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"Ich wäre wirklich gerne weiter Mitglied dieses Stadtrates"

Thomas Schwitzky, scheidender Zkm-Fraktionschef im Zittauer Stadtrat, spricht im SZ-Interview über die OB-Wählervereinigung, seine Nachfolgerin und die AfD.

Von Thomas Mielke
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Thomas Schwitzky, bis gestern Fraktionschef von "Zittau kann mehr" im Zittauer Stadtrat.
Thomas Schwitzky, bis gestern Fraktionschef von "Zittau kann mehr" im Zittauer Stadtrat. © Matthias Weber/photoweber.de

Acht Jahre hat Thomas Schwitzky die Arbeit von "Zittau kann mehr" im Stadtrat geprägt. Am Donnerstag war seine letzte Sitzung als Fraktionsvorsitzender. Der hauptberufliche Anwalt zieht privat von Zittau ins Gebirge um und muss deshalb sein Stadtratsmandat niederlegen.

Herr Schwitzky, wenn Sie jetzt gehen: Wer übernimmt dann die Abteilung Attacke bei Zkm? Außer Ihnen meldet sich im Stadtrat kaum jemand von Zkm zu Wort.

Ich denke, dass die Abteilung Attacke, wie Sie es nennen, weitergeführt wird. Aber halt mit den uns eigenen moderaten Tönen. Mag sein, dass da die Kommunikation noch etwas moderater wird, als ich sie gepflegt habe. Frau Ute Wunderlich wird Fraktionsvorsitzende werden und ich habe da keinerlei Bedenken, dass die Sacharbeit, die wir immer geleistet haben, energisch fortgeführt wird. Im Übrigen meinen wir, dass sich grundsätzlich jede Fraktion auf einen Redebeitrag konzentrieren sollte. Es war immer wenig ergiebig, wenn es aus Fraktionen viele und dann oft widerstreitende Redebeiträge kamen.

Sie bleiben trotz des Umzugs ins Gebirge Zkm-Mitglied?

Ja. Wir haben jetzt auch schon Mitglieder, die nicht in Zittau wohnen.

Wie viel Mitglieder hat Zkm aktuell?

Knapp über 50.

Ist Zkm mehr als das Sprungbrett des OBs?

Aus meiner Wahrnehmung heraus war Zkm nie das Sprungbrett des OBs, sondern eine Wählervereinigung, in der sich viele aktive Köpfe zusammengefunden und gesagt haben: Wir wollen was bewegen für diese Stadt. Einer dieser Köpfe war ich und das werde ich auch bleiben.

Was hat denn Zkm außerhalb des Stadtrates ausgemacht?

Also mir fallen da neben dem Vereinsleben so einige Aktionen ein, die sich in Zittau entfaltet haben. Da ist das Sammeln von Brillen und Hörgeräten für Bedürftige in aller Welt, das alljährliche Verteilen von Blumen am Frauentag, was mir persönlich immer sehr viel Spaß gemacht hat. Aber auch der Winterspielplatz mit Rodelberg auf dem Zittauer Markt war neben anderen Aktionen zur Belebung des Marktes doch eine überaus gelungene Aktion des Vereins.

Und wenn Sie auf Ihre acht Jahre im Stadtrat zurückblicken: Woran machen Sie fest, dass Zkm nicht nur das OB-Sprungbrett war und ist?

Dazu direkt ein Beispiel aus noch jüngerer Vergangenheit. So war die Grundidee zu der gemeinsamen Entwicklung des Areals um den O-See und den Westpark in einem Gespräch zwischen unserem Vereinsmitglied Dr. Klaus Schwager und dem Bürgermeister von Olbersdorf Andreas Förster geboren worden. Klaus Schwager trug es an mich heran und wir als Fraktion haben daraus eine Beschlussvorlage entwickelt, der dann alle Fraktionen beigetreten sind. Und heute ist die Sache auf einem guten Weg. Ein weiteres Beispiel wäre die Erweiterung der Parkschule. Wir als Fraktion haben das Vorhaben im Stadtrat mit sehr viel eigener Power begleitet und vor allem dann auch außerhalb. Ich darf sicher für mich persönlich in Anspruch nehmen, im Hintergrund einer der maßgeblichen Unterstützer für den Bürgerentscheid gewesen zu sein. Umgesetzt haben das dann neben den Einreichern aber natürlich vor allem die jungen Leute um August Friedrich, Alexander Hilse und Aron Michel - was mir absolut gut gefallen hat. Nehmen Sie schließlich die regelmäßige Herstellung des Haushaltes der Stadt Zittau. Das kann ein OB nicht allein leisten, das muss der Stadtrat leisten. Und an der Stelle haben wir als Zkm-Fraktion sehr viel interne Arbeit geleistet, mit anderen Fraktionen kommuniziert, um es zu bewerkstelligen, dass Zittau - und das war gerade die letzten Jahre nicht mehr selbstverständlich - jedes Jahr einen Haushalt hat, um ordnungsgemäß arbeiten zu können.

