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Bagger und Pistenbully im Teich bei Radibor: Das hat es damit auf sich

Jahrelang war der Litzenteich zwischen Luppa und Quoos verschlammt und zugewachsen. Immer weniger Tiere lebten dort. Das ändert sich jetzt.

Von Uwe Menschner
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Madlena Mitschke ist für die Renaturierung des Litzenteiches, der zwischen den Radiborer Ortsteilen Luppa und Quoos liegt, mit verantwortlich.
Madlena Mitschke ist für die Renaturierung des Litzenteiches, der zwischen den Radiborer Ortsteilen Luppa und Quoos liegt, mit verantwortlich. © Uwe Menschner

Radibor. Wer die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft besucht, erwartet in der Regel Ruhe, ab und an unterbrochen durch den Ruf von Kranichen, Enten oder Fröschen. Am Litzenteich, der zwischen den Radiborer Ortsteilen Luppa und Quoos liegt, prägt derzeit jedoch das sonore Brummen von Motoren die Geräuschkulisse. Ein Bagger holt Schlamm aus dem weitgehend trockengelegten und vom Schilf befreiten Untergrund und befördert ihn auf einen markanten Hügel in der Mitte des Teiches. Gleich mehrere dieser Gebilde erheben sich in unregelmäßigen Abständen auf der gesamten Teichfläche.

„Dadurch entsteht eine größere Strukturvielfalt“, erklärt Madlena Mitschke. Die Mitarbeiterin der Naturschutzstation Neschwitz kommt in regelmäßigen Abständen zum Litzenteich, um den Fortschritt der Arbeiten zu beobachten und zu dokumentieren. „Es handelt sich um eine Maßnahme im Rahmen eines Projektes, mit dem die biologische Vielfalt in der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft gestärkt werden soll“, erklärt sie.

Artenvielfalt ging durch Schlamm und Schilf zurück

Die in Jahrhunderten entstandene Kulturlandschaft im Norden der Landkreise Bautzen und Görlitz bildet einen von insgesamt 30 „Hotspots“ der biologischen Vielfalt, die sich über ganz Deutschland verteilen. „Diese Landschaft ist durch menschliches Wirken entstanden, und nur durch menschliches Wirken kann sie auch erhalten bleiben“, erklärt Madlena Mitschke.

Das sieht man am Litzenteich besonders deutlich: Im Laufe der letzten Jahrzehnte verschlammte der Teich immer mehr, das Schilf breitete sich vom Ufer her aus und nahm zuletzt elf der insgesamt 14 Hektar Wasserfläche, also mehr als drei Viertel, in Beschlag. „Dies führte zu einem starken Rückgang der Artenvielfalt. Der Teich war kaum noch als solcher zu erkennen.“

Dabei gilt das Gewässer in der Gemeinde Radibor als wertvoller Lebensraum für zahlreiche geschützte und bedrohte Tiere wie Libellen, Wasserkäfer, Amphibien und Brutvögel und ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Und auch Fische werden hier gehalten. „Die Bewirtschaftung wurde für die Naturschutzstation immer schwieriger. Wir haben den Litzenteich vor allem mit Karpfen, aber auch mit Beifischen wie Schleie und Hecht besetzt. Ohne sie wäre die Verlandung noch schneller voran geschritten“, so Madlena Mitschke.

17.000 Kubikmeter Schlamm werden entfernt

Ein Schicksal, das zahlreichen Teichen in der Oberlausitz droht: „Ohne Bewirtschaftung verlanden die Gewässer, irgendwann wachsen großflächig Büsche und junge Bäume auf ihnen. Damit gehen sie für viele Arten, die diese Landschaft prägen, verloren.“ Um den Litzenteich davor zu bewahren, schaufelt der Bagger unermüdlich Schlamm auf die künstliche Insel. „Diese Arbeit erfordert von den Fahrern viel Geschick. Der Teichboden ist unterschiedlich mächtig. Es ist durchaus schon passiert, dass Baufahrzeuge bei solchen Arbeiten in anderen Teichen versanken“, weiß Madlena Mitschke.

Am Rande des Teiches steht auf einem provisorischen Plattenweg ein Pistenbully mit Schiebeschild, der an diesem Tag allerdings nicht zum Einsatz kommt. Bereits zuvor hatte ein Schilfschneider einen großen Teil des Bewuchses entfernt und somit Bewegungsfreiheit für die großen Maschinen geschaffen. Die Stubben sind zum Schutz der Stauschicht im Teichboden verblieben. Die zu entfernende Schlammmenge liegt bei etwa 17.000 Kubikmetern, wovon ein Teil mit Schleppern auf umliegende Felder verbracht, der andere Teil zu den bereits erwähnten Hügeln aufgeschüttet wird, die sich nach dem Befüllen des Teiches als Inseln präsentieren werden.

„Diese bieten zunächst einen eher ungewohnten Anblick“, so die Projektmitarbeiterin. Doch im Laufe der Zeit „setzen“ sich die Erdmassen. „Sie bilden schöne Brutstätten, da sie zunächst noch ohne Bewuchs sind. Die Wasservögel können hier mitten im Wasser ungestört brüten, unerreichbar für viele Räuber, denen sie am Ufer schutzlos ausgesetzt wären“, erläutert Madlena Mitsche den Vorteil dieses speziellen Lebensraums.

Brutplätze für Wasservögel entstehen

Doch auch Wasserinsekten und Amphibien finden hier ein Refugium. Das Schilf auf dem Teich wird nicht restlos entfernt – „es verbleiben auf etwa der Hälfte der Fläche klar voneinander abgegrenzte Bereiche, die unter anderem der Rohrdommel Schutz bieten.“ Bis Ende März 2024, so Madlena Mitschke, sollen die Arbeiten im Teich abgeschlossen sein – ein durchaus sportliches Ziel. Danach werden die für die Baufahrzeuge genutzten Wirtschaftswege wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt.

Nach Abschluss der Arbeiten folgt ein regelmäßiges Monitoring, um den Erfolg zu überprüfen – sowohl vom Land aus als auch aus der Luft mit der Drohne. Die Renaturierung des Litzenteichs stellt nur eine von 50 Maßnahmen innerhalb des Projektes dar: „Zuvor haben wir zum Beispiel schon den Kobanteich bei Dubrauke in der Gemeinde Malschwitz entschlammt, demnächst folgen die Caßlauer Wiesenteiche in der Gemeinde Neschwitz“, so Madlena Mitschke. Dann wird auch dort für eine gewisse Zeit das Brummen von Motoren die Geräuschkulisse prägen.