführung geben, "nicht für den Absatz ausgereifter Produkte".

Die SPD Sachsen teilte mit, sie wolle jetzt genau hinschauen, woran es wirklich liege, "dass VW in Zwickau momentan nicht hundertprozentig geradeaus fährt". Da sei auch das Management in der Pflicht, "die eigene Arbeit kritisch zu beleuchten". Bei anderen Elektroauto-Herstellern in Deutschland laufe es besser. Zudem könnte der Freistaat selbst mithelfen, die Akzeptanz von E-Autos in Sachsen zu erhöhen, etwa durch mehr Ladesäulen. Die sächsischen Bündnisgrünen betonten, "hämische Kommentare über E-Mobilität" seien kontraproduktiv. Wer die "Antriebswende" ignoriere und verzögere, sorge mit dafür, dass das "unserer hiesigen Industrie in Zukunft auf die Füße fällt".

Der Vorsitzende der sächsischen CDU-Landesgruppe im Bundestag und Zwickauer Abgeordnete Carsten Körber hingegen macht für die Entwicklung "maßgeblich die ideologische Politik der Ampelkoalition" verantwortlich. Mit dem Förderstopp zeige die Ampel, dass sie "kein verlässlicher Partner für die Menschen ist", die bereit seien, in Klimaschutz zu investieren.

Die Zahl der Neuzulassungen von Elektroautos war zwar im August auf mehr als 86.600 gestiegen, zum 1. September aber lief die gewerbliche Förderung für Elektroautos aus. Branchenexperten erwarten daher in den nächsten Monaten einen Einbruch.

Zwickau hat sein E-Auto-Monopol im Konzern verloren

Neben den Modellen ID.3, ID.4 und ID.5 für Volkswagen produzieren die Zwickauer auch den Q4 etron und den Q4 Sportback etron für Audi sowie den Cupra Born. Trotz der schleppenden Auslastung des Werks sollen künftig die Modelle Q4 etron und ID.3 auch andernorts hergestellt werden, etwa in Fabriken in Brüssel und Wolfsburg.

Auch den US-Markt hatte VW zunächst von Sachsen aus bedient und den ID.4 per Schiff transportiert. Das hatte die damals ohnehin langen Lieferzeiten für die E-Autos noch vergrößert. Seit Oktober 2022 baut VW die Fahrzeuge für den nordamerikanischen Markt jedoch im Bundesstaat Tennessee, den Export aus Zwickau stellte man ein.

Bereits seit Mai 2022 läuft der ID.4 auch in Emden vom Band. Und das zweite E-Modell von Cupra hatte der Konzern Ende 2022 zur Fertigung nach Anhui in China vergeben. Diese Entscheidung hatte VW mit zu geringen Produktionskapazitäten in Zwickau begründet.

Zu hohe bürokratische Hürden bei der Förderung?

Das Automotive-Cluster Ostdeutschland sieht indessen keine Abkehr von der Elektromobilität. Es sei von Anfang an klar gewesen, dieser Wandel werde ein steiniger Weg, sagte Verbandsgeschäftsführer Jens Katzek. Doch müsse dieser Weg von Politik und Unternehmen gemeinsam gegangen werden. Katzek beklagte eine Verunsicherung der Verbraucher. Als Beispiel nannte er bürokratische Hürden bei der Förderung von Elektroautos. So könnten Anträge hierfür erst mit der Zulassung des neuen Wagens gestellt werden, und es gebe keinen Rechtsanspruch auf den Zuschuss. Dadurch müssten Autokäufer zunächst in Vorleistung gehen - ohne genau zu wissen, ob sie die Förderung auch erhalten. Ein zentrales Element sei zudem der Ausbau der Ladeinfrastruktur. "Hier fehlt es an Dynamik", monierte Katzek. (SZ/hek/uwo/dpa)