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Seifhennersdorf: Neuer Kämmerer fühlt sich gemobbt und wirft hin - auch Bauamtsleute kündigen

Erst am Jahresanfang hat der neue Kämmerer - ein Ex-Treuhand-Manager - begonnen, jetzt hat er gekündigt. Auch im Bauamt gibt es nur noch eine Mitarbeiterin - die zudem in Rente will.

Von Frank-Uwe Michel
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Innerhalb kürzester Zeit muss das Seifhennersdorfer Rathaus auf drei Führungskräfte verzichten. Wie es bei den Finanzen und im Baubereich weitergeht, ist noch nicht absehbar.
Innerhalb kürzester Zeit muss das Seifhennersdorfer Rathaus auf drei Führungskräfte verzichten. Wie es bei den Finanzen und im Baubereich weitergeht, ist noch nicht absehbar. © Matthias Weber

Eigentlich beraten Stadträte Personalangelegenheiten im nicht öffentlichen Teil. Auch in Seifhennersdorf war das bisher so. Bei der jüngsten Sitzung am vergangenen Donnerstag kam Bürgermeisterin Mandy Gubsch (Gemeinsam für Seifhennersdorf) jedoch nicht umhin, die zahlreichen Besucher gleich zu Beginn der öffentlichen Sitzung über das zu informieren, was in der Stadt schon seit Tagen die Runde macht. Und was auch auf dem Podium offensichtlich war: Denn da saß neben der Rathauschefin nur noch Hauptamtsleiter Wolfgang Müller. Die Plätze von Kämmerer Antonio Moscato und Bauamtsleiter Nico Richter, die Gubsch in der Vergangenheit bei Themen aus ihren Fachgebieten unterstützt hatten, blieben leer.

Die personelle Situation im Rathaus sei "mehr als angespannt", informierte die Bürgermeisterin die Seifhennersdorfer. Denn in der Bauverwaltung habe es zwei Kündigungen gegeben. Im Klartext bedeutet das: Bauamtsleiter Richter - bei der Wahl im vergangenen Herbst noch Gubschs Konkurrent - ist ebenso ausgeschieden wie Frank Hübler, der bisher für den Tiefbau zuständig war. Bleibt nur noch eine Mitarbeiterin, die nach SZ-Informationen aber anstrebt, in Rente zu gehen. Zudem, so die Rathauschefin weiter, habe auch der Kämmerer gekündigt. Um die Situation zu diskutieren, setzte sie für die Stadträte noch einen nicht öffentlichen Teil an.

Wie gelähmt die Arbeit der Stadtverwaltung durch den Rückzug der drei Fachleute ist, zeigte sich schon im Laufe der Tagesordnung. Bei der Beschlusskontrolle, bei der es um die Arbeitsstände von Beschlüssen seit 2020 ging, musste Hauptamtsleiter Müller bei Bau-Themen des Öfteren eingestehen, keine Auskunft erhalten zu haben. Nicht verwunderlich, denn es ist schlichtweg keiner mehr da. Wer zum Beispiel Angebote zur Instandsetzung der maroden Rathaustür einholen soll - was der Stadtrat beschloss - bleibt damit ebenso ungewiss.

Kritisch dürfte es auch im Bereich Finanzen werden. Gerade erst hatte Mandy Gubsch den früheren Treuhand-Manager Antonio Moscato als Amtsleiter Finanzen und Bau eingestellt. Seit Jahresbeginn war er dabei, sich einen Überblick über die diffusen Finanzen der Grenzstadt zu verschaffen und hatte begonnen, einen Haushalt für 2024 aufzustellen. Vor ein paar Tagen warf er das Handtuch und schickte seiner Vorgesetzten die Kündigung.

Dass er gehen wird, steht nun fest. Aber wie und wann, noch nicht. Moscato selbst hat zum 30. Juni gekündigt, weil er nach eigenem Bekunden gern noch den Haushaltsentwurf fertigstellen würde. Ob es dazu kommen wird, lässt Gubsch offen. Es sei noch nichts entschieden, erklärt sie gegenüber der SZ. Theoretisch käme nämlich auch eine andere Möglichkeit in Betracht: Die Stadt könnte ihrem Finanzbediensteten von sich aus den Stuhl vor die Tür setzen. Angeblich soll als Datum der 30. April im Gespräch sein. Dazu müssten die Räte aber einen Beschluss fassen. Warum die Stadt das tun sollte, dazu gab es bisher zumindest öffentlich keine Begründung.

Mandy Gubsch ist um ihren Job derzeit nicht zu beneiden. Die Bürgermeisterin will die Gräben in der Stadtverwaltung beheben, wird aber nun mit den ersten Verlusten konfrontiert.
Mandy Gubsch ist um ihren Job derzeit nicht zu beneiden. Die Bürgermeisterin will die Gräben in der Stadtverwaltung beheben, wird aber nun mit den ersten Verlusten konfrontiert. © Matthias Weber/photoweber.de

Doch wie konnte es zu dem Zerwürfnis im Seifhennersdorfer Rathaus kommen? Sie werde sich zu der Situation bedeckt halten, so die Bürgermeisterin. Räumt aber gleichzeitig ein, dass es im Rathaus "wahnsinnige Gräben" gibt. Das macht auch der enttäuschte Kämmerer deutlich: Er sei zu blauäugig an die Sache herangegangen, meint er. Und sei "wahnsinnig erbost" über sich selbst, weil er nicht schon früher reagiert habe. "Ich hätte wissen müssen, dass man hier nach den Jahren der Stagnation nicht unbedingt aufräumen will."

Zum Bruch, meint Moscato, sei es durch die von ihm Ende Februar verfügte erweiterte Haushaltssperre gekommen, die alle Verwaltungsbereiche betrifft und bis auf die Bürgermeisterin, den Bauhof und die Feuerwehr überall festlegt, dass sämtliche Ausgaben ab 0 Euro von ihm zu genehmigen sind. Das sei auf Unverständnis, ja auf Widerstand gestoßen. Moscato spricht in dem Zusammenhang von Mobbing gegen seine Person.

Er habe, betont er weiter, einen finanziellen Neuanfang mit Seifhennersdorf starten wollen. Dies jedoch sei schwierig und umfasse auch unangenehme Maßnahmen. Die anzugehen, sei er mit der Bürgermeisterin nicht überein gekommen. Dies betont auch Mandy Gubsch, die noch vor ihrem Amtsantritt angekündigt hatte, Tabula rasa - also eine schonungslose Standortbestimmung - machen zu wollen. In Ansätzen, sagt sie, gehe sie mit Antonio Moscato mit. "Aber sein und mein Führungsstil stimmen einfach nicht überein." Was nichts anderes bedeutet als: Sparen und Finanzen in Ordnung bringen - ja. Aber dadurch die Arbeitsfähigkeit des Rathauses in Gefahr bringen - nein. Gubschs Resümee: "Nach zweieinhalb Monaten muss man einfach konstatieren: Es hat nicht gepasst. Obwohl wir uns die größte Mühe gegeben haben."

Inzwischen wird auf der Internetseite der Stadt schon die Ära nach Antonio Moscato, Nico Richter und Frank Hübler eingeläutet. Gesucht werden Interessenten für die Amtsleitung Finanzen und Bau, die Sachgebietsleitung Bauwesen und die Sachbearbeitung technische Liegenschaften. Nach dem Bewerbungsschluss am 30. April wird Klarheit herrschen, wer sich dieser Herausforderungen stellen will.