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"Darum helfe ich im Urlaub in der Klinik"

Toni Ryćer arbeitet an seinen freien Tagen ehrenamtlich im Bautzener Krankenhaus. Seine Meinung zu Corona hat sich dadurch grundlegend geändert.

Von Theresa Hellwig
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Seinen Urlaub wollte Toni Ryćer nicht tatenlos zuhause verbringen. Stattdessen half er ehrenamtlich in der Küche des Bautzener Krankenhauses.
Seinen Urlaub wollte Toni Ryćer nicht tatenlos zuhause verbringen. Stattdessen half er ehrenamtlich in der Küche des Bautzener Krankenhauses. © Steffen Unger

Bautzen. Welche Gründe könnte einer haben, der dem Krankenhaus eine Bewerbung schreibt – um angesichts der Corona-Pandemie als Ehrenamtlicher auszuhelfen? „Ich wollte helfen, etwas Sinnvolles beitragen“, sagt Toni Ryćer aus Schönau in der Gemeinde Ralbitz-Rosenthal. Er ist so ein ehrenamtlicher Helfer – und so weit, so erwartungsgemäß. Und doch ist es der zweite Beweggrund, den Toni Ryćer hat, der aufhorchen lässt: „Ich war selber ein bisschen skeptisch. Ich dachte, dass die Maßnahmen überzogen sein könnten“, sagt er. Schließlich kannte er in seinem Freundeskreis niemanden, der ernsthaft erkrankt war.

„Die Theater, die Museen – sie alle hatten doch wunderbare Konzepte. Ich habe mich schon gefragt, warum die trotzdem geschlossen werden sollen. Ich dachte: So schlimm wird es schon nicht sein.“ Also habe er sich selber eine Meinung bilden wollen, erzählt er. „Und wo sollte das besser gehen als im Krankenhaus?“

Während er davon berichtet, sitzt Toni Ryćer auf einer Bank in den Grünanlagen hinter dem Bautzener Krankenhaus. Er trägt eine Maske und achtet darauf, den Abstand zur Reporterin einzuhalten – auch draußen. Gerade hat er seine Schutzkleidung gegen seine Freizeit-Jacke getauscht; hat vorher in der Küche des Bautzener Krankenhauses ausgeholfen. Am Spülbecken gestanden, Geschirr vom Wagen abgeladen, Geschirr gewaschen und einsortiert.

Er feierte Überstunden ab - um zu helfen

Das macht er jetzt seit dem 21. Dezember. Eigentlich arbeitet Toni Ryćer in der Geschäftsstelle des Abfallverbands Ravon – und eigentlich hätte er auch an jenem 21. noch Dienst gehabt, an dem er seinen ehrenamtlichen, also unbezahlten, Job im Krankenhaus begann. Er ist nicht in Kurzarbeit – aber ein Urlaub stand an. Ein Urlaub, den er – wo Reisen doch ohnehin nicht möglich ist – nicht tatenlos zuhause verbringen wollte. „Um im Krankenhaus aushelfen zu können, habe ich kurzerhand ein paar Überstunden genutzt, um weitere Tage zur Verfügung zu haben“, erzählt er, der in seiner Freizeit beim Deutschen Motor Sport Bund aktiv ist. „Mein Geschäftsführer hat meine Idee unterstützt.“

Eine Antwort auf seine Frage fand er in der Klinik schnell, erzählt er: „Die Lage ist ernst.“ Woran er das festmacht? Er höre sie immer wieder, die Geschichten der Schicksale auf der Corona-Station, sagt er. Der Leute, die Angehörige an das Corona-Virus verloren haben. Er weiß jetzt, wie gestresst die Mitarbeiter im Krankenhaus sind. Auch in der Küche. Und er hat ihn täglich auf seinem Weg in die Küche vor Augen – den Kühlcontainer, der vor dem Bautzener Krankenhaus aufgestellt worden ist, weil die Kühlkapazitäten für Verstorbene knapp geworden sind.

Die Schichten in der Klinik änderten seine Meinung

Seine Meinung hat sich seit seinen ersten Schichten in der Krankenhausküche geändert. „Grundlegend“, wie er sagt. Er habe jetzt große Angst um seine Mutter, die 85 Jahre alt ist. Und: „Wenn ich die Bilder sehe, wie sich die Leute in Altenberg oder in Oberhof versammeln, macht mich das sauer“, sagt er. So ernst nimmt er das Virus jetzt, dass er Weihnachten nicht mit seiner Freundin verbrachte, nicht mit seinen Kindern – sondern alleine. „Da bin ich dankbar, dass die das so unterstützen“, sagt er, „einfach ist das ja leider nicht.“ Aber anders gehe es eben nicht, er wolle niemanden in Gefahr bringen und das Virus im Zweifel nicht weiter verbreiten.

Toni Ryćer bei seinem ehrenamtlichen Dienst im Krankenhaus.
Toni Ryćer bei seinem ehrenamtlichen Dienst im Krankenhaus. © privat

Toni Ryćer ist nicht der einzige, der in der Corona-Pandemie ehrenamtlich im Krankenhaus tätig ist. So hilft zum Beispiel der ehemalige Rettungssanitäter Lars Hartig ehrenamtlich auf einer Coronastation, während das Modegeschäft, in dem er eigentlich arbeitet, geschlossen ist. Und Bruno Bucher von der Oberlausitz Kliniken-Tochter CDB Dienstleistungsbetriebe, die die Krankenhaus-Küche betreibt und für die Reinigung im Krankenhaus zuständig ist, weiß von noch mehr Menschen, die sich engagieren.

Auch andere aus dem Kreis Bautzen helfen im Krankenhaus

So helfen auch noch zwei Leute bei der Reinigung der Krankenhäuser in Bischofswerda und Bautzen. Sie desinfizieren zum Beispiel Zimmer und Betten; bereiten diese wieder auf. Hilfe, für die die CDB wirklich dankbar ist, sagt Bruno Bucher. „Wir haben immer wieder auch Ausfälle durch Corona-Erkrankungen oder Quarantänefälle im Personal“, sagt er. Sicher, die freiwilligen Helfer unterstützen nur und stehen nicht im Dienstplan – entlasten aber das Personal dennoch. Zumal nicht nur Mitarbeiter Corona-bedingt ausfallen – durch die Pandemie kommen auch neue Aufgaben dazu, auch in der Küche zum Beispiel. So gelte es zum Beispiel, die Mitarbeiter auf der Corona-Station gesondert mit belegten Brötchen zu versorgen, da diese nicht einfach in die Kantine gehen können. Aufgaben, bei denen die Helfer einspringen können.

„Mir ist wichtig, dass die Arbeit der Leute da in der Krankenhausküche auch mal gesehen wird“, sagt Toni Ryćer. Denn die Arbeit sei wichtig – und hart. Er hofft, dass sich auch andere ein Beispiel nehmen – und mit anpacken. Er denkt da zum Beispiel an Leute, die ohnehin in Kurzarbeit sind. Für ihn jedenfalls geht es jetzt erst einmal wieder beim Ravon weiter, sein Urlaub ist vorbei. Doch eines weiß er schon: Wenn es möglich ist, will er an freien Tagen oder am Wochenende weiter im Krankenhaus aushelfen.

Bewerbungen nimmt das Personalmanagement der Oberlausitz Kliniken entgegen.

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