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Warum Zittau seinen eigenen Western bekommt

Theaterautorin Maria Milisavljevic verliebte sich in Zittau und das Gebirge. Ihre Eindrücke lässt sie in ein Stück einfließen, das nun am Theater Premiere hat.

Von Frank-Uwe Michel
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Maria Milisavljevic ganz winzig vor den großen Kelchsteinen im Zittauer Gebirge. Die Autorin hat sich in die Gegend verliebt und ihre Eindrücke in dem Western "Der Staub der Prärie" verarbeitet.
Maria Milisavljevic ganz winzig vor den großen Kelchsteinen im Zittauer Gebirge. Die Autorin hat sich in die Gegend verliebt und ihre Eindrücke in dem Western "Der Staub der Prärie" verarbeitet. © privat

Inzwischen ist es schon wieder eineinhalb Jahre her, doch erinnern kann sich Maria Milisavljevic an ihre erste Begegnung mit der Oberlausitz noch immer. Damals streifte die gebürtige Sauerländerin zusammen mit Daniel Morgenroth und Martin Stefke durch Zittau, das Gebirge und auch durch Görlitz. Intendant und Chefdramaturg wollten ihrer Kollegin die Region schmackhaft machen.

Nicht um sie fest zu verpflichten. Ein künstlerisches "Attentat" hatten die beiden dennoch vor. Sie sollte ein Stück schreiben. Ein Auftragswerk, das inhaltlich mit der Region hier im äußersten Zipfel Deutschlands zu tun hat. Milisavljevic und Morgenroth kennen sich - nicht seit Kindesbeinen - aber doch seit ihren "jungen Jahren", wie es die inzwischen 40-Jährige lachend beschreibt. Damals studierten beide an der Uni Passau, schrieben erste Stücke. "Eine wunderschöne Zeit."

Nun Zittau und sein Gebirge, die Lage im Dreiländereck. "Ich habe schon viele Landschaften gesehen. Aber die Berge, die gemütlichen kleinen Häuser, das Auf und Ab und vor allem die Abwechslung in kürzester Entfernung - das ist wohl mit das Schönste, was Deutschland in dieser Richtung zu bieten hat", schwärmt die junge Frau, die in Berlin lebt, bereits für mehrere - auch internationale - Theater geschrieben und den einen oder anderen Preis für ihre Arbeit bekommen hat.

"Wir waren richtig stramm unterwegs, auch in Jonsdorf auf der Waldbühne, haben uns die Gegend angeschaut." Dabei bricht sie eine Lanze für ihren Zittauer Kollegen: "Martin Stefke ist ein begnadeter Wanderer." Leider habe sie auf das Vergnügen, Bimmelbahn zu fahren, verzichten müssen. "Aber ich konnte mir die besondere Architektur der Umgebindehäuser angesehen." Und über den nationalen Tellerrand blicken. "Ich bin schnell mal über Mandau und Neiße gesprungen. Hier kommt schon sehr viel zusammen. Ein wahnsinniger kultureller Reichtum, den diese Gegend hat." Maria Milisavljevic ist so begeistert, dass sie sich zu einer verbalen Liebeserklärung hinreißen lässt: "Wenn man sich als Kind wünschen könnte, wo Märchen spielen sollten: Ich hätte es am liebsten hier."

Maria Milisavljevic hat schon für mehrere Theater geschrieben. Zurzeit lebt sie in Berlin.
Maria Milisavljevic hat schon für mehrere Theater geschrieben. Zurzeit lebt sie in Berlin. © Cylla von Tiedemann

Natürlich hatte die studierte Kulturwissenschaftlerin bei allen Ausflügen den Gedanken im Hinterkopf, ihre Eindrücke in einer bühnentauglichen Handlung zu bündeln. "Für mich stand schon relativ früh fest, dass meine Zielgruppe nicht unbedingt das Bildungsbürgertum sein sollte. Ich hatte das Bedürfnis, für 'normale' Menschen zu schreiben." Was böte sich da besser als ein Western an? "Es soll spannend zugehen, das Stück nah an den Menschen sein und über Altersgrenzen hinaus begeistern."

Zittau und seine Umgebung entpuppten sich als ideale Ideengeber für die Berliner Autorin. "Eigentlich liegt die Stadt ja mitten in Europa. Aber die Bahnverbindungen sind schlecht, man kann sie schwer erreichen. Ein bisschen wie im Wilden Westen, wo das Feuerross neue Schienenstränge durch bisher unerschlossene Landschaften bekommt." Und auch Spaziergänge durch das Zittauer Zentrum, die Begegnung mit Menschen, hätten ihr das Thema nahegebracht. "Die Stadt hat etwas Ursprüngliches an sich. Hier ist nichts glatt geleckt oder abgeschliffen, wie ich das in Berlin immer wieder erlebe."

Eine schöne Landschaft allein reicht nicht aus

So hat Maria Milisavljevic das Geschehen im Western "Der Staub der Prärie" auf eine Familie projiziert - "auf das, was wirklich wichtig ist." Der jüngere von zwei Brüdern betreibt in einer kleinen Stadt, weit ab vom Schuss, einen Barbiersalon. Der ältere ist schon seit einiger Zeit arbeitslos. Er war in einer Goldmine, die geschlossen wurde. Zusammen mit seiner Schwester brennt er jetzt heimlich Schnaps. Wie fast immer im Western kommt es zu Streit, Prügeln und Schießereien.

Parallelen zu Zittau liegen natürlich auf der Hand: Würde die Eisenbahn in den einsamen Ort gebaut, gäbe es dort bald wieder neue Jobs. Und Infrastruktur, mit der auch die ländliche Gegend funktioniert. Maria Milisavljevic sinniert: "Vielleicht mit einem ICE zwischen Zittau und Prag." So wird aus dem scheinbar banalen Western ein Stück, das durchaus aufrütteln will: Schöne Landschaft allein reicht eben nicht, damit Menschen hier zufrieden leben können.

Übrigens wird es den "Staub der Prärie" in der vorliegenden Fassung ausschließlich im Theater und nicht auf der Waldbühne geben. "In dem Stück kommen nur sechs Akteure vor", begründet die Autorin. "In Jonsdorf würde es mehr Leute brauchen." Möglicherweise muss Maria Milisavljevic ihre Liebe zur Region ja noch einmal auffrischen, wenn das Zittauer Theater auf einem erweiterten Showdown besteht.

"Der Staub der Prärie" feiert am Sonnabend, 4. März, 19.30 Uhr, im Gerhart-Hauptmann-Theater Zittau Premiere.