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Cunewalder wehren sich gegen neues Mehrfamilienhaus

Bewohner einer Eigenheimsiedlung wollen den Bau eines Gebäudes mit sieben Wohnungen verhindern. Um Wohnraum zu schaffen, haben sie einen anderen Vorschlag.

Von Bettina Spiekert
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Mara Hillmann, Jürgen Schulz, Enrico Vogel sowie Simone und Jörg Sykora (v. l.) aus Cunewalde wehren sich gegen ein neues Mehrfamilienhaus am Weigsdorfer Berg. Sie plädieren stattdessen für die Sanierung eines vorhandenen Gebäudes (im Hintergrund).
Mara Hillmann, Jürgen Schulz, Enrico Vogel sowie Simone und Jörg Sykora (v. l.) aus Cunewalde wehren sich gegen ein neues Mehrfamilienhaus am Weigsdorfer Berg. Sie plädieren stattdessen für die Sanierung eines vorhandenen Gebäudes (im Hintergrund). © Norbert Millauer

Cunewalde. Enrico Vogel und seine direkten Nachbarn am Kaiserweg im Cunewalder Ortsteil Weigsdorf-Köblitz haben hangabwärts eine schöne Aussicht auf die Berge in der Umgebung. Die Siedlung, sagt der Selbstständige, sei über Jahrzehnte historisch gewachsen und zum größten Teil mit Ein- und Zweifamilienhäusern bebaut.

Doch nun entsteht eine Querstraße weiter ein neues Haus. Darin sollen, so lässt sich an der Bauzeichnung ersehen, die Vogel vorliegt, sieben Familien wohnen, über dreieinhalb Geschosse hinweg, liest er aus dieser Bauzeichnung ab. Mit dieser Geschosshöhe wollen sich der Cunewalder und viele seiner Nachbarn nicht abfinden. „Wir haben nichts dagegen, dass das Grundstück bebaut wird. Aber die Höhe des Hauses passt so gar nicht in die Siedlung“, ist er überzeugt.

Das 920 Quadratmeter große Grundstück gehörte jahrelang der Gemeinde. „Ich habe mich mehrere Jahre darum bemüht, das Areal kaufen zu können, um es als Lagerplatz für meinen Handwerksbetrieb zu nutzen. Aber die Gemeinde wollte es nur verkaufen, wenn dort ein Wohnhaus entsteht“, sagt Enrico Vogel. Bürgermeister Thomas Martolock (CDU) bestätigt dieses Ansinnen und begründet dies mit den wenigen freien Bauplätzen in Cunewalde. „Wir sind in den vergangenen Jahren als Gemeinde nur deshalb gewachsen, weil wir Zuzugswilligen Bauplätze anbieten konnten“, sagt er.

Neue Eigentümer des Grundstücks kommen aus Hessen

Ein erster Versuch der Kommune, das Areal zu verkaufen scheiterte, da der Käufer vom Vertrag zurücktrat. Deshalb wurde die Fläche Anfang 2022 im Amtsblatt mit einem Mindestgebot von 34.000 Euro erneut als Baugrundstück ausgeschrieben, laut Baugesetzbuch bebaubar mit bis zu zwei Vollgeschossen. Drei Gebote gingen bis zum Stichtag am 31. März 2022 bei der Gemeinde ein.

Aus der Bieterliste, die Sächsische.de vorliegt, geht hervor, dass zwei Angebote vom selben Bieter, einer Familie aus dem hessischen Kelsterbach, stammen. Das Letzte stammt vom Stichtag 31. März 2022 und überbietet das eigene Gebot und einen Interessenten aus dem Ort. Ihr Gebot gibt die Familie mit dem Hinweis ab, ein Mehrfamilienhaus mit vier Wohneinheiten bauen zu wollen. Sächsische.de ist es nicht gelungen, mit den Bauherren in Kontakt zu treten und Näheres zu dem Vorhaben zu erfahren.

Die Familie aus dem Hessischen, weiß Enrico Vogel, und Bürgermeister Thomas Martolock bestätigt dies, habe familiäre Bindungen in den Cunewalder Ortsteil Halbendorf und außerdem schon an anderer Stelle im Ort gebaut.

Gegner kritisieren Höhe des Hauses und Parkplatzsituation

Doch es kommt anders als angekündigt. Als Enrico Vogel vom Bauvorhaben erfährt und sich schlau macht, sieht er auf dem Bauplan plötzlich sieben Wohneinheiten und nach seiner Lesart mehr Geschosse als erlaubt. Neben ihm haben deshalb 21 Bewohner der Siedlung einen Brief an den neuen Eigentümer unterschrieben, in dem sie ihre Bedenken äußern.

Dabei gehen sie nicht nur darauf ein, dass sie den geplanten Bau als störend für das Ortsbild empfinden, sondern verweisen auch auf dann gestörte Ansichten von denkmalgeschützten Gebäuden in der unmittelbaren Nachbarschaft.

Auch die Parkplatzsituation sieht Anwohnerin Simone Sykora kritisch. „Sieben Familien brauchen heutzutage auf dem Dorf 14 Stellplätze, die an dieser Stelle nicht möglich sind“, sagt sie.

Bauaufsichtsamt Bautzen sieht Neubau unkritisch

Zeitgleich bat man den Bürgermeister und den Gemeinderat zu einem Vor-Ort-Termin. Thomas Martolock wiederum bat die Gegner des Hausbaus in die Gemeindeverwaltung, bei dem Treffen sollten auch Mitarbeiter des Bauaufsichtsamtes des Landkreises Bauten als genehmigende Behörde dabei sein. „Da haben wir uns abgebügelt gefühlt, weil kaum jemand aus dem Gemeinderat unser Anliegen ernst genommen hat und da war“, sagt Vogel.

Cunewaldes Bürgermeister Thomas Martolock und auch das Bauaufsichtsamt sehen das Bauvorhaben jedoch unkritisch. „Die Vorgaben werden mit zwei Vollgeschossen und einem Dachgeschoss eingehalten“, sagt er. Die Firsthöhe des Neubaus liege im Rahmen der umliegenden Gebäude. Zudem gebe es in unmittelbarer Nachbarschaft ebensolche hohen Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen und einer ähnlichen Geschosshöhe.

Nachbarn geht gegen Teilbaugenehmigung in Widerspruch

Inzwischen gibt es für das Grundstück seit Mitte Juli 2023 eine Teilbaugenehmigung, die Erdarbeiten und Erschließungsarbeiten erlaubt. Gegen die ist Enrico Vogel vor wenigen Tagen als erster der Nachbarn in Widerspruch gegangen, weitere Nachbarn haben unterschrieben, sagt der Unternehmer. „Damit wollen wir ein Zeichen setzen.“

Beim Thema Wohnraum für Cunewalde verweisen die Gegner des Mehrfamilienhauses auf ein benachbartes Grundstück. Auf diesem steht ein denkmalgeschütztes Haus im kommunalen Eigentum, das schon stand, als auf dem Berg noch keine Eigenheime gebaut waren. „Das wäre doch bestens fürs Wohnen geeignet, wenn es denn saniert würde“, sagt Enrico Vogel.

Das Gebäude, so erklärt der Bürgermeister, sei quasi das Armenhaus der Gemeinde. Jeder der Nachbarn wisse, wer darin wohne und dass diese Menschen nicht unbedingt der Gesellschaftsnorm entsprächen. „Wir haben woanders keine Möglichkeit, diese Menschen unterzubringen“, sagt Thomas Martolock.