Was kostet eine Versicherung gegen Hochwasser?

Nach den verheerenden Überschwemmungen verzeichnen Versicherungen ein deutlich höheres Interesse, sich gegen solche Katastrophen abzusichern: mit einer Elementarschadenversicherung. Die Bilder verwüsteter Dörfer haben auch viele Sachsen aufgeschreckt. Denn immer wieder trifft es auch hier Häuser und Straßen, die als überschwemmungssicher galten.
Wann leistet eine Elementarschadenversicherung?
Der Elementarschutz greift bei Schäden an Gebäuden, die durch das Wirken der Natur hervorgerufen werden: bei Zerstörungen durch Starkregen und Hochwasser, durch Schneedruck, Lawinen und Erdrutsche, Erdsenkungen, Erdbeben und auch im Falle eines Vulkanausbruchs. Die Standardpolicen in der Gebäude- und Hausratversicherung umfassen dagegen nur Hagel, Brand, Blitzschlag sowie Schäden durch Leitungswasser und Sturm ab Windstärke acht.
Eine Elementarschadenversicherung sollte auch Schäden durch Rückstau abdecken, rät die Verbraucherzentrale Sachsen. Möglicherweise verlangt der Versicherer hier den Einbau von Rückstauklappen. Wird diese Vorgabe nicht erfüllt, läuft man Gefahr, leer auszugehen, wenn nach Regen die Kanalisation überlastet ist und das Wasser in den Keller läuft.
Wie viele Gebäude in Sachsen haben einen Elementarschutz?
Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sind nur 48 Prozent der Häuser gegen Elementargefahren versichert. Im Bundesdurchschnitt sind es sogar nur 46 Prozent. „Das ist viel zu wenig. Geht das Tempo der Abschlüsse so weiter wie bisher, könnte es noch Jahrzehnte dauern, bis die große Mehrheit der Häuser in Deutschland versichert ist“, sagt Stephan Schweda vom GDV.
Regional gibt es große Unterschiede. So sind in Baden-Württemberg – wo die Elementarversicherung bis 1994 für Hausbesitzer verpflichtend war – 94 Prozent der Gebäude elementarversichert, in Bremen dagegen nur knapp ein Fünftel.
Wieso schließen so viele Hausbesitzer keine Versicherung ab?
Fragt man Hausbesitzer nach dem Grund, sagen sie am häufigsten: „Wir wohnen nicht an einem Fluss. Uns kann also nichts passieren.“ Dabei kann Starkregen jeden und überall treffen, auch wenn man auf einem Berg oder weit abseits von einem Fluss wohnt. Viele seien sich des großen Risikos überhaupt nicht bewusst, sagt Schweda.
Verbreitet sei zudem das Denken, man bekomme sowieso keinen Versicherungsschutz. „Das ist so nicht richtig. Unseres Erachtens sind 99 Prozent der Gebäude in Deutschland versicherbar“, sagt Schweda. Für die meisten Hausbesitzer seien seiner Erfahrung nach die Kosten der Grund, sich gegen einen Elementarschutz zu entscheiden. „Viele zahlen noch den Kredit fürs Haus ab, da verzichten sie eher auf die Versicherung.“ Trete ein Schaden ein, könne ihnen das zum Verhängnis werden.
Was kostet denn eine Elementarschutzversicherung?
Die Beiträge sind abhängig von der Wahrscheinlichkeit für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen. Grundlage dafür ist ein brancheneigenes vierstufiges Geoinformationssystem – das sogenannte Zürs. Es basiert auf Daten von 22 Millionen Adressen in Deutschland. In dem Zonierungssystem gibt es vier Gefährdungsklassen. Bei Klasse eins muss rein statistisch nur alle 200 Jahre mit einem Hochwasser gerechnet werden, in Klasse zwei einmal in 100 bis 200 Jahren. Gebiete in der Gefährdungsklasse drei werden alle zehn bis 100 Jahre überschwemmt. In der höchsten Klasse muss statistisch gesehen alle zehn Jahre mit einem Hochwasser gerechnet werden.
