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Zehn Jahre TanzArt: Anne Dietrich holt Bollywood-Exotik in die Oberlausitz

Das Tanzzentrum TanzArt aus Kirschau feiert 2024 Jubiläum. Bei verschiedenen Veranstaltungen stehen immer wieder die Geheimnisse des indischen Tanzes im Mittelpunkt. Aus diesem Grund.

Von Miriam Schönbach
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Anne Dietrich, künstlerische Leiterin des TanzArt-Zentrums, unterrichtet in Bischofswerda unter anderem eine Gruppe von 12- bis 16-Jährigen.
Anne Dietrich, künstlerische Leiterin des TanzArt-Zentrums, unterrichtet in Bischofswerda unter anderem eine Gruppe von 12- bis 16-Jährigen. © Steffen Unger

Bischofswerda, Kirschau. Es sind Gesten der Götter, doch der Sportraum im BSW-Bildungszentrum Lausitz in Bischofswerda lässt wenig Platz für Phantasie. Es gibt eine Turnbank, ein paar Sportgeräte, ein Basketballkorb an der Wand und einen großen Spiegel. Anne Dietrich aber schafft es mit wenigen Worten, die Gedanken ihrer Tanzschülerinnen auf Reisen zu schicken. „Ich komme gerade aus Indien zurück, habe dort wieder Tanz studiert und selbst unterrichtet. Deshalb üben wir heute mal ein paar Mudras. Das ist im indischen Tanz eine Gebärdensprache“, erklärt die Tanzpädagogin.

Anne Dieterich stellt die Gruppe im Kreis auf. Für einige Schülerinnen sind die Begriffe neu, die 18-jähige Peggy dagegen kennt sich schon aus mit den jahrtausendealten „heiligen“ Handbewegungen. Ein- und dieselbe Fingerstellung kann sich mit wenigen veränderten Nuancen zum Beispiel erst in eine Sonne und dann in ein Krokodil verwandeln. Das wohl bekannteste Mudra hierzulande ist das Namaste zur Begrüßung. Dabei berühren sich die Fingerspitzen leicht und es bleibt ein Raum zwischen den Handflächen. Es bedeutet so viel wie: Ich verneige mich vor Dir.

Ziel: Tanz-Kunst im ländlichen Raum etablieren

Doch nun ist genug erklärt, Anne Dietrich schaltet die Musik ein. Ein Hauch Bollywood liegt in der Luft. Vor zehn Jahren haben die heute 43-Jährige und Jana Schmück das TanzArt-Zentrum in Kirschau gegründet. „Wir hatten das Ziel, Tanz-Kunst im ländlichen Raum zu etablieren. Wir sind kein Tanzstudio im herkömmlichen Sinn, sondern möchten Tanz mit all seinen Facetten eine Plattform bieten. So vergeben wir zum Beispiel Residenzen, damit internationale Künstler mit den Menschen vor Ort arbeiten können. Das hat sich wirklich sehr gut etabliert“, sagt die künstlerische Leiterin.

So ist TanzArt im vergangenen Jahrzehnt aus seinen Kinderschuhen entwachsen. „Wir haben es geschafft, Tanz nach außen zu bringen. Wir sind anerkannt als Produktionsstätte, als Veranstalter, als Ansprechpartner für Interkulturalität“, sagt Anne Dietrich, die seit 2020 mit Doreen Seidowski-Faust Geschäftsführerin des Yendize – Theaters in Dresden ist. Bei Frauen verbindet nicht nur die Liebe zur Kunst, sondern auch zu Indien. In Dresdens ehemaliger Tabak- und Zigarettenfabrik im orientalischen Stil kombinieren sie zeitgenössischen Tanz mit Rhythmen und Bewegungen aus aller Welt.

