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Bautzen: Immer mehr Widerstand gegen Südumfahrung

Gemeinden, Umweltverbände und andere öffentliche Träger sind um Stellungnahmen gebeten worden. Wie sie das Projekt bewerten.

Von Theresa Hellwig
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Derzeit endet die Bautzener Südumfahrung hier, an der Neukircher Straße, in einer T-Kreuzung. Ob weitergebaut wird, ist unklar.
Derzeit endet die Bautzener Südumfahrung hier, an der Neukircher Straße, in einer T-Kreuzung. Ob weitergebaut wird, ist unklar. © Steffen Unger

Bautzen. Mit einem überraschenden Meinungswechsel hatte die Stadt Bautzen vor wenigen Tagen Aufsehen erregt. Auf der Tagesordnung beim Hauptausschuss stand eine Stellungnahme zum Projekt der geplanten Bautzener Südumfahrung des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr (Lasuv). Da sich der Bautzener Oberbürgermeister schon lange für das Projekt ausgesprochen hatte und dabei stets einen klaren Favoriten unter den zwei Trassenvarianten hatte, schien klar, in welche Richtung das Ganze geht. Die Stadt würde sich für die neue Straße und für die stadtnähere Trassenvariante aussprechen. Schließlich solle so das ebenfalls geplante neue Gewerbegebiet Süd der Stadt angebunden werden. Oder etwa nicht?

Tatsächlich kam es anders. Im Hauptausschuss sprach sich Bautzens Oberbürgermeister plötzlich für die stadtfernere Trasse aus. Denn anders als vermutet, könnte die stadtnähere Trasse den Gewerbegebiet-Plänen sogar im Wege stehen. Und die Stadt nannte noch mehr Gründe gegen die stadtnahe Trasse. Der Hauptausschuss beschloss die Stellungnahme der Verwaltung – und spricht sich damit für die stadtfernere Variante aus.

Zwei Trassenvarianten für den zweiten Bauabschnitt der Bautzener Südumfahrung sind entworfen worden.
Zwei Trassenvarianten für den zweiten Bauabschnitt der Bautzener Südumfahrung sind entworfen worden. © SZ Grafik

Dass die Stellungnahme zur Südumfahrung gerade jetzt auf der Tagesordnung landete, ist nicht ohne Grund passiert. Tatsächlich ist die Stadt vom Lasuv zu einer solchen aufgefordert worden. Und mit ihr sind das noch viele weitere sogenannte Träger öffentlicher Belange.

Insgesamt 37 davon hat das Lasuv nach eigenen Angaben angefragt. Darunter: betroffene Gemeinden, das Bautzener Landratsamt, die Deutsche Bahn, Umwelt- und Bauernverbände, die Polizei, das Landesamt für Denkmalpflege. Noch liegen nicht alle Stellungnahmen vor, aber schon jetzt wird klar: Es regt sich Widerstand.

Zwei Gemeinden lehnen die Pläne ab

So haben sich die beiden Gemeinden Obergurig und Doberschau-Gaußig gegen die Pläne ausgesprochen. Aus Sicht seiner Gemeinde könne man nicht für das Projekt sein, erklärte Alexander Fischer (CDU), Bürgermeister von Doberschau-Gaußig. Für die Ortsteile Grubschütz, Techritz, Doberschau und Preuschwitz stellen beide Varianten eine „massive Verschlechterung der Wohn- und Lebensqualität dar“, ist er überzeugt. Die Straße hätte Auswirkungen auf die Bürger – und bringe auch Probleme für die Feuerwehr mit sich, weil die Ortsteile Techritz und Grubschütz durch die Straße getrennt würden.

Und noch mehr spricht aus Sicht der Gemeinde gegen das Projekt. So würden landwirtschaftliche Flächen zerklüftet, wären teilweise nicht mehr zu bewirtschaften, heißt es in der Stellungnahme. Auch Hinweise auf Schallschutzmaßnahmen fehlen der Gemeinde.

Obergurig ist ebenfalls kritisch - wenn auch etwas weniger als Doberschau-Gaußig. „Grundsätzlich befürworten wir den Ausbau des zweiten Bauabschnitts“, sagt Bürgermeister Thomas Polpitz (CDU), „wenn unsere Stellungnahme berücksichtigt wird“. Fürs Erste aber hat auch die Gemeinde die Pläne abgelehnt. Vor allem, weil sie eine Verkehrszunahme erwartet – und deshalb mit einer steigenden Unfallgefahr rechnet. Für Autos – und auch für Radfahrer. Sollte die Südumfahrung kommen, will die Gemeinde, dass entlang der Wilthener Straße ein separater Radweg gebaut wird – um die Unfallgefahr zu verringern.

Umweltschutzorganisation hat Bedenken

Nicht direkt betroffen ist die Gemeinde Göda. Sie hat deshalb keine Anfrage vom Lasuv erhalten. Auswirkungen hätte die Straße für die Gemeinde dennoch, denn durch sie führt der erste Bauabschnitt der Südumfahrung, der bereits existiert. Mit dem Projekt auseinandergesetzt hat sich Gerald Meyer (parteilos) als Bürgermeister der Gemeinde deshalb auch. „Wenn die Straße weitergebaut wird, bedeutet das mehr Verkehr für uns“, erklärt er. „Das wäre für uns negativ. Auf der anderen Seite wären wir dann besser erreichbar.“ Wie Obergurig und Doberschau-Gaußig fordert auch er, dass für ausreichend Schallschutzmaßnahmen gesorgt wird.

Aber es sind nicht nur Gemeinden befragt worden. Schon seit Langem haben sich immer wieder Anwohner mit Umweltbedenken an die Öffentlichkeit gewandt. Eine ähnliche Position hat auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Sachsen an das Lasuv gesendet.

Auch Bauern aus der Region sind besorgt

„Wir wollen eine Nulllösung“, sagt Landesgeschäftsführer David Greve in Bezug auf das Projekt. Er stört er sich an der Brücke, die über das Spreetal, in dem mehrere geschützte Arten leben, gebaut werden muss. Überhaupt genieße das Tal als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet einen hohen Schutzstatus. Die Liste der Kritikpunkte des BUND ist lang; unter anderem befürchtet der Umweltverband auch eine Verschlechterung der Wasserqualität der Spree. „Generell brauchen wir einen Paradigmenwechsel“, sagt David Greve, „hin zu weniger Verkehr und weniger Verdichtung.“

Kritsch ist auch der Bautzener Ableger vom Sächsischen Bauernverband. Denn – wie es auch die Gemeinde Doberschau-Gaußig kritisiert – hätte die Straße Auswirkungen für die Bauern in der Region. Nicht nur, weil sie sicher zu einem Großteil auf Ackerflächen gebaut würde – auch, weil die Ausgleichsmaßnahmen wie Baumpflanzungen in der Regel auf Äckern erfolgen. Wenn die Straße gebaut werde, habe der Verband aber eine Präferenz, sagt der Vorsitzende des Bautzener Regionalbauernverbandes, Stefan Triebs. „Für uns gilt: Je kürzer, desto weniger landwirtschaftliche Flächen fallen weg.“ Weil die stadtnähere Variante kürzer wäre, spricht sich der Verband im Zweifel für diese aus.

Viele Argumente listen die meisten Angefragten auf. Kurz hingegen ist die Antwort des Eisenbahnbundesamtes: „Wir haben keine Einwände.“

Das Lasuv wartet nun noch auf die restlichen Stellungnahmen. Dann will das Landesamt die Antworten auswerten – und eine Vorzugsvariante festlegen.

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