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Erstes Kneippheilbad Sachsens: Was Bad Schandau jetzt vorhat

Bad Schandau will Kneipp-Kuren modern interpretieren und damit Touristen in die Sächsische Schweiz ziehen. Der Heilbad-Titel ist nur ein erster Schritt.

Von Dirk Schulze
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Bad Schandau ist der älteste Kurort der Sächsischen Schweiz. Im Gesundheitstourismus soll auch die Zukunft liegen.
Bad Schandau ist der älteste Kurort der Sächsischen Schweiz. Im Gesundheitstourismus soll auch die Zukunft liegen. © Daniel Förster

Jetzt ist es ganz offiziell. Beim Neujahrsempfang der Stadt Bad Schandau im Hotel Elbresidenz an der Therme konnte Bürgermeister Thomas Kunack (WV Tourismus) die Urkunde entgegennehmen: Bad Schandau ist staatlich anerkanntes Kneippheilbad - als erste und einzige Kommune überhaupt in Sachsen. Mit eingeschlossen sind die Ortsteile Krippen, Ostrau und Schmilka.

Ein Heilbad rangiert eine Stufe über dem Kurort. "Damit spielen Sie in einer höheren Liga", sagte Franziska Brech, Geschäftsbereichsleiterin im sächsischen Tourismusministerium, die die Urkunde am Sonnabend übergab. Das Prädikat sei ein Qualitätsmerkmal. Viele Tourismusorte würden sich um Gütesiegel bemühen, teils auch von privaten Anbietern. Bad Schandaus Qualitäten als Gastgeber hingegen seien nun von offizieller Stelle verbürgt.

Alleinstellungsmerkmal für Bad Schandau

Für den Heilbad-Titel müssen Bewerber eine lange Liste an Kriterien erfüllen. Es braucht Kneipptherapien in drei Kneippkurbetrieben über mindestens zehn Jahre, ausreichend Ärzte und Physiotherapeuten sowie die obligatorischen Wassertretbecken und Armbadeanlagen. Hinzu kommen Gutachten zur Klima- und Luftqualität und zur Lärmbelastung sowie ein gut 100 Seiten starkes Kurortentwicklungskonzept.

Bürgermeister Thomas Kunack (l.) mit Franziska Brech vom sächsischen Tourismusministerium: Als staatlich anerkanntes Kneippeilbad spiele die Stadt in einer höheren Liga.
Bürgermeister Thomas Kunack (l.) mit Franziska Brech vom sächsischen Tourismusministerium: Als staatlich anerkanntes Kneippeilbad spiele die Stadt in einer höheren Liga. © Daniel Förster

Bad Schandau konnte hier mit seinen beiden Rehakliniken, den Wellnesshotels, der Toskana-Therme, einem Kneippverein und sogar einer Kneipp-Kita punkten. "Viele haben daran mitgewirkt", sagte Bürgermeister Thomas Kunack. Die Beigeordnete im Landratsamt Brit Jacob-Hahnewald bezeichnete das Heilbad-Prädikat als Alleinstellungsmerkmal, das weit über den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hinaus ausstrahle.

Eine moderne Version von Kneipp

Bad Schandau verfolgt damit ambitionierte Pläne. Die alte Kurstadt will sich als Zentrum eines modernen Gesundheitstourismus positionieren. Die auf den Priester Sebastian Kneipp (1821–1897) zurückgehenden Heilverfahren - die heute für viele ein angestaubtes Image haben - sollen dabei ein zeitgemäßes Update erfahren.

"Kneipp 5.0" heißt das im Konzept, das eine Dresdner Beratungsfirma für Bad Schandau entwickelt hat. Die Kneipp-Medizin - basierend auf Wasserbädern, Heilkräutern, Bewegungs- und Ernährungsempfehlungen - soll mit aktuellen Gesundheitstrends wie Yoga, Tai Chi und Biokost kombiniert werden sowie mit digitaler Technik.

"Kneipp ist topaktuell", sagt Bad Schandaus Tourismuschefin Gundula Strohbach. Als Zielgruppe hat sie Menschen im Blick, die mehr Resilienz brauchen, um dem allgegenwärtigen Stress in Beruf und Alltag zu begegnen. Kneipp-Medizin ist keine Kassenleistung. Die Gäste seien aber erfahrungsgemäß bereit, ein gewisses Budget in ihr Wohlbefinden zu investieren, erklärt Gundula Strohbach. Die Angebote sollen auch bezahlbar sein.

Therapeutisches Klettern in der Sächsischen Schweiz

Eine Idee ist das therapeutische Klettern. Dies könnte zum Beispiel bei Rückenschmerzen oder Hüftproblemen helfen. Je nach Art der Beschwerden entwickelt ein Therapeut einen abgestimmten Trainingsplan. An einer digital gesteuerten Kletterwand leuchten dann die Griffe auf, die man greifen muss, um genau die gewünschten Muskeln zu stärken. Das gibt es in dieser Form bisher noch nirgends.

Zudem sei Klettern ideal, um Ängste zu überwinden und Selbstvertrauen zu gewinnen, sagt Michaela Ziegenbalg, die das Kurortkonzept seitens der Agentur mitentwickelt hat. Es biete sich also auch in der psychotherapeutischen Behandlung an. Und Klettern passe natürlich bestens in die Sächsische Schweiz.

Kneipp-Erlebniswelt im alten Gymnasium

Ihren Platz finden sollen dieses und andere Angebote im alten Bad Schandauer Gymnasium, das die Stadt zum modernen Kurzentrum ausbauen will. Hier sollen eine Kneipp-Erlebniswelt mit digitalen Angeboten, verschiedene Therapie-Praxen und ein Veranstaltungssaal entstehen. Auch die Bad Schandauer Touristinformation als zentraler Anlaufpunkt für Gäste soll mit einziehen.

Das ehemaliges Gymnasium Bad Schandau zwischen Kirche und Toskana-Therme. Hier soll eine Kurzentrum mit Kneipp-Erlebniswelt entstehen. Die Finanzierung ist noch offen.
Das ehemaliges Gymnasium Bad Schandau zwischen Kirche und Toskana-Therme. Hier soll eine Kurzentrum mit Kneipp-Erlebniswelt entstehen. Die Finanzierung ist noch offen. © Daniel Förster

Der zweiteilige Gebäudekomplex mitten in der Stadt zwischen St.-Johannis-Kirche und Toskana-Therme steht seit vielen Jahren leer und verfällt. Schon 2017 gab es hierfür eine Machbarkeitsstudie mit der Vision eines "World Life Centers" über internationale Naturheilkundeverfahren. Diese Idee ließ sich letztlich nicht finanzieren.

Finanzierung noch offen

Die Finanzierung ist auch aktuell noch das Problem. Die beauftragte Beratungsfirma hatte dem Bad Schandauer Stadtrat im Jahr 2023 mehrere Varianten für die Sanierung der beiden Häuser vorgelegt - von extravagant bis etwas bescheidener. In jedem Fall geht es um mehrere Millionen Euro.

Als Favorit gilt derzeit eine Variante, bei der des elbseitige Gebäude mit Hilfe von Fördermitteln durch die Stadt saniert wird, dort würde dann das Kurzentrum entstehen. Für das zweite Haus bräuchte es einen privaten Partner, der dort Unterkünfte für die Gäste einrichtet, etwa für Yoga-Retreats.

Die Details werden derzeit noch diskutiert, demnächst soll der Stadtrat darüber entscheiden. Bis zu einem Baustart dürfte es nach Einschätzung von Bürgermeister Thomas Kunack noch etwa drei bis vier Jahre dauern.