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Spitzenkoch verwandelt alte Fabrikanten-Villa in Großschönau in ein Restaurant

Frank Deutschländer ist Rückkehrer und in seine alte Heimat verliebt. In einem historischen Herrenhaus in Großschönau macht er nun das, was er am besten kann: Leckere Gerichte kreieren. Aber nicht nur das.

Von Frank-Uwe Michel
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Frank Deutschländer hat im Erdgeschoss der Villa Hänsch in Großschönau
ein Restaurant eröffnet.
Frank Deutschländer hat im Erdgeschoss der Villa Hänsch in Großschönau ein Restaurant eröffnet. © Matthias Weber/photoweber.de

Nur ein paar Meter sind es bis zur früheren Schlauchboot-Fabrik, in der sich jetzt das Großschönauer Motorrad- und Technikmuseum befindet. Einst betrieb die Fabrikantenfamilie Hänsch hier eine Weberei - direkt daneben entstand 1889 eine im Jugendstil errichtete Villa. Seit vier Jahren ist Frank Deutschländer Eigentümer des repräsentativen Herrenhauses und hat aus der "grauen Maus" ein Vorzeigeobjekt gemacht. Außen und innen denkmalgerecht saniert - seit ein paar Tagen können Gourmets hier sogar einkehren. Denn der 40-Jährige betreibt neben Ferienappartements in dem Gebäude nun auch ein Restaurant, das in der Region seinesgleichen sucht.

Im Garten der Villa gibt es Sitzgelegenheiten und einen Pool, der für die Feriengäste in den Appartements vorgesehen ist.
Im Garten der Villa gibt es Sitzgelegenheiten und einen Pool, der für die Feriengäste in den Appartements vorgesehen ist. © Matthias Weber/photoweber.de

Geboren in Berlin, ist die Oberlausitz Deutschländers eigentliche Heimat. "Meine Großeltern wohnten in Seifhennersdorf. In den Ferien war ich regelmäßig dort", erinnert er sich. Zwar habe es ihn später beruflich weit weg an verschiedene Standorte im ganzen Land verschlagen. "Für mich selbst war aber immer klar, dass ich irgendwann zurückkehren würde - ins Oberland oder ins Zittauer Gebirge." Warum? Das hiesige Bier schmecke eben besser als Sanddornsaft, Gulasch besser als Fischbrötchen, lächelt er spitzbübisch - in Anspielung auf seine Engagements an der Ostseeküste. Der junge Mann mit dem wenigen Haar hat klare Vorstellungen von dem, was er hier machen will. In der "Villa Hänsch" möchte er im Kleinen das zelebrieren, wofür er schon an mehreren großen, erstklassigen Hotels und Restaurants in Deutschland zuständig war.

Verschiedene Fehltritte in der Vergangenheit, die ihn mit dem Gesetz in Konflikt brachten, räumt er dabei durchaus ein. Als Jugendlicher und junger Erwachsener sei er ein "wilder Kerl" gewesen. Mehrere Delikte hatten ihm Geldstrafen oder Auflagen eingebracht. Das Zittauer Amtsgericht brummte ihm sogar eine zweijährige Bewährungsstrafe auf. Das ist viele Jahre her. Seitdem aber habe er sich nichts mehr zuschulden kommen lassen, sagt Deutschländer, und befinde sich "schon lange auf einem seriösen Weg."

In den oberen Etagen der Villa Hänsch sind drei Ferienappartements entstanden.
In den oberen Etagen der Villa Hänsch sind drei Ferienappartements entstanden. © Matthias Weber/photoweber.de

Inzwischen ist Deutschländer ein Spitzenkoch. Seine Vita ist voll mit Adressen, die für Qualität in der Speisekarte stehen. Ausgebildet wurde der Großschönauer bei den Wittelsbacher Spezialitätenwirten unweit von Augsburg, wo sich gern auch die Fußballer des FC Bayern beköstigen lassen. Später verschlug es ihn in den Norden. In Mecklenburg-Vorpommern war er im Jagdschloss Rothenklempenow Küchenchef. Unter den gestrengen Augen eines Sternekochs verwöhnte er in der Nobel-Herberge Schloss Krugsdorf bei Pasewalk als Sous Chef seine Gäste. Auf Usedom leitete Deutschländer das exklusive Restaurant Am Hangar 10. Aber auch in der Heimat, in Zittau, war er im Dresdner Hof schon einmal Chef an Töpfen und Tiegeln.

