Die Kreuzung Görlitzer/Leipziger Straße in Zittau wird dieses Jahr umgestaltet. Grund ist der barrierefreie Ausbau der beiden Bushaltestellen in der Nähe, den die Stadt geplant hat. Dazu lässt sie noch abgesenkte Borde einbauen, damit Passanten die Straßen ohne Hindernis überqueren können. Hinzu kommen neue Versorgungsleitungen und Asphaltdecken. Die Herausforderung ist dabei, dass der Verkehr auf der B99 weiter laufen soll, erklärt Rathaus-Sprecher Kai Grebasch. "Die Arbeiten müssen in mehreren Abschnitten eingetaktet unter mehrmals wechselnder Verkehrsführung im Baubereich erfolgen", berichtet er. Dafür setzt die Stadt auf mobile Ampeln.
Neben den beiden Bushaltestellen an der Kreuzung werden dieses Jahr acht weitere umgebaut und acht nachgerüstet (siehe Grafik). Demnach so viele wie noch nie in Zittau. Die dafür kalkulierten Kosten belaufen sich auf 1,3 Millionen Euro, was eine Rekord-Summe darstellt. Schon voriges Jahr wollte die Stadt 22 Standorte in Angriff nehmen. Dafür waren sogar über 2,2 Millionen Euro eingeplant. Grundlage bot ein von den Linken eingebrachter Änderungsantrag im Stadtrat, das Budget für den barrierefreien Aus- und Umbau aufzustocken. Freistaat und Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz Niederschlesien fördern ihn mit 90 Prozent.
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Am Ende schaffte die Stadt nur vier Haltestellen - je zwei an der Hochwald- sowie Schillerstraße - und gab 450.000 Euro für Bau samt Planung aus. "Für die restlichen wurden die Fördermittel zu spät bewilligt", sagt Kai Gebrasch. Diese Standorte sollen nun dieses Jahr an die Reihe kommen. "Das Ausschreibungsverfahren läuft", berichtet der Rathaus-Sprecher. "Sofern sich Bieter finden, ist die komplette Umsetzung möglich." Die Arbeiten werden dann fast überall unter halbseitiger Sperrung laufen. Nur beim Umbau der Haltestelle Althartau ist das platzbedingt nicht möglich. "Entsprechende Umleitungen werden ausgeschildert", sagt er.
Schon seit 2019 investiert die Stadt in die barrierefreie Umgestaltung der Haltestellen. Sie erstellte zuvor eine Übersicht, eingeteilt nach Kategorien – von extrem bis gering wichtig. Um eine Priorisierung festzulegen, dienten als Grundlage unter anderem das Fahrgastaufkommen, die Linienanzahl und die Lage. Die Liste beinhaltete ebenfalls Aussagen zur Barrierefreiheit. Als sie entstand, war keine einzige Haltestelle ohne Hürden. Mittlerweile sind einige gemacht. Doch selbst nach 2024 müssen weitere 128 umgebaut oder nachgerüstet werden. Im vorigen Jahr ging die Stadt noch davon aus, dass bis 2040 alle Standorte barrierefrei sind und rechnete mit Kosten von 10,5 Millionen Euro. Doch die Umsetzung sei abhängig von den zur Verfügung stehenden Mitteln, die Fertigstellung bei der Anzahl schwer abzuschätzen, erklärt Kai Gebrasch.
Dabei schreibt das Personenbeförderungsgesetz vor, dass der öffentliche Nahverkehr bis 2022 vollständig barrierefrei sein musste. Strafen oder Sanktionen müssen Kommunen wie Zittau deshalb aber nicht fürchten. Schon deshalb ist der fraktionslose Stadtrat Winfried Bruns mit der Situation unzufrieden, der sich als Ortsvorsitzender des Sozialverbandes VdK für Menschen mit Behinderung, chronischen Erkrankungen sowie Senioren einsetzt. Und nur wenige Haltestellen seien wirklich barrierefrei, sagt der 68-Jährige. So fehlten mitunter Wetterschutz, Stellflächen für Rollstuhlfahrer und Aushänge in Sichthöhe - was seine Hauptkritik-Punkte bei den bereits umgebauten oder nachgerüsteten Standorten in Zittau sind.
Bei der diesjährigen Umgestaltung der Kreuzung hätte sich Winfried Bruns gewünscht, dass die Haltestelle an der Görlitzer Straße an den Mitarbeiter-Parkplatz des Klinikums verlegt wird. Dann müssten Fahrgäste auf dem Weg ins Krankenhaus nur noch einmal statt zweimal die Fahrbahn queren. Das sei für in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen wichtig, welche vor allem die dortigen Angebote nutzten.
Aufgrund der Umstände ist der Zittauer aber froh, dass überhaupt etwas in seiner Stadt passiert - wenn auch zu wenig und zu langsam. Er will erreichen, dass Menschen mit Einschränkungen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Jede Barriere sei ein Grund, dies nicht zu tun, so der 68-Jährige. Dabei sieht Winfried Bruns beim öffentlichen Nahverkehr generellen Nachholbedarf, auch um mehr Menschen für den Umstieg auf Bus und Bahn zu begeistern. Dafür sei ein sinnvoller Fahrplan genauso nötig wie die Überbrückung von Wartezeiten. "Eine Mobilitätswende sieht anders aus", sagt er zur aktuellen Situation.