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Weihnachtsrede: Bundes-CDU distanziert sich von Bautzener Landrat

Eine Ansprache von Bautzens CDU-Landrat Udo Witschas schlägt hohe Wellen. Deutschlandweit reagieren Politiker auf den Inhalt entsetzt - nur Ministerpräsident Michael Kretschmer nicht.

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Mit einer recht unchristlich wirkenden Weihnachtsbotschaft macht Bautzens Landrat Udo Witschas (CDU) wieder Furore.
Mit einer recht unchristlich wirkenden Weihnachtsbotschaft macht Bautzens Landrat Udo Witschas (CDU) wieder Furore. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen/Dresden. Die Bundes-CDU hat die umstrittene Weihnachtsbotschaft des Bautzener CDU-Landrates Udo Witschas zur Unterbringung von Flüchtlingen scharf kritisiert.

"Wir distanzieren uns mit Nachdruck von der Wortwahl des Bautzener Landrates", sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja am Mittwoch in Berlin. Er äußerte sich ausdrücklich im Namen von Parteichef Friedrich Merz, des gesamten Vorstandes der Bundespartei "und der Christdemokratinnen und Christdemokraten in Deutschland".

Czaja betonte nach diesen Äußerungen: "Wir als Union haben eine ganz klare, eindeutige und zutiefst humane Haltung, die getragen ist von der Würde eines jeden Menschen, die auch in der