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Stürzt der Fleischkonzern Tönnies den Burgenlandkreis in finanzielle Nöte?

Landkreise müsse Schlachtvieh kontrollieren. Dafür verlangen sie Gebühren. Darüber streiten nun der Burgenlandkreis und Deutschlands größter Schlachtbetrieb.

Von Ulrich Wolf
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Mitarbeiter zerlegen Schweine in einer Tönnies-Fabrik. Am Standort Weißenfels werden täglich 11.500 Tiere geschlachtet.
Mitarbeiter zerlegen Schweine in einer Tönnies-Fabrik. Am Standort Weißenfels werden täglich 11.500 Tiere geschlachtet. ©  PR

Weißenfels/Rheda-Wiedenbrück. Eine millionenschwere Gebührenrückforderung des Fleischkonzerns Tönnies bringt den Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt in finanzielle Bedrängnis. "Wenn alle Beträge zurecht zurückgefordert werden sollten, reißt das natürlich ein Loch in den Kreishaushalt von mehr als neun Millionen Euro", sagte CDU-Landrat Götz Ulrich im MDR. Das würde die Liquidität des Landkreises "erheblich infrage stellen".

Der Landrat deutete in seinem Statement an, dass ein Rechtsstreit mit dem Unternehmen vor Verwaltungsgerichten "erfahrungsgemäß viele Jahre" dauern würde. Konkret geht es um Gebühren, die amtliche Tierärzte für Schlachttier- und Fleischuntersuchungen erheben. Diese sogenannten Fleischbeschau-Sätze legen die Landkreise fest, sie liegen bei der gewerblichen Schlachtung von Schweinen zwischen sechs und 30 Euro je Tier.

Die Tönnies-Holding, die mit gut 2.000 Beschäftigen in Weißenfels rund 11.500 Schweine täglich schlachtet, zahlte für die gesetzlich vorgeschriebene Fleischbeschau allein in den Jahren 2021 und 2022 rund 4,5 Millionen Euro an den Burgenlandkreis. Dessen Landrat zufolge ist der Konzern, der 2022 rund 6,8 Milliarden Euro Umsatz machte, offenbar der Ansicht, dass die Zahlungen teilweise unrechtmäßig waren.

Die Gebühren sind mitunter willkürlich festgesetzt worden

Ein Tönnies-Sprecher teilte Sächsische.de auf Anfrage mit, aufgrund einer Novellierung der EU-Regelung im Gebührenrecht zur Finanzierung amtlicher Kontrollen bestünden "in der Zusammenarbeit mit dem Burgenlandkreis offene Fragestellungen". Man stehe dazu mit der Verwaltung "im Austausch" und wolle "in erster Linie Klarheit für beide Seiten schaffen". Der Landkreis selbst reagierte bislang nicht auf eine entsprechende Anfrage.

Tatsächlich entschieden bereits Verwaltungsgerichte gegen Landkreise, etwa in einem Rechtsstreit zwischen einem Fleischermeister und dem Landkreis Trier-Saarburg. Denn zu der von der EU festgelegten Pauschalgebühr können lokale Kosten hinzugerechnet werden. Die Kalkulation ist damit von Landkreis zu Landkreis verschieden. In diesem November erst genehmigte die EU die Deckelung der Gebühren für kleinere Fleischereien und Schlachtbetriebe in Bayern auf sieben Euro pro Schwein. Für große Betriebe hingegen blieb es bei den kostendeckenden Gebühren.

Tönnies interpretiert das neue EU-Recht nach Darstellung des Landrats offenbar so, dass der Landkreis seine Gebühren nur für jene Tätigkeiten erheben darf, die die Mitarbeiter des Veterinäramtes direkt bei der Schlachtung haben. Für Ulrich sind aber auch die Kosten für Laboranalysen, Verbrauchsmaterialien und Schulungen Bestandteil der Gebühren.

Seinen Angaben zufolge wird Tönnies wohl auch den Bescheiden dieses Jahres widersprechen. Die strittigen Gebühren würden sich damit mit auf rund 9,6 Millionen Euro summieren.