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Wie Telemedizin Frühchen Fin aus Bautzen geholfen hat

Die Uniklinik Dresden hat das Versorgungsnetzwerk „Sichere Geburt“ für Frühchen in Ostsachsen entwickelt. Auch Familie Hockauf aus Bautzen hat jetzt davon profitiert.

Von Olivia Daume
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René und Sarah Hockauf mit ihrem eineinhalb Monate alten Sohn Fin. Frühchen Fin ist das fünfte Kind der Patchworkfamilie.
René und Sarah Hockauf mit ihrem eineinhalb Monate alten Sohn Fin. Frühchen Fin ist das fünfte Kind der Patchworkfamilie. © Steffen Unger

Bautzen. Es ist Donnerstag, der 31. August 2023, und vier Wochen zu früh. Die schwangere Sarah Hockauf aus Bautzen hat Schmerzen. Die Narbe, die ihr von einem vorherigen Kaiserschnitt zurückgeblieben ist, steht kurz davor zu reißen. Auch ihrem Baby geht es immer schlechter. Aufgrund der schwachen Herztöne wird bei Sarah Hockauf ein Notkaiserschnitt durchgeführt. Ihr Baby atmet nicht. „Wir haben erst später erfahren, dass er reanimiert werden musste. Er wollte einfach noch nicht atmen“, erzählt die Mutter eineinhalb Monate nach der Geburt ihres Sohnes Fin.

„Am nächsten Tag wurde dann entschieden, dass er nach Dresden verlegt werden muss, weil sich sein Zustand zunehmend verschlechterte.“ Die 32-Jährige bekommt Gänsehaut. Fins Herz und seine Lunge waren noch nicht vollständig ausgebildet. „Ich habe ihn nur mal sehen und kurz im Wärmebettchen anfassen können. Dann wurde er schon abgeholt“, sagt Sarah Hockauf.

Im Wärmebettchen wurde Frühchen Fin vom Krankenhaus Bautzen ins Uniklinikum Dresden gebracht.
Im Wärmebettchen wurde Frühchen Fin vom Krankenhaus Bautzen ins Uniklinikum Dresden gebracht. © Universitätsklinikum Dresden

Insgesamt verbrachte Fin zunächst eine Woche auf der Intensiv-, später auf der Kinderstation in Dresden, bevor er für vier weitere Tage im Bautzener Krankenhaus versorgt wurde. Hier wurde er telemedizinisch, das heißt in enger Zusammenarbeit zwischen den Ärzten aus Dresden und Bautzen, betreut. Familie Hockauf ist der erste Fall für die Telemedizin des Innovationsprojekts „Sichere Geburt“ in Bautzen.

Hilfe für Risikoschwangere und kranke Neugeborene

Mit dem Innovationsprojekt „Sichere Geburt“ untersucht das Universitätsklinikum Dresden (UKD), wie hochschulmedizinisches Wissen in der gesamten Versorgungsregion Ostsachsen verfügbar gemacht werden kann. „Damit beweist die Hochschulmedizin Dresden erneut, wie Expertise ausstrahlen kann und die medizinische Versorgung im ländlichen Raum davon profitiert“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand am Universitätsklinikum Dresden.

Das knapp dreijährige Projekt ist im Oktober 2022 an den Start gegangen und wird von Prof. Mario Rüdiger, Direktor des Zentrums für feto-neonatale Gesundheit, geleitet. Mit dem Versorgungsnetz soll vor allem Risikoschwangeren sowie kranken Neugeborenen geholfen werden. Partnerkliniken des Versorgungsnetzes „Sichere Geburt“ finden sich unter anderem in Görlitz, Freiberg, Zwickau und Bautzen.

Bereits 234 Patienten telemedizinisch betreut

Dr. Ulf Winkler, Chefarzt der Oberlausitz-Kliniken in Bautzen, betont die Wichtigkeit des Projekts für Familien in Ostsachsen. „Die Möglichkeit einer sofortigen telemedizinischen Unterstützung rund um die Uhr sichert uns eine spezialisierte Fachexpertise bei Notfällen im Kreißsaal genauso wie bei Problemen oder Fragen im Rahmen der weiteren medizinischen Behandlung von Früh- und Neugeborenen.“ Insgesamt wurden bereits 234 Patienten im Rahmen des Projektes telemedizinisch betreut.

Seit Mai 2023 ist die Kontrollphase abgeschlossen und das Unterstützungsangebot wird quartalsweise in einer weiteren pränatal-medizinischen Praxis oder beteiligten Klinik eingeführt. „Mit Projekten wie dem Versorgungsnetz ,Sichere Geburt' gehen wir zusammen mit unseren Partnern diesen Schritt und testen, wie wir die Versorgung zukunftsfest gestalten können, sodass die Menschen und jungen Familien unabhängig davon, wo sie wohnen, mit einer hohen Qualität betreut werden können“, sagt Rainer Striebel, Vorstandsvorsitzender der AOK Plus.

So geht es Familie Hockauf eineinhalb Monate nach der Geburt

In einem halben Jahr muss Familie Hockauf zu einer Routineuntersuchung wieder in die Kardiologie des UKD. „Wir sind in guten Händen und fühlen uns wohl mit den Ärzten in Bautzen und in Dresden“, sagt Sarah Hockauf. Rückblickend seien es die Besuche der Familie im Krankenhaus gewesen, die zu Fins Genesung beigetragen haben. „Von da an ging es bei ihm bergauf. Auf einmal brauchte er immer weniger Sauerstoff. Auch die Antibiotika schlugen endlich an“, berichtet die 32-Jährige. „Inzwischen hat Fin die 3.000 Gramm geknackt“, erzählt sie und blickt lachend zu ihrem Mann René Hockauf, der seinen Sohn im Arm hält.

Die Zeit im Krankenhaus habe sie sowohl als Paar als auch als Familie, zu der nun fünf Kinder gehören, noch enger zusammengeschweißt. „Das ist Wahnsinn, wie viel Kraft man sich gegenseitig gibt. Ohne die Familie wäre das alles gar nicht möglich“, sagt die 32-jährige Mutter. „Man konnte gar nicht groß darüber nachdenken, was gerade passiert, weil man durch die anderen Kinder immer was zu tun hatte“, bestätigt René Hockauf. Für seine Frau war er in der Zeit der Behandlung eine große Stütze. „Ich weiß nicht, wie er das alles gemacht hat, aber er ist mein Superheld“, sagt sie.