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Landkreis Bautzen: So läuft’s mit der telefonischen Krankschreibung

Seit Dezember 2023 sind telefonische Krankschreibungen unter bestimmten Voraussetzungen dauerhaft möglich. Hausärzte im Landkreis Bautzen gehen damit sehr sorgsam um und stellen diese nur in wenigen Fällen aus.

Von David Berndt
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Die telefonische Krankschreibung ist bei leichten Erkrankungen wie einer Erkältung möglich. Hausärzte im Landkreis Bautzen lassen ihre Patienten im Zweifel aber lieber in die Praxis kommen.
Die telefonische Krankschreibung ist bei leichten Erkrankungen wie einer Erkältung möglich. Hausärzte im Landkreis Bautzen lassen ihre Patienten im Zweifel aber lieber in die Praxis kommen. © Symbolbild: dpa-tmn

Bautzen. Seit Dezember 2023 ist die telefonische Krankschreibung wieder möglich. Sie wurde während der Corona-Pandemie eingeführt, endete im März 2023 und wurde vom gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken als dauerhafte Lösung wieder eingeführt.

Die telefonische Krankschreibung gibt es lediglich unter bestimmten Voraussetzungen, etwa für leichte Erkrankungen wie Erkältungen. Es dürfen keine schweren Symptome vorliegen. Zudem müssen die Patienten in den Arztpraxen bekannt sein. Ärzte dürfen ihre Patienten dann für maximal fünf Tage krankschreiben.

Anteil telefonischer Krankschreibung im Kreis Bautzen bei rund zehn Prozent

Die Patienten von Ralf Blau in Kamenz etwa bekommen die telefonische Krankschreibung, wenn es nötig sei. „Wir übertreiben es aber nicht. Ich schaue mir die Patienten später an, wenn sie wieder in der Lage sind, zu uns zu kommen.“

Der Allgemeinarzt führe keine Statistik, aber geschätzt zehn bis maximal 15 Prozent der Krankschreibungen laufen telefonisch. Das gelte nur bei Patienten, die in seiner Praxis bekannt seien und deren Lage nicht so gravierend ist, dass ein persönlicher Besuch sofort nötig wäre.

So schreibe Ralf Blau Patienten etwa bei Atemwegs- oder Darminfekten telefonisch krank, „wenn es zuverlässig und glaubhaft ist.“ Seien die Symptome aber gravierend oder unklar, müssen seine Patienten in die Praxis kommen. Bei den meisten sei das ohnehin der Fall, weil sie die Meinung ihres Arztes persönlich hören oder bestimmte Symptome zeigen wollen.

Kamenzer Hausärztin will keinen Missbrauch telefonischer Krankschreibung

Erst im Januar 2023 hat Allgemeinärztin Dr. Franca Leuschner mit ihrem Mann, einem Gastroenterologen, die Gemeinschaftspraxis im Kamenzer Barmherzigkeitsstift eröffnet. Die telefonische Krankschreibung entlaste ihre Praxis in akuten Stoßzeiten. „Sobald die Anamnese aber nicht schlüssig ist, müssen die Patienten zu mir in die Sprechstunde kommen.“

Dr. Franca und Dr. Sven Leuschner hatten im Januar 2023 ihre Gemeinschaftspraxis im Kamenzer Barmherzigkeitsstift eröffnet. Sie ist Allgemeinmedizinerin, er Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie.
Dr. Franca und Dr. Sven Leuschner hatten im Januar 2023 ihre Gemeinschaftspraxis im Kamenzer Barmherzigkeitsstift eröffnet. Sie ist Allgemeinmedizinerin, er Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie. © Matthias Schumann

Ob sie eine telefonische Krankschreibung ausstelle oder nicht, hänge neben aktuellen Symptomen auch von anderen Faktoren ab. „Welche Vorerkrankungen gibt es und wie oft fragt ein Patient danach. Wir wollen einem Missbrauch der telefonischen Krankschreibung vorbeugen.“

Im Zweifel wolle Franca Leuschner ihre Patienten lieber einmal mehr untersuchen, aber wenn das Vertrauensverhältnis stimme, sie eine Krankschreibung am Telefon für zwei bis drei Tage möglich, meist bei Erkältungssymptomen. In ihrer Praxis komme das etwa bei einem von zehn Patienten vor.

Viele Patienten wollen lieber in der Praxis vorsprechen als am Telefon

Dr. Anna Reiche aus dem Bautzener Ortsteil Kleinwelka sieht es ähnlich und verweist auf ihre Sorgfaltspflicht. „Für eine telefonische Krankschreibung müssen die Patienten bekannt und zuverlässig sein.“

Sie müsse für sich entscheiden, ob sie das Risiko, den Patienten nicht zu sehen, eingehen könne. „Wer brodelnden Husten und Luftnot hat, muss in die Praxis kommen.“ Dagegen bekämen junge Menschen mit Migräne, die am selben Tag eine Krankschreibung brauchen, diese in der Regel für maximal drei Tage. „Wenn sie danach nicht gesund sind, müssen sie allerdings aus neurologischen Gründen persönlich vorsprechen. Da kann auch mehr dahinterstecken“, sagt Anna Reiche.

Wer etwa jünger als 30 sei und mehrmals pro Quartal am Telefon krankgeschrieben werden wolle, habe bei ihr keine Chance. Auch wenn es jeweils nur um zwei bis drei Tage gehe. „Wir kennen unsere Patienten sehr gut und sobald wir Zweifel haben, müssen sie in die Praxis kommen“, sagt die Fachärztin für Allgemeinmedizin.

Viele Patienten wollen sogar lieber persönlich vorsprechen, als nur schnell ihre Krankschreibung haben. Allerdings mache die telefonische Krankschreibung die Arbeit manchmal leichter.

Die klassischen Fälle dafür seien Erbrechen, Durchfall und Erkältung. So könne man beispielsweise montags 20 Fälle auf die kommenden Tage verteilen. „Von zehn Erkältungspatienten schreiben wir maximal zwei bis drei telefonisch krank“, so die Allgemeinärztin aus Kleinwelka.

Gesetzliche Krankenkassen begrüßen telefonische Krankschreibung

Für Dr. Torben Ostendorf, Facharzt für Allgemeinmedizin und Vorsitzender des Sächsischen Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, gehe es sogar ohne die telefonische Krankschreibung nicht mehr. „Das gilt insbesondere in den akuten Infektwellen, wie wir sie in diesem und vergangenen Winter erlebt haben.“ Das Missbrauchspotenzial aber sei klein, da nur in den Praxen bekannte Patienten so krankgeschrieben werden dürften.

Laut der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) bringe die telefonische Krankschreibung sowohl für Ärzte als auch Patienten Vorteile. „Damit wird nicht nur das Praxispersonal in Arztpraxen entlastet, auch für die Patienten reduziert sich auf diese Weise die Ansteckungsgefahr auf dem Weg in die Praxis oder im Wartezimmer.“

Wie viele Krankschreibungen telefonisch erfolgen, können aber weder die KVS noch die gesetzlichen Krankenkassen sagen. Grund sei, dass die Kassen „in den übermittelten Daten nicht sehen, ob die Krankmeldung telefonisch durchgeführt wurde oder in der Praxis“, erklärt die DAK. Neben dieser Kasse begrüßen auch alle anderen von Sächsische.de befragten das Modell der telefonischen Krankschreibung. Dazu gehören AOK Plus, TK, Barmer und die IKK.