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Katis großer Traum: Rückkehrerin eröffnet in Bautzen Werkstatt für Kunsthandwerker

Kati Schmidt arbeitet als Zahnarzthelferin, nebenbei macht sie aus Eiern kleine Kunstwerke. Die präsentiert sie nun in ihrer Stadtwerkstatt - zusammen mit Arbeiten anderer Künstler.

Von Miriam Schönbach
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Kati Schmidt hat sich in Bautzen ihren Traum von einer Stadtwerkstatt verwirklicht. Anfang Februar wird sie eröffnet. Dort werden auch Arbeiten des Malers Thomas Liebig zu sehen sein.
Kati Schmidt hat sich in Bautzen ihren Traum von einer Stadtwerkstatt verwirklicht. Anfang Februar wird sie eröffnet. Dort werden auch Arbeiten des Malers Thomas Liebig zu sehen sein. © Steffen Unger

Bautzen. Die ersten Kunsthandwerker haben ihre Kreationen schon ins Regal gestellt. Auf den Böden stehen Bilder, Getöpfertes, Etageren aus Kaffeetassen und -tellern und die ersten gefrästen Ostereier-Ensemble. Auf dem Fußboden liegt eine große Deckenlampe, die Fenster des Ladens in der Steinstraße 15 in Bautzen verhüllt noch Folie.

Kati Schmidt sitzt ein bisschen ungläubig auf der Treppe in ihrem neuen Refugium. „Es wird schön, wir haben hier in weniger als einem Monat meinen Traum von der Stadtwerkstatt in die Tat umgesetzt“, sagt die Doberschauerin glücklich. Die 44-Jährige schaut sich um, sucht im Handy nach Fotos, wie sie das Geschäft Anfang Januar 2024 übernommen hat.

Von den einst schlichten Büroräumen mit weißer Raufasertapete, die das Landratsamt nutzte, ist nichts mehr zu erkennen. Die Wände strahlen in wunderbarem Dunkelgrün und warmem Grau. Der raue Charme von Industrial Style trifft hier an der rauschenden Hauptstraße auf die Gemütlichkeit von dänischer Hygge, eine Mischung aus Herzlichkeit und Familienanschluss. Kati Schmidt staunt selbst über das Geschaffte. „Was aus einem verunglückten Ei alles werden kann“, sagt sie.

Verzierte Eier erinnern an filigrane Lochspitze

Jenes „verunglückte Ei“ ist schon in Bautzens neuen Kunsthandwerkerhof eingezogen. Etwa acht Jahre liegt der erste Versuch der gelernten Zahnarzthelferin und Prophylaxe-Assistentin, mithilfe eines tragbaren Zahnarztgerätes Muster in den zerbrechlichen Untergrund zu fräsen, zurück. Die ersten Experimente scheitern. Sobald das scharfe Werkzeug auf die Schale trifft, ist das Ei Bruch. „Ich wollte aber der Gewinner sein“, sagt die Oberlausitz-Rückkehrerin. Immer mehr verfeinert sie ihre Technik und das Ausgangsmaterial. Bio-Hühner legen Eier mit dickeren Schalen.

Inzwischen erinnern Kati Schmidts zerbrechliche Kunstwerke an filigrane Lochspitze. Ihre Arbeiten unter dem Label "Ei-der-Daus" sind auf Handwerkermärkten gefragt, ihre ausgefeilte Technik gibt sie bereits in Workshops weiter. Als das Wohnzimmer mit Blick auf Bautzen immer mehr zu Manufaktur und Lager wird, beginnt ihr Stadtwerkstatt-Traum. Etwa ein Jahr ist es her, dass sie den Wunsch zum ersten Mal laut denkt. „Es ließ mich nicht mehr los“, sagt sie.

Im August 2023 stürzt Kati Schmidt in Bautzen mit ihrem geliebten Rennrad und zertrümmert sich das Schlüsselbein. Acht Schrauben und eine Platte in der Schulter später steht sie wieder auf. Was für den Sieg beim Eierfräsen gilt, ist irgendwie auch ihr Lebensmotto.

Weitere Kunsthandwerker sind mit dabei

Nachdem sie viele Immobilien angeschaut hat, erfährt sie durch Zufall vom Leerstand in der Steinstraße 15. „Ich habe sofort das Potenzial gesehen: stadtnah, mit einer coolen Höhe. Kurz nach dem Jahreswechsel gab es den Schlüssel. Seitdem haben wir nur noch gearbeitet, sodass wir am 3. Februar 2024 die Stadtwerkstatt eröffnen können“, sagt die Kunsthandwerkerin. Die Bautzener Wohnungsbaugesellschaft komme ihr mit der Miete entgegen.

Kati Schmidt atmet einmal durch. Ab März wird sie drei Tage in der Woche wieder als Prophylaxe-Assistentin in einer Zahnarztpraxis arbeiten. Auch aus diesem Grund hat sie sich sieben andere Kunsthandwerker mit unter das Dach geholt. „Ich habe die Stadtwerkstatt gegründet, um anderen Künstlern und Kunsthandwerkern einen Raum zu geben, um das Eigene wie auch Workshops anbieten zu können. Sie soll Kunst und Handwerk vereinen“, sagt sie. Finanziert hat sie das Projekt zu 100 Prozent aus eigener Tasche. Geht nicht, gibt es nicht bei der Netzwerkerin.

Zu ihrem Kunsthandwerker-Zusammenschluss gehören jetzt Fadenkünstler Alessandro Ramke aus Großdubrau, Maler Thomas Liebig aus Bautzen, Martin Wagner von der Sächsischen Spirituosenmanufaktur in Kirschau, Carina Heine aus Klix mit selbst genähter Kinderkleidung in Bio-Qualität, Melanie Helms aus Weixdorf mit ihren Dekorationen vom Plotter sowie Anke Seidel und Katrin Bandke aus Dresden. Mit ihrer Idee vom „Vom Tisch zur Tafel“ statten sie zum Beispiel Feiern mit ihren einzigartigen Sammelgedecken aus oder bauen aus dem Porzellan Etageren.

Stadtwerkstatt soll an zwei Tagen in der Woche öffnen

„Das Erstaunliche am Stadtwerkstatt-Team ist, dass die meisten in normalen Berufen arbeiten und trotzdem zeigen, was in ihnen steckt. Es ist noch Platz für weitere Kunsthandwerker“, sagt Kati Schmidt. Öffnen soll der neue Laden mittwochs und donnerstags. Dazu soll es Workshops geben, vielleicht auch Vorträge, später After-Work-Partys. Auch für Feiern können die Räume gemietet werden. Wer Ideen hat, darf sich gern melden.

Die letzten Handgriffe bis zur Eröffnung müssen noch erledigt werden. Fenster putzen und Lampe anbringen, gehören dazu. Aber Kati Schmidt wäre nicht Kati Schmidt, wenn sie nicht schon wieder eine Idee hätte. Im Sommer soll es mit dem Rennrad nach Paris gehen. „Ich wollte schon immer mal vom weichen B ins harte P radeln“, sagt sie schmunzelnd. Dann dreht sie sich um, der Traum muss noch etwas warten. Jetzt braucht erst einmal ihre Stadtwerkstatt den letzten Feinschliff.