SZ + Zittau
Merken

Hilft Zittau bei der Rettung seiner Jugendstil-Häuser?

Benjamin Pfefferkorn will die maroden Gebäude an der Hochwaldstraße 19 und 21 in Zittau sichern, wobei die Stadt mitwirken soll. Sie hat aber seine Wünsche dazu jetzt abgelehnt.

Von Thomas Christmann
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Benjamin Pfefferkorn (links) hat mit Mitarbeitern das Eckhaus an der Hochwaldstraße in Zittau beräumt. Nun soll das Gebäude über den Winter gebracht werden. Dafür braucht er Hilfe.
Benjamin Pfefferkorn (links) hat mit Mitarbeitern das Eckhaus an der Hochwaldstraße in Zittau beräumt. Nun soll das Gebäude über den Winter gebracht werden. Dafür braucht er Hilfe. © Matthias Weber/photoweber.de

Die Jugendstil-Häuser an der Hochwaldstraße 19 und 21 in Zittau haben Benjamin Pfefferkorn und seine Mitarbeiter mittlerweile entkernt und begehbar gemacht. "Dort, wo wir herankamen", sagt der Eigentümer. Die 1903 erbauten Gebäude sind wegen der Einsturzgefahr mit Bauzäunen abgesperrt, in mehreren Etagen fehlen bereits die Decken. Während bei der Nummer 19 vor allem die Außenwand als nicht mehr standsicher gilt, fehlt in der 21 ein Teil des Daches. Laut dem Architekten aber nur an der Stelle, die schon zu DDR-Zeiten repariert werden musste. "Es gab damals scheinbar ein gestörtes Verhältnis zu alten Häusern", sagt der 63-Jährige aufgrund der dürftigen Ausführung.

Benjamin Pfefferkorn will den weiteren Verfall der beiden Objekte stoppen, diese über die Zeit bringen. "Das sind echte Schönheiten, darin steckt handwerkliche Qualität", meint der Architekt zu den Beweggründen. Schon seit 2013 versucht der gebürtige Berliner in Zittau solche für ihn historisch wertvollen Immobilien zu retten und damit die Stadtstruktur zu bewahren. Dazu gehören im Zentrum das ehemalige Fischhaus in der Inneren Weberstraße 44, das Zweikronenhaus an der Neustadt 35, die Gebäude an der Baderstraße 1 und Amalienstraße 2. Zudem half er mit, die Mandaukaserne zu sichern.

Die Häuser an der Hochwaldstraße 19 und 21 sind sein jüngstes und größtes Vorhaben. Im März dieses Jahres hat der 63-Jährige diese von einem Deutsch-Amerikaner zu einem Preis erworben, der dem Bodenrichtwert entspricht. Dem Vorbesitzer drohte sonst eine Ersatzvornahme der Stadt, die ihn teurer gekommen wäre. Nun ist sie bemüht, den Erhalt zu unterstützen. So stehen über ein Städtebau-Programm für die Nummer 19 bereits 160.000 Euro bereit, für die 21 sind weitere 255.000 Euro in Aussicht gestellt. Der Haken dabei: Der Eigentümer muss die Häuser innerhalb von fünf Jahren modernisieren, sonst sind die Mittel zurückzuzahlen. Nach Schätzung von Benjamin Pfefferkorn können bei der Förderung von 200 Euro pro Quadratmeter die Außenwände gesichert und Dächer abgedeckt werden. Bei einer Modernisierung rechnet der Architekt jedoch mit Kosten von 2.000 bis 3.000 Euro pro Quadratmeter.

Stadt soll Kosten übernehmen

Das Risiko will der Eigentümer aber nicht eingehen. Zumal der Architekt sich nicht als Investor, sondern "Hausarzt" sieht - und nach eigenen Angaben nicht über das Geld verfügt. Deshalb hat er sich mit einem Schreiben an die Stadt gewandt, aus dem sie eine Beschlussvorlage für den Stadtrat formulierte. Seine Bitten: Eine Förderzusage in vollem Umfang, eine Bürgschaft und damit Entbindung von der Pflicht zur Modernisierung, eine Übernahme der Kosten für Notar und Eintrag ins Grundbuch sowie der verkehrsrechtlichen Anordnung der Bauzäune durch die Stadt. Doch die Wünsche hat der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung abgelehnt.

Blick auf das "Eingangstor der Stadt" an der Hochwaldstraße.
Blick auf das "Eingangstor der Stadt" an der Hochwaldstraße. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Die Häuser an der Hochwaldstraße 19 und 21 sind seit März dieses Jahres im Eigentum von Benjamin Pfefferkorn.
Die Häuser an der Hochwaldstraße 19 und 21 sind seit März dieses Jahres im Eigentum von Benjamin Pfefferkorn. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Im September hat er auch das Eckhaus am Külzufer 17 erworben.
Im September hat er auch das Eckhaus am Külzufer 17 erworben. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Viele Mitglieder begrüßen zwar das Engagement von Benjamin Pfefferkorn, aber sehen auch das finanzielle Risiko für Zittau - zumal Eigentum verpflichtet. Schon jetzt ist die Stadt zum Sparen gezwungen, hat deshalb unter anderem die Sportförderung gekürzt. Aus dem Grund stimmte beispielsweise Klaus Reepen (CDU) dem Antrag nicht zu. "Man kann nicht alles retten", sagt er. Auch Martina Schröter (Zkm) bereiteten die hohen Summen Bauchschmerzen. Ihm sei bewusst gewesen, was er kaufe, meint sie. Und nur eine Notsicherung bringe der Stadt nichts. Andreas Mannschott (FUW) sprach sogar von einem nicht zulässigen Kreditgeschäft, was die Stadt hier eingehen soll. Und einer Übernahme der Kosten kann er wie auch andere Stadträte schon aus Gründen der Gleichbehandlung nicht zustimmen. "Wir würden einen Shitstorm von anderen bekommen." Nur einige wenige wie Anke Zenker-Hoffmann (Zkm) warben dafür, dass das Projekt gelingen kann.

Susanne Mannschott von der Zittauer Stadtentwicklungsgesellschaft versteht die Entscheidung des Stadtrats, auch wenn die Geschäftsführerin große Sorgen um den Erhalt wichtiger städtebaulicher Strukturen hat. Für sie macht er deutlich: "Wo unsere Probleme, der Zwiespalt zwischen gesellschaftlicher Verpflichtung zur Bewahrung unseres besonderen baulichen Erbes und unseren Stadtstrukturen im Gegensatz zu unserer kommunalen Leistungsfähigkeit und dem desolaten Grundstücksmarkt liegen."

Benjamin Pfefferkorn nennt den Antrag im Nachgang einen Schnellschuss mit unglücklichen Formulierungen und kann daher die Ablehnung nachvollziehen. Positiv findet der 63-Jährige, dass alle darüber geredet haben. Der Architekt überlegt nun, ob er mit dem Fördermittel-Geber direkt in Kontakt treten und eventuell veränderte Bedingungen erzielen kann. Die Gespräche sollen mit Vertretern Zittaus geführt werden. Und der Eigentümer sucht nach Unterstützern, die mit ihm an Lösungen für die Gebäude arbeiten - die Stadt hat ihre Hilfe bereits zugesagt. "Wir finden einen Weg", meint Benjamin Pfefferkorn. Erst im September hat er das gegenüberliegende und ebenfalls marode Eckhaus am Külzufer 17 gekauft. Auch das will der Architekt retten, damit das "Eingangstor zur Stadt" an der Stelle erhalten bleibt. Jede Idee, jedes Mitmachen sei willkommen, sagt er.