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Streit um die neue Bushaltestelle in Quoos

Einige Anwohner halten das Projekt im Radiborer Ortsteil Quoos für überdimensioniert und wünschen sich, dass über Alternativen nachgedacht wird. Die Bürgermeisterin sieht das anders.

Von Uwe Menschner
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Die Quooser Bushaltestelle befindet sich an einem schmalen Straßendreieck zwischen der Dorf- und der Windmühlenstraße. Auch der Plus-Bus zwischen Bautzen und Hoyerswerda fährt durch den Ort.
Die Quooser Bushaltestelle befindet sich an einem schmalen Straßendreieck zwischen der Dorf- und der Windmühlenstraße. Auch der Plus-Bus zwischen Bautzen und Hoyerswerda fährt durch den Ort. © Uwe Menschner

Quoos. Der Bau barrierefreier Bushaltestellen bildet seit einigen Jahren einen wichtigen Bestandteil der kommunalen Investitionstätigkeit im Landkreis Bautzen. Der Wunsch, den Menschen auf dem Land die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu erleichtern, sowie großzügige Fördermittel haben daran entscheidenden Anteil. Auch die Gemeinde Radibor steht dabei nicht abseits: Im Ortsteil Bornitz gibt es die neue Haltestelle schon, als nächstes ist Lippitsch an der Reihe. Und dann kommt Quoos.

In der Regel gehen diese Verfahren ziemlich geräuschlos über die Bühne. In Quoos jedoch gibt es Stimmen, die sich gegen den Neubau in der geplanten Form aussprechen. Familie Wollmann wohnt in unmittelbarer Nähe des vorgesehenen Standortes und wunderte sich eines Tages, dass ein an einer Linde vor dem Grundstück von ihr angebrachter Nistkasten plötzlich nicht mehr da war.

Zwei Linden sollen für neue Bushaltestelle fallen

„Mein Mann fragte in der Gemeindeverwaltung nach und erfuhr dadurch, dass eine neue Bushaltestelle gebaut werden soll und dafür die beiden Linden, die dort stehen, gefällt werden müssen“, erinnert sich Evelin Wollmann. „Ich habe danach selbst noch mal ein sehr angenehmes und sachliches Gespräch mit der Bürgermeisterin geführt und war danach trotzdem geplättet davon, was dort passieren soll. Die Linden sind etwa 35 Jahre alt und gesund. Das gesamte Ortsbild ist von diesen Bäumen geprägt.“

Die Wollmanns wurden daraufhin zu regelmäßigen Besuchern der Gemeinderatssitzungen, so auch jener im Juli 2023, in welcher eine überplanmäßige Ausgabe in Höhe von 40.000 Euro beschlossen wurde, die aufgrund von Planungsänderungen nötig war. Die Kosten erhöhten sich von 55.000 auf 95.000 Euro, die Eigenmittel der Gemeinde von 3.000 auf 5.300 Euro. „95.000 Euro Steuergelder – das bedeutet fast 6.000 Euro pro Kind, denn in Quoos gibt es elf Oberschüler und Gymnasiasten sowie fünf Grundschüler“, rechnet die Anwohnerin vor. In Hochzeiten stünden drei Kinder an der Haltestelle.

Ließen sich kleinere Busse als Zubringer einsetzen?

„Natürlich wollen auch wir, dass die Kinder sicher zur Schule gelangen“, betont Evelin Wollmann. „Doch muss es wirklich ein so überdimensioniertes Projekt sein? Müssen wirklich die großen Gelenkbusse um das enge Dreieck am Ortseingang fahren, wo sich die Bushaltestelle befindet, oder könnte man nicht auch kleinere Busse einsetzen?“

Die Quooserin erinnert sich daran, von Konzepten für den öffentlichen Nahverkehr gelesen zu haben, bei denen kleinere Zubringerbusse aus der Fläche die Fahrgäste zu den Hauptverbindungen bringen. In Dresden gebe es ein Modell, bei dem Kleinbusse „on demand“ – also nach Bedarf – eingesetzt würden. „In zehn Jahren wird man einen solchen öffentlichen Nahverkehr, wie wir ihn derzeit haben, nicht aufrechterhalten können, weil die Menschen weniger werden. Kann man nicht schon jetzt beginnen, sich darauf einzustellen?“ Immerhin würden 100 Quadratmeter Grünfläche versiegelt.

Mehrheit der Quooser wünscht sich Haltestelle

Die Radiborer Bürgermeisterin Madeleine Rentsch (parteilos) reagiert darauf, indem sie einen ansehnlichen Stapel Papier auf den Tisch legt. „Das sind Zuschriften von Quooser Bürgern, die sich die neue barrierefreie Haltestelle wünschen und sich dafür eingesetzt haben“, erklärt sie. Speziell eine ältere Dame habe sehr lange und intensiv darum gekämpft. „Es geht nicht nur um die Schüler, sondern auch um die älteren, nicht mehr so mobilen Mitbürger, die zum Arzt oder zum Einkaufen fahren wollen.“

Madeleine Rentsch bestätigt, dass aus dem Ortsteil fernab der Hauptstraßen etwa zehn bis zwölf Schüler mit dem Bus fahren, ordnet diese Zahl aber anders ein: „Das ist recht viel.“ Man habe auch mit dem Landkreis Bautzen und dem Verkehrszweckverband Zvon mögliche Alternativstandorte geprüft, diese aber aus Gründen der Sicherheit wieder verworfen. Dies habe etwa eineinhalb Jahre gedauert, „und jetzt, wo alles geklärt ist, kommen diese Diskussionen hoch.“

Die Radiborer Bürgermeisterin räumt ein, dass die neue Haltestelle das Ortsbild beeinträchtige: „Es ist eine Frage der Abwägung, was wichtiger ist: Die Linden oder die Sicherheit der Fahrgäste.“ Die derzeitige hohe Förderquote werde es nicht ewig geben. Die Mehrheit der Quooser, davon ist Madeleine Rentsch überzeugt, freue sich auf die neue Haltestelle. Das stellt auch Familie Wollmann nicht in Abrede, die nach eigenen Angaben „für eine kleine Gruppe“ spricht. Laut der Radiborer Bürgermeisterin läuft derzeit die Ausführungsplanung, mit dem Bau sei Mitte bis Ende 2024 zu rechnen.