Andere Fraktionen sind der Auffassung, dass der Stadtrat beim Haushalt nicht in Vorleistung gehen muss. Das sei Aufgabe der Verwaltung.

Den eigentlichen Haushaltsentwurf muss natürlich die Stadtverwaltung vorlegen, aber sich in den Prozess einbringen, über den Haushalt einigen und ihn beschließen, ist Aufgabe des Stadtrates. Jede einzelne Stadträtin, jeder einzelne Stadtrat hat nicht bloß das Recht, sondern sogar die Verpflichtung, sich damit auseinanderzusetzen und konstruktiv darauf hinzuwirken, dass die Stadt Zittau einen Haushalt bekommt.

Apropos andere Fraktionen: Besonders häufig sind Sie, ist Zkm mit der AfD aneinandergeraten. Gibt das bundesweite Umfrage-Hoch für die Rechtspopulisten Ihnen Unrecht?

Sorge und gerade auch aus meiner Tätigkeit als Stadtrat einiges Unverständnis treiben mich da um. Nehmen wir noch mal das konkrete Beispiel Finanzen der Stadt Zittau. Mit welch Getöse ist die AfD im Sommer 2019 in den Stadtrat eingezogen. Man werde jetzt „Ross und Reiter“ benennen und so richtig aufräumen. Und seit dem? Inhaltlich kam da nichts mehr. Absolut nichts. Nicht einmal, als man einen eigenen Kandidaten zur OB-Wahl aufstellte. Kein eigenes Konzept. Man beschränkte sich im Stadtrat immer allein darauf, einen ordentlichen Haushalt möglichst zu verhindern. Was ist das aber für eine Alternative, die Stadt gegen den Baum fahren zu wollen?

Als Zkm damals in den Stadtrat eingezogen ist, gab es hochfliegende Pläne. Sie wollten sich regelmäßig von Experten beraten lassen. Das ist dann im Sande verlaufen, oder?

Da hat uns die Realität ein Stück weit eingeholt, weil die Termine, die Abfolge von Ausschüssen und Stadtrat so eng getaktet ist. Wobei ich meine, dass wir durchaus immer wieder den Kontakt zu Fachleuten gesucht haben. Wir arbeiten ja gerade nicht mit irgendwelchen Anfragen im Stadtrat. Wir haben immer den direkten Weg gewählt und sind oft auch gerade auf die Bediensteten der Stadtverwaltung zugegangen, weil sie großes Fachwissen besitzen.

Sind Sie froh, dass Sie diesen Stadtrat mit seinen Grabenkämpfen verlassen können?

Nein, ich wäre wirklich gerne weiter Mitglied dieses Stadtrates, aber da gab es eine private Abwägung und die ist für einen Umzug ausgefallen.

Trotz der persönlichen Angriffe und Verletzungen?

Das ist vielleicht ein Vorteil meines Berufes, dass ich solchen Spannungslagen immer wieder ausgesetzt bin. Da muss man sich mal schütteln und dann geht es weiter.

Würden Sie jungen Leuten dennoch empfehlen, sich bei der Stadtratsarbeit einzubringen?

Unbedingt. Als meinen Erfahrungsschatz aus der Stadtratsarbeit würde ich gerade jungen Leute gern mitgeben, dass man sich bitte einbringen soll in die Gesellschaft. Ideal dafür ist, Stadträtin oder Stadtrat zu werden, weil man da ganz nah dran ist und - abgesehen von dem Aufwand, den man durchaus hat - ungeheuer viel lernt, viele neue Blicke auf Sachen bekommt, von denen man meint, man kennt sie schon. Man erschließt sich die Welt selber und kann gestalten.

Werden Sie eines Tages wieder in der Kommunalpolitik mitmischen?

Meine persönlichen Planungen laufen darauf hinaus, dass ich nächstes Jahr für den Kreistag kandidiere.