Ehe der umtriebige Gastronom die Sanierung und Umgestaltung der alten Villa in Angriff nahm, checkte er selbst als Gast ein. "Ich habe hier und im benachbarten Tschechien in manchen Häusern eine Nacht verbracht und mich bewirten lassen. Dadurch hat sich mein Blick für das geschärft, was schon vorhanden ist und woran es noch fehlt." Im einstigen Fabrikantenhaus setzt er nun das um, "was zum Charme des Gebäudes passt und wovon ich überzeugt bin, dass es klappt."

Whirlpool, Fitnessgeräte und Sauna stehen ebenfalls den Feriengästen zur Verfügung.
Whirlpool, Fitnessgeräte und Sauna stehen ebenfalls den Feriengästen zur Verfügung. © Matthias Weber/photoweber.de

Deutschländer setzt nicht auf Masse, sondern belässt es bei einem minimalen Angebot. Im Gastraum gibt es lediglich acht Plätze - "auch wenn es gut läuft, werden es nicht mehr", bekräftigt er. Der Raum, in dem er bewirtet, ist ein Mix aus Jugendstil und Moderne. "Viel Klassisches, aber auch ein bisschen verspielt." Das Essen genießen kann nur, wer vorher bestellt hat. "Wir haben das in den vergangenen Tagen ruhig angehen lassen, mit Mundpropaganda. Aber es zeigt sich, dass das funktioniert."

Die Speisekarte hält nicht etwa 20 oder 30 Gerichte bereit, sondern lediglich drei Vier-Gänge-Menüs. Die werden regelmäßig gewechselt. Natürlich steht Frank Deutschländer selbst in der Küche und bereitet alles zu. Abgehoben oder gar auf Sterne-Niveau seien seine Kreationen nicht. Er beschreibt sie vielmehr als "klassische, gehobene Küche. Mit guten Ideen." Aber auch zu fairen Preisen, die der Region angemessen seien. Mal wird ein Reh verarbeitet vom Jäger nebenan. Mal Forelle oder Saibling, die er ebenso frisch bezieht. Mag er das auch selbst am meisten? "Nö", lacht er. Sein Favorit sei Currywurst.

Im einstigen Wirtschaftsgebäude der Villa Hänsch entstehen drei weitere Ferienunterkünfte.
Im einstigen Wirtschaftsgebäude der Villa Hänsch entstehen drei weitere Ferienunterkünfte. © Matthias Weber/photoweber.de

Deutschländer hat im Erdgeschoss nicht nur das Restaurant eingerichtet. Zuvor sind in den oberen Etagen schon drei Ferienappartements entstanden. Vermietet wird bereits seit dem Frühjahr, die Nachfrage sei super. Und genau deshalb wird nebenan gleich weitergebaut. In dem einst zur Villa gehörenden Wirtschaftsgebäude entstehen bis März 2024 drei weitere Unterkünfte.

Liegen direkt nebeneinander an der Hauptstraße in Großschönau: die Villa Hänsch (rechts) und die frühere Weberei des gleichnamigen Fabrikanten, später Schlauchboot-Fabrik und jetzt Motorrad- und Technikmuseum (links).
Liegen direkt nebeneinander an der Hauptstraße in Großschönau: die Villa Hänsch (rechts) und die frühere Weberei des gleichnamigen Fabrikanten, später Schlauchboot-Fabrik und jetzt Motorrad- und Technikmuseum (links). © Matthias Weber/photoweber.de

Weil der 40-Jährige der Oberlausitz so verbunden ist, weil er Altes retten und Neues ausprobieren möchte, hat er seine Augen offen gehalten - und ein weiteres interessantes Objekt entdeckt: die Villa Böhme. Das Haus ist ebenfalls ein repräsentativer Bau, steht schon lange leer und befindet sich in Ebersbach. "Nur ein paar Meter vom 'blauen Wunder' entfernt." Entstehen soll hier ein Eventhaus - zum Beispiel für Hochzeiten. Und die Umsetzung? "Läuft ganz entspannt", meint Deutschländer. Nichts übereilen, ist seine Devise. Denn beim Umbau ergäben sich oft die besten Ideen. So wie in Großschönau bei der Villa Hänsch, dem Gourmet-Tempel im Herrenhaus.

Der Text wurde geändert. In der ursprünglichen Version war von seinen früheren Fehltritten nichts erwähnt. Dazu haben wir noch einmal recherchiert und diesen Teil seiner Vita ergänzt.