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Die Deutsche Bahn weicht den Fahrplan auf

Die Deutsche Bahn ist so unpünktlich wie lange nicht. Wer umsteigen muss, kann dem Anschlusszug oft nur noch nachwinken. Nun reagiert die Bahn.

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Ein Intercity der Deutschen Bahn steht im Hauptbahnhof in Chemnitz.
Ein Intercity der Deutschen Bahn steht im Hauptbahnhof in Chemnitz. © Archiv: dpa/Hendrik Schmidt

Bahnkunden sollen angesichts vieler Verspätungen längere Umsteigezeiten auf hunderten Fernverbindungen einplanen. In der Fahrplanauskunft und im Buchungssystem werden dafür standardmäßig einige Minuten mehr eingestellt, wie die Deutsche Bahn am Mittwoch mitteilte. Außerdem kommen knapp 1000 zusätzliche Mitarbeiter in Fernzügen und auf Bahnhöfen zum Einsatz. Sie sollen Fahrgästen etwa beim Ein- und Aussteigen und bei der Suche nach ihrem Sitzplatz helfen.

"Wir wollen das Reisen besser planbar machen", sagte Vorstandsmitglied Michael Peterson. "Die schnellste Verbindung ist nicht immer die zuverlässigste." Man wolle in der Fahrplanauskunft nichts versprechen, was man nicht halten könne. Denn derzeit sind die Züge so unpünktlich wie seit Jahren nicht. Peterson sprach von einer Zumutung für Fahrgäste und Mitarbeiter.

Gleichzeitig gebe es einen "historischen Run auf die Schiene", sagte Peterson. Dieses Jahr werde die Fahrgastzahl im Fernverkehr leicht unter dem Rekordwert von 2019 liegen, als es rund 151 Millionen waren. Es sind aber deutlich mehr Züge auf dem Netz unterwegs.

"Leider kann die derzeitige Schieneninfrastruktur nicht mit dem Verkehrszuwachs mithalten", erklärte die Bahn den Bahncard-Inhabern am Mittwoch in einer Mail. "Mehr Staus auf der Schiene und Verspätungen sind die Folge."

Längere Umsteigezeiten werden laut Peterson für etwa 800 Anschlussverbindungen hinterlegt. Je nach Verbindung könnten dies beispielsweise statt bislang 8 Minuten nun 10, 12 oder 14 Minuten sein, erklärte Peterson. Im Ergebnis kämen Fahrgäste 10, 20 oder 30 Minuten später am Ziel an. Fahrgäste können individuell auch kürzere oder längere Umsteigezeiten im System einstellen.

Wer wider Erwarten doch einen früheren Anschlusszug erwische als geplant, bekomme trotz möglicher Zugbindung keine Probleme bei der Fahrkartenkontrolle, versicherte Peterson. Das Zugpersonal werde angewiesen, hier großzügig zu sein.

Bahn will Serviceteams in Zügen und Bahnsteigen vergrößern

Sogenannte Sparpreis-Tickets der Bahn sind an bestimmte Fernzüge gebunden. Verpasst man seinen Anschlusszug, weil der vorangegangene Zug verspätet ist, ist die Zugbindung aufgehoben und Fahrgäste können einfach den nächsten Zug nutzen.

Das Serviceteam des Fernverkehrs hat rund 8.000 Mitarbeitern. Vorgesehen sind nun 750 zusätzliche Kräfte in den Zügen und 130 auf besonders vollen Bahnsteigen. Zudem sollen 100 sogenannte Gästebetreuer dafür sorgen, dass Fahrgäste reibungslos ein- und aussteigen.

Zu den vielen Verspätungen führt auch eine große Zahl von Baustellen. Die Bahn kämpft gegen einen Sanierungsstau. Mehr als 17.500 Kilometer Schienen und 1.000 Eisenbahnbrücken sind sanierungsbedürftig, heißt es in einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion, aus der die Zeitungen der Funke Mediengruppe zitieren und die auch der dpa vorliegt.

Investitionsbedarf bei fast 600 Kilometer Schienen in Sachsen

In Sachsen sind 571 Kilometer des Schienennetzes der Deutschen Bahn sanierungsbedürftig. Der Leipziger Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann (Linke) sprach am Mittwoch von "verheerenden Zahlen". Sie seien Ergebnis eines "jahrzehntelangen Versagens der Deutschen Bahn und des Bundes als Eigentümer". Man habe Bahnhöfe geschlossen, Strecken stillgelegt und das Schienennetz kaputtgespart.

"Das war und ist die Profitlogik des Weltkonzerns. Wir brauchen deutliche höhere Investitionen in die Bahn und eine neue Bahnreform", sagte Pellmann der Deutschen Presse-Agentur. Die Ampel-Regierung sollte das Unternehmen umkrempeln und vom Kopf auf die Füße stellen. "Bürgerbahn statt Börsenbahn" lautete Pellmanns Slogan. (dpa)