Es gilt: Je höher die Risikoklasse, umso teurer die Elementarversicherung. „In den niedrigen Klassen sind die Policen günstig und kosten in der Regel unter 100 Euro pro Jahr. In der Zone zwei reden wir vom niedrigen dreistelligen Eurobereich“, sagt Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen. Steht ein Haus in Zone vier, könne der Preis bis 1.000 Euro pro Jahr betragen.
Wovon hängt der Preis für den Elementarschutz außerdem ab?
Vom Zustand des Hauses und ob bereits Maßnahmen für den Hochwasserschutz getroffen wurden. Wichtig ist auch, ob eine Selbstbeteiligung vereinbart wird. „Wer einen Teil des Schades selber zahlt, kann sich in der Regel über eine geringere Prämie freuen“, sagt Heyer. Allerdings rechne sich das nicht für jeden. „Ist das Haus Hunderttausende Euro wert, kann eine Selbstbeteiligung von 10.000 Euro sinnvoll sein. Bei einem kleinen Häuschen ohne besonderen Wert sollte man sich das überlegen.“
Seit Kurzem erst weist das Zürs zusätzlich drei Starkregengefährdungsklassen aus. „Diese haben bei der Kalkulation der Prämie jedoch kein so großes Gewicht wie die Hochwasserklassen“, erklärt Schweda.
Kann ich einsehen, ob mein Haus gefährdet ist?
Das Zürs ist nicht öffentlich zugänglich. Allerdings liegen die darin gesammelten Informationen in der Regel allen zuständigen Wasserwirtschaftsämtern vor. Laut GDV stehen in Sachsen 92,7 Prozent aller Gebäude in der Gefährdungszone eins. Nur 0,7 Prozent der Gebäude befinden sich in der Risikoklasse vier.
Ein bundesweites Portal, auf dem sich jeder informieren kann, ob sein Haus von Naturgewalten betroffen sein könnte, gibt es bislang nicht. Wer sich dennoch eine erste Einschätzung einholen möchte, kann den Naturgefahren-Check sowie den Hochwasser-Check nutzen, die der GDV auf seiner Internetseite anbietet. Dafür muss man nur seine Postleitzahl eingeben. „Die Gefahrenlage ist jedoch nicht identisch mit den Zürs-Zonen“, betont Schweda.
Muss ich bei der Versicherung mit einer Wartezeit rechnen?
Ja, der Versicherungsschutz greift nicht sofort nach Vertragsabschluss. Vielmehr legen die Versicherer die Wartezeit nach Angaben des GDV individuell fest. Sie kann mehrere Wochen betragen. Die Versicherer wollen Missbrauch vorbeugen und ausschließen, dass eine Versicherung erst kurz vor einem erwarteten Unwetter abgeschlossen und dann gekündigt wird.
Kann eine Versicherung den Elementarschutz verweigern?
Ja, wenn ihr das Risiko zu hoch ist. Ausschlaggebend für die Beurteilung ist der Schadensverlauf der vergangenen Jahre beziehungsweise Jahrzehnte an dem Gebäude. Eine wichtige Rolle spielt auch, in welcher Gefährdungsklasse das Haus steht. „Mit einbezogen wird zudem, ob im näheren Umkreis des Gebäudes ein Bach liegt“, sagt Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale.
Ihrer Erfahrung nach lehnten Versicherer eine Police auch schon mal ab, wenn bereits mehrmals Wasser bei starkem Regen in den Keller gelaufen sei. „Unserer Meinung nach sind alle Gebäude versicherbar. Die Frage ist, zu welchem Preis“, so Heyer. In jedem Fall sollten sich Hauseigentümer Angebote von mehreren Versicherern einholen und vergleichen.
Kann mir der Versicherer kündigen?
Ja, bei einem Schadensfall hat er ein außerordentliches Kündigungsrecht. „Davor kann man sich nicht schützen“, sagt Heyer. In Sachsen sei das nach den Hochwassern 2002 und 2013 durchaus vorgekommen. Wer dann einen neuen Versicherer sucht, muss mit höheren Prämien rechnen.
Werden die Policen jetzt teurer?
Naturkatastrophen wie kürzlich fließen in das Zonierungssystem mit ein, meist allerdings mit einem Zeitverzug von mehreren Jahren, so Schweda. Grund sei, dass die Wasserwirtschaftsämter die neuen Daten erst zuliefern und diese eingepflegt werden müssten. (mit dpa)