Neuer Kindertanzkurs in Bischofswerda

Zurück im Sportraum im Bildungszentrum in Bischofswerda erklärt Anne Dietrich gerade, woher der Begriff Bollywood kommt. „Mumbai hieß früher Bombay. Dort leben 30 Millionen Menschen. In der Stadt findet sich heute die größte Filmindustrie der Welt. Bollywood ist so ein Synonym wie Hollywood. Es ist der Ausdruck für: Wie genießen die Welt und das Leben“, sagt Anne Dietrich und holt ein Stück große, weite Welt in den kargen Raum.

Von Beginn an gab es in Bischofswerda einen Ableger von TanzArt Kirschau. Aktuell tanzen dienstags 12- bis 16-Jährige sowie Erwachsene.

Die Gruppe für Kinder ab sieben Jahre soll neu belebt werden, Interessenten sind willkommen. Das Besondere an der TanzArt-Arbeit ist, dass sich neben den festen Trainern ein internationales Dozententeam um den Unterricht kümmert. So lernen die Schüler unterschiedliche Handschriften und Tanzstile kennen, die für Projekte zu Choreografien zusammengesetzt werden.

Seit 20 Jahren reist Anne Dietrich oft nach Indien

Die Tanzschülerinnen aus Bischofswerda stellen mit Hilfe eines Mudras gerade Elefanten-Ohren dar. Die einzelnen Handbewegungen setzt Anne Dietrich dann zu einem kleinen Tanz zusammen. Mehr als drei Monate ist die gebürtige Meißnerin wieder in die ihr gar nicht mehr so fremde Welt in über 7.000 Kilometern Entfernung eingetaucht. Der studierten Kulturmanagerin begegnete die indische Kultur im Studium. Nach dessen Ende 2005 bewirbt sie sich an der berühmtesten Universität für Kunst und Kultur im südindischen Bundesstaat Kerala. Die Deutsche bekommt einen der begehrten Studienplätze in dem kleinen Dorf Mohiniyattam.

Anne Dietrich holt ihr Handy heraus. Unzählige Bilder findet sich darauf. Ihr erster Anlaufpunkt ist immer Delhi, wo sie in der Deutschland-Auszeit an der National School of Dance selbst wieder zur Schülerin auf Zeit wird. Zugleich gibt sie unter anderem Schauspiel-Schülern Bewegungsunterricht. „Ich reise ja seit 20 Jahren immer hin und her, aber dieses Mal war ich mal wieder auf dem Campus in dem kleinen Dorf, wo ich damals in Kerala studiert habe“, sagt sie und zeigt ein paar Fotos. Eine ihre einstigen Kommilitoninnen ist dort jetzt die Chefin.

Pünktlich zum zehnjährigen TanzArt-Jubiläum ist Anne Dietrich aber zurück. Gefeiert werden soll mit mehreren Projekten im Jahr 2024. So gibt es am 22. März die Yenidze-Produktion Transformation, eine Performance mit indischem und zeitgenössischem Tanz, orientalischer und westlicher Live-Musik und Electronics, im „Friese“ im Kirschau zu erleben. Anne Dietrich ist dann mit dem klassisch indischen Tanzstil Kathak zu erleben. Doch jetzt geht es für die Schülerinnen in Bischofswerda erstmal mit der Mudra-Lehre weiter – und den Gesten der Götter.

TanzArt-Jubiläumsprogramm:

  • 22. März 2024: Tanzperformance Transformation - Yenidze Dresden zu Gast bei TanzArt in Kirschau,
  • 13. April 2024: Kathak-Workshop mit Live-Musik für erfahrene Tänzerinnen und Tänzer in Kirschau,
  • 27. April 2024: Kurzstrecke - zeitgenössische Tanzstücke,
  • 28. April 2024: Partnering Workshop mit Enrico Paglialunga und Sonia Rodriguez,
  • 25. Mai 2024: Achtung tanz(t) - Tanz für junges Publikum,
  • 15. Juni 2024: Shift of Focus - das große Finale