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Mit Kohle-Millionen entsteht in Sohland ein modernes Touristikzentrum

Die Gemeinde Sohland/Spree erhält eine Förderung von reichlich drei Millionen Euro. Davon profitieren Skisportler, Wanderer und Radfahrer. Das ist geplant.

Von Miriam Schönbach
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Wintersport bei Sommerwetter: Der Nachwuchs vom Skiclub Sohland trainierte am Montag das Skispringen - während die Gemeinde Sohland eine Zusage für reichlich drei Millionen Euro Fördermittel überbracht bekam.
Wintersport bei Sommerwetter: Der Nachwuchs vom Skiclub Sohland trainierte am Montag das Skispringen - während die Gemeinde Sohland eine Zusage für reichlich drei Millionen Euro Fördermittel überbracht bekam. © Steffen Unger

Sohland/Spree. Windstill, blauer Himmel und 25 Grad: Dieses Spätsommer-Wetter bietet die besten Trainingsbedingungen für den Skisprung-Nachwuchs vom Skiclub Sohland 1928. In ihren engen Anzügen sausen die Jungen und Mädchen immer wieder die Schanzen hinunter, auf deren Matten feiner, künstlicher Nieselregen liegt. Mit Unterstützung des Lifts lassen sie sich für den nächsten Sprung wieder hochziehen.

Oben warten die Trainer Sylva und Sven Hohlfeld und achten auf die Technik der Nachwuchssportler. Unten steht ein besonderer Gast: Sachsens Staatsminister für Strukturentwicklung, Thomas Schmidt (CDU), hat ein besonderes Geschenk dabei.

Der Politiker aus Dresden kommt am Nachmittag des 4. September 2023 nicht mit leeren Händen. Für den Bau eines Zentrums für den Ski-, Wander- und Radtourismus erhält die Gemeinde Sohland/Spree 3,1 Millionen Euro aus dem Investitionsgesetz Kohleregionen. „Ich denke, es ist gut eingesetztes Geld für die Region. Für die schon bald beginnenden Bauarbeiten wünsche ich viel Erfolg“, sagt Thomas Schmidt. Mit dem Bau im Skigebiet im Ortsteil Tännicht lasse sich die Region künftig noch besser vermarkten. Es werde weitere Touristen aus ganz Europa anlocken und die Lausitz stärken, ist er überzeugt.

Große Freude herrschte am Montag in Sohland: Sachsens Staatsminister für Strukturentwicklung, Thomas Schmidt (2.v.l.), übergab einen 'Förderbescheid über reichlich drei Millionen Euro an Bürgermeister Hagen Israel (3.v.l.).
Große Freude herrschte am Montag in Sohland: Sachsens Staatsminister für Strukturentwicklung, Thomas Schmidt (2.v.l.), übergab einen 'Förderbescheid über reichlich drei Millionen Euro an Bürgermeister Hagen Israel (3.v.l.). © Steffen Unger

Den Kritikern, warum das Oberlausitzer Bergland etwa eine Stunde entfernt von den Gruben des Lausitzer Reviers von den Kohle-Millionen profiziert, nimmt Schmidt den Wind aus den Segeln: „Einerseits reden wir natürlich über die vielen wichtigen Arbeitsplätze, die jenseits der Braunkohle entstehen sollen. Andererseits sprechen wir zu wenig über Arbeitskräfte, die in den kommenden Jahren durch den demografischen Wandel verloren gehen. Strukturwandel müssen wir komplexer sehen“, sagte er. „Es müssen möglichst Menschen hierbleiben, aber auch wieder herziehen. Sie brauchen einen attraktiven Arbeitsplatz genauso wie gute Lebensbedingungen, die weichen Faktoren“.

Im Winter werden 30 Kilometer Loipen gespurt

Sohlands Bürgermeister Hagen Israel (parteilos) weiß jetzt schon von der Anziehungskraft des kleinen Skigebiets im Landkreis Bautzen mit knapp 30 Kilometern gespurter Loipen und direkt an der deutsch-tschechischen Grenze – für Touristen, Schneebegeisterte aus der Lausitz wie für die Kinder und Jugendlichen, die im Skiclub trainieren. 50 Nachwuchssportler sind im Verein aktiv und wetteifern ihrem größten Vorbild nach. Jenny Nowak wurde für ihren Verein 2020 Junioren-Weltmeisterin sowie die überhaupt erste deutsche Meisterin in der Nordischen Kombination. Zuvor gingen in dieser Disziplin nur Männer an den Start. „Den Titel kann ihr nie wieder jemand nehmen“, sagt Hendrik Müller vom Skiclub.

Ladestationen für E-Bikes und Elektroautos entstehen

Den Schriftzug „Jenny Nowak“ haben auch viele der Nachwuchssportler auf ihren Helmen stehen. Die Achtjährigen unter ihnen waren noch nicht einmal geboren, als sich ihr Verein die ersten Gedanken über den Umbau zum Ski- und Wanderzentrum gemacht hat. „Wir haben eine Turnhalle und die Schanzenbaude. Beide Gebäude sind in den 70er- und 80er-Jahren durch Vereinsmitglieder und mit Unterstützung der volkseigenen Betriebe für den Breitensport entstanden. Wir haben großen Handlungsbedarf, die Infrastruktur in die Zukunft zu bekommen“, sagt der Bürgermeister. Denn in der Turnhalle hapert es zum Beispiel bei den Sanitäranlagen und Umkleidebereichen.

Jene Turnhalle soll nun mit Hilfe des Kohle-Geldes umgebaut werden – barrierefrei, mit Photovoltaik auf dem Dach und Ladestationen für E-Bikes und Elektroautos vor der Tür. Insgesamt sind für das Projekt 3,7 Millionen Euro geplant – mit einem Eigenanteil der Gemeinde von 613.000 Euro. Das sanierte Haus soll künftig nicht nur dem Skiclub zur Verfügung stehen, sondern zentraler Anlaufpunkt für Touristen werden, wo sie auch Informationen zur Region und weiteren Aktivitäten im Oberlausitzer Bergland erhalten.

Zeitplan für Ski- und Wanderzentrum ist sehr sportlich

Auf dem Papier ist das Projekt bis ins Detail skizziert, deshalb will die Gemeinde nun auch gar nicht mehr viel Zeit verstreichen lassen. „Wir haben für den 7. September schon den Bauanlauftermin mit dem Ingenieurbüro vereinbart. Unser Ziel ist es, mit dem Bau zu beginnen, sobald es das Wetter zulässt“, sagt Hagen Israel. Die Bagger werden aber nicht sofort rollen, wahrscheinlich ist der Baustart im kommenden Frühling.

Dabei ist die Zeitschiene für die Ausgabe der Fördermittel mehr als sportlich. Da sämtliche Projekte aus dem Strukturwandelprogramm binnen einer Fünfjahresfrist realisiert werden müssen, sollte das neue Ski- und Wanderzentrum Ende 2025 zumindest abrechnungstechnisch fertig sein. Der Antrag auf Förderung wurde 2019 gestellt.

Doch sowohl der Bürgermeister als auch die Vereinsmitglieder sind optimistisch, das Ziel zu erreichen. Vielleicht kommt zur Einweihung dann wieder Thomas Schmidt als besonderer Gast vorbei. Den Nachwuchssportlern an den Tännicht-Schanzen hat er nämlich verraten, dass er selbst begeisterter Wintersportler ist.