Update Wirtschaft
Merken

Drei Rekorde auf Sachsens Arbeitsmarkt

Sachsens Arbeitsagenturen melden den geringsten Stand bei der Erwerbslosigkeit in einem Mai - und noch mehr Rekorde. Behördenchef Klaus-Peter Hansen rechnet für Juni aber mit einem Anstieg.

Von Georg Moeritz
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
In Sachsen gibt so viele freie Jobs wie nie, die Zahl der Arbeitslosen sinkt.
In Sachsen gibt so viele freie Jobs wie nie, die Zahl der Arbeitslosen sinkt. © Sebastian Schultz

Dresden. Klaus-Peter Hansen hat am Dienstag gleich drei neue Rekorde gemeldet: Der Chef der sächsischen Arbeitsagenturen berichtete nicht nur vom niedrigsten Stand der Arbeitslosigkeit in einem Mai. Zugleich verwies Hansen auch auf einen Rekord bei freien Stellen. Außerdem waren noch nie so wenige Menschen in Sachsen auf Leistungen der Grundsicherung (Hartz IV) vom Jobcenter angewiesen.

Schon im April hatte Hansen von einem Niedrigstand der Arbeitslosigkeit in Sachsen berichtet, doch er rechnet nicht damit, den Rekord in den nächsten Monaten erneut zu unterbieten. Für den Juni erwartet Hansen im Gegenteil einen "ungewöhnlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit", weil sich ukrainische Geflüchtete arbeitslos melden dürfen. Das sei "für eine gute Sache", sagte Hansen.

Sie bekämen nun Beratung und Förderung aus einer Hand. In der Regel kämen Frauen, meistens mit Berufsausbildung oder Studium. Für ihre Kinder müsse Betreuung organisiert werden. Soweit Ukrainer "hierbleiben wollen oder müssen", werde die Integration gelingen, die Arbeitsagentur helfe dabei. Bei einer Jobbörse am Montag in Dresden hatten sich gut 40 Unternehmen und Verbände um Ukrainer beworben. Sie zeigten sich häufig bereit, zunächst unterhalb ihrer Qualifikation zu arbeiten - eine Bauingenieurin als Bauzeichnerin, eine Ärztin als Kosmetikerin. Die vorhandenen Berufsabschlüsse müssen erst anerkannt werden.

Weniger Arbeitslose als vor Corona

Genügend freie Stellen gibt es: Laut Hansen stehen nun rund 46.000 Job-Angebote in den Computern. Alleine im Mai meldeten sächsische Unternehmen bei den Arbeitsagenturen mehr als 8.500 Stellen als zu besetzen. Die Leiharbeit ist allerdings nach jüngsten Zahlen vom März etwas zurückgegangen, dort gab es 1.000 Stellen weniger als ein Jahr zuvor.

Gewachsen sind vor allem die Branchen Verkehr und Lagerei, Gesundheitswesen und auch die Industrie. Sachsens Baugewerbe meldete im März 200 Stellen weniger als ein Jahr zuvor. Insgesamt wuchs die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen innerhalb eines Jahres um 19.600 auf 1,64 Millionen im März. Minijobs sind dabei nicht erfasst.

Trotz der großen Nachfrage nach Arbeitskräften waren auch im Mai 110.113 Menschen in Sachsen arbeitslos gemeldet. Doch das sind weniger als im Mai 2019, also vor der Corona-Pandemie. Verglichen mit dem Mai vorigen Jahres, ist die Zahl der Arbeitslosen um 19.324 zurückgegangen, alleine von April zu Mai um 2.550. Die Arbeitslosenquote in Sachsen beträgt nun 5,2 Prozent und ist damit nicht weit entfernt von der gesamtdeutschen Quote: 4,9. Die Arbeitslosigkeit sei in allen Regionen Sachsens gesunken, sagte Hansen. Am niedrigsten ist sie im Erzgebirgskreis mit 4,0 Prozent, am höchsten im Landkreis Görlitz mit 7,2 Prozent.

Insgesamt mehr als 140.000 Menschen unterbeschäftigt

Hansen sagte, die Wirtschaft erhole sich immer mehr von der Pandemie. Zudem könnten die Behörden wieder mehr Hilfen zur "Teilhabe" organisieren, die es wegen der Corona-Ansteckungsgefahr lange Zeit nicht gab. "Es sieht gut aus auf dem sächsischen Arbeitsmarkt", sagte Hansen. Es gebe "ganz große Chancen, Arbeit zu finden".

Zur niedrigen Arbeitslosigkeit trägt allerdings auch das Kurzarbeitergeld bei. In den Monaten März bis Mai haben erneut rund 1.200 Unternehmen Kurzarbeit angezeigt, für rund 23.000 Beschäftigte. Wie viele tatsächlich in Kurzarbeit waren, ist nach jüngsten Zahlen für Februar bekannt: 68.000 in rund 10.000 sächsischen Betrieben.

Nicht mitgezählt bei den Arbeitslosen werden auch Bewerber, die gerade in Umschulungen oder krankgeschrieben sind. Die Arbeitsagentur sprach von insgesamt 143.984 Menschen, die im Mai insgesamt in Sachsen als "unterbeschäftigt" galten, einschließlich der Arbeitslosen. Finanzielle Grundsicherung vom Jobcenter bekamen 163.621 erwerbsfähige Personen, so wenige wie noch nie.

Dulig sieht Löhne real sinken

Sachsens Arbeitsminister Martin Dulig (SPD) sagte, das hohe Beschäftigungsniveau in Sachsen zeige, dass Beschäftigte und Betriebe die Wirtschaft am Laufen halten – trotz der großen Unsicherheiten von den Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine bis hin zu Corona. Wegen der "enormen Preissteigerungen" müssten viele Beschäftigte jedoch in diesem Jahr mit real sinkenden Löhnen rechnen.

Für Mai hatte das Statistische Landesamt acht Prozent Inflation innerhalb eines Jahres gemeldet. Dulig sagte, er unterstütze im Grundsatz die Idee von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für ein Klimageld. "Dieses muss allerdings sozial gerecht ausgestaltet werden", sagte Dulig.

Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz für den kommenden Herbst haben in Sachsen weiterhin gute Chancen, wenn auch nicht immer im Lieblingsberuf: Sächsische Unternehmen haben rund 2.000 Lehrstellen mehr gemeldet als vor einem Jahr, insgesamt über 19.000. Doch nur 16.400 Jugendliche interessierten sich bisher bei den Jugendberufsagenturen für eine Ausbildung. Die Hälfte von ihnen gilt laut Statistik der Arbeitsagenturen noch als unversorgt, doch noch ist Zeit.