Die Herstellung von Getrieben für Windräder gehört in Klipphausen der Vergangenheit an. Mit mehr als sieben Millionen Euro hatte das sächsische Wirtschaftsministerium den Windrad-Zulieferer Eickhoff im Jahr 2011 unterstützt. Das Unternehmen für Windgetriebe galt als Hoffnungsschimmer, doch bereits im April vergangenen Jahres kündigte der Bochumer Mutterkonzern an, das Werk mit den 170 Mitarbeitern nach 14 Jahren zu schließen. Das Paradoxe: Zur selben Zeit kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz an, jeden Tag vier bis fünf Windräder zu errichten.
Die Mitarbeiter wollten das nicht einfach hinnehmen und starteten gemeinsam mit der Gewerkschaft IG Metall einen Innovationsprozess namens "Wind of Change". Ein weltweit besonderes Konzept, das bereits dem angeschlagenen Pionier der Fotochemie, der Tetenal in Norderstedt, wieder auf die Beine geholfen hat und auch bei Waggonbau Niesky erprobt wurde. 400.000 Euro kostete der Prozess, die Hälfte wurde vom Bochumer Mutterkonzern Eickhoff übernommen, weitere 100.000 vom sächsischen Wirtschaftsministerium. Mitarbeiter Jörg Koziol machte im Frühjahr klar: "Wir halten zusammen. Wir wollen nicht gehen."
In mehreren Ideenrunden überlegten die Mitarbeiter, was sie als Belegschaft in dem modernen Maschinenpark produzieren könnten. Aus fünfhundert Ideen entwickelten sie zwei konkrete Geschäftspläne mit dem Management, erklärt Peter Rasenberger, von der österreichischen Unternehmensberatung Grantiro. Der Wirtschaftsexperte hat den Prozess maßgeblich begleitet.
"Windenergie war für alle durch"
Die Mitarbeiter wollten zum einen hochpräzise Wasserstoffverdichter herstellen, ein essenzieller Bestandteil, um die Wasserstoff-Wende in Deutschland zu meistern. Zum anderen erwägten sie, Getriebe für Panzer zu produzieren. "Was die Mannschaft an Getriebekompetenz hat, kann auch für einen Gepard eingesetzt werden." Das Erstaunliche: "Windenergie war für alle durch", erklärt Rasenberger. "Es müssten sich die Rahmenbedingungen ändern, um in den Wettbewerb mit China treten zu können." Windrad-Experten nannten bereits im Sommer als Gründe, die billige Konkurrenz aus China und die viel zu langen Genehmigungsphasen hierzulande.
Um den Maschinenpark mit dem eingespielten Team aber dennoch zu retten, klopften die erfahrenen Manager bei verschiedensten Unternehmen sowie Investoren an und stellten die zwei Ideen vor, doch die Antwort war immer dieselbe: Gern, aber nicht in Deutschland. "Angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage", erklärt Wirtschaftsexperte Rasenberger die Gründe: Bürokratiekosten, Umweltauflagen, Lohnkosten - all das sei zu teuer.
Kurz vor Weihnachten kommt es dann in Klipphausen zu einer Abschlussveranstaltung, in der deutlich wird: Es gibt keine Zukunft für die Mannschaft. Das Werk wird ab 2024 nicht mehr produzieren. "Alle waren gefasst", fasst Rasenberger die Stimmung zusammen. "Sie waren dankbar, dass man es versucht hat. Die Zeit war knapp." Die meisten Mitarbeiter hätten gute Jobs in der Region gefunden. Rasenberger fragt sich dennoch: "Wie kriegen wir es hin, dass technologische und personelle Möglichkeiten nicht abhandenkommen?"
Während die Mitarbeiter nun den Fachkräftemangel in anderen Unternehmen mildern, ist Eickhoff aktuell mit Interessenten im Gespräch, den Standort zu verkaufen. "Wir können uns daher nicht weiter dazu äußern", so eine Sprecherin. Das Wirtschaftsministerium reagiert aber auf Nachfrage optimistisch: "Aufgrund der allgemein positiven industriellen Entwicklung im Raum Dresden ist aktuell davon auszugehen, dass sowohl Belegschaft als auch Immobilie auf eine entsprechend hohe Nachfrage am Markt treffen."