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Angst vor der Schweinepest wächst

Wie sich die Bauern im Landkreis Bautzen schützen - und warum die Hilfe der Bevölkerung dabei so wichtig ist.

Von Tilo Berger
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André Pietsch ist in der Budissa AG Niederkaina zuständig für die Schweineproduktion. Auch ihn treibt die Sorge um, dass die Afrikanische Schweinepest in die Oberlausitz kommt.
André Pietsch ist in der Budissa AG Niederkaina zuständig für die Schweineproduktion. Auch ihn treibt die Sorge um, dass die Afrikanische Schweinepest in die Oberlausitz kommt. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. "Ich habe Bauchschmerzen", sagt Thomas Adler. Der Landwirt sorgt sich um die etwa 1.600 Schweine in den Ställen der Agrargenossenschaft Großröhrsdorf - auch wenn die Afrikanische Schweinepest (ASP) die Oberlausitz bisher noch nicht erreicht hat.

Der Vorstandvorsitzende hat in den vergangenen Jahren beobachtet, wie sich die Schweinepest in Europa ausbreitete und immer näher kam. Im Herbst 2019 wurde das Virus bei einem verendeten Wildschwein in Westpolen nachgewiesen, nur noch 42 Kilometer von der Grenze zu Deutschland entfernt. Wenige Tage später übte Sachsen den Ernstfall. Anfang Dezember fanden sich dazu Tierärzte, Jäger, Landwirte und Amtsvertreter aus dem gesamten Freistaat Sachsen und aus Südbrandenburg in der Nähe von Schirgiswalde ein.

Strengste Hygiene in den Ställen

Sie sahen, wie um die - angenommene – Fundstelle toter Frischlinge ein Sperrbezirk errichtet wurde. Dazu wurde der Fundort in einem Abstand von etwa 500 Metern umzäunt und damit isoliert. Ein Elektrozaun soll im wahrsten Sinne des Wortes kein Schwein durchlassen.

"Ein läppischer Elektrozaun soll es nun richten." Thomas Adler ist verärgert. Seine Genossenschaft, erzählt er, wollte viel früher einen richtigen Zaun bauen, doch das durfte sie nicht. "Die Behörden haben das jahrelang nicht richtig wahrgenommen, wie die Afrikanische Schweinepest in unsere Richtung gewandert ist." Jetzt wappnet sich die Agrargenossenschaft, so gut es eben geht: "Es dürfen maximal zwei Leute in die Ställe, sonst hat da drin niemand etwas zu suchen. Aber das haben wir schon immer so gehalten."

Fleischpreise im Keller, keine Exporte nach Asien

Inzwischen steht die Seuche praktisch vor der Haustür: In den südbrandenburgischen Landkreisen Spree-Neiße und Oder-Spree wurden insgesamt 20 Fälle nachgewiesen. Das Virus ist für Schweine in der Regel tödlich, Menschen tut es nichts - medizinisch gesehen.

Aber so eine Krankheit sorgt für Verunsicherung. Die Kunden kaufen weniger Schweinefleisch, der Preis sinkt, das Geld fehlt den Produzenten. Hinzu kommt das Export-Verbot für asiatische Länder, erklärt der Deutsche Bauernverband: "Ab dem ersten Nachweis der ASP bei einem Wildschwein in Deutschland – es muss noch nicht einmal ein Hausschwein betroffen sein – ist der Export in Drittländer außerhalb der EU nicht mehr möglich. Dieser Export ist wichtig, da dorthin vor allem die Teile vom Schwein gehen, die der deutsche Verbraucher nicht verzehrt, wie Pfötchen, Fette oder Specke."

Fast 75.000 Hausschweine im Landkreis Bautzen

"Die Preise für Schweinefleisch sind in den Keller gerutscht", bestätigt André Pietsch. Er ist bei der Budissa AG in Niederkaina für die Schweineproduktion verantwortlich. "Ich habe gar nicht mal die größte Angst, die Seuche könnte in einen unserer Ställe gelangen." Dort gilt strengste Hygiene, in einer Schleuse muss zum Beispiel die Bekleidung gewechselt werden. Gegen Schaden an den Tieren hat die Budissa AG eine Versicherung abgeschlossen; vorsorglich wurden alle Zäune kontrolliert, damit sich nicht etwa ein Wildschwein darunter durchgraben kann. Aber gegen die wirtschaftlichen Folgen durch drastisch gesunkene Preise hilft keine Versicherung.

Allein im Landkreis Bautzen halten mehr als 300 Betriebe insgesamt rund 75.000 Hausschweine. Keines von ihnen dürfte im Ernstfall den jeweiligen Betrieb verlassen. Ebenso dürften in einer sogenannten Pufferzone, die viel größer ist als der 500-Meter-Sperrbezirk, keine Schweine transportiert werden. 

Von deren wilden Verwandten wurden 2019 im Kreisgebiet mehr als 4.000 erlegt. Inzwischen müssen alle toten Schwarzkittel auf ASP untersucht werden. Das gehört zu den erhöhten Vorsorgemaßnahmen, informiert Cynthia Thor vom Landratsamt Bautzen.

Keine Speisereste im Wald zurücklassen

Dürften die Schweine den Betrieb nicht mehr verlassen, hätte das vor allem eine Konsequenz, sagt Thomas Adler in Großröhrsdorf: "Wir müssten die Tiere weiter füttern, sie würden dadurch immer dicker, dann will sie der Handel aber nicht mehr." Ein Teufelskreis für die Schweinehalter.

Stefan Triebs, der Vorsitzende des Regionalbauernverbandes Bautzen-Kamenz, befürchtet noch viel weiterreichende Auswirkungen: In der drei bis vier Kilometer umfassenden Pufferzone könnte es zu einem Ernteverbot kommen. So dürfte etwa Silo-Mais nicht geerntet werden, weil sich auf diesen Feldern gern Wildschweine verstecken. Und da sollten sie auch bleiben, statt verschreckt durch die Gegend zu wandern und möglicherweise die Seuche zu verbreiten. Der Mais aber würde wiederum den Rindern als Futter fehlen.

Bauernchef Triebs spricht im Namen aller Landwirte im Landkreis Bautzen, wenn er die Bevölkerung um ein paar einfache Dinge bittet: Spaziergänger und Pilzsammler dürfen keine Speisereste im Wald hinterlassen. Ebenso sollte es unterbleiben, Lebensmittel auf Komposthaufen zu entsorgen, die Wildschweine leicht erreichen können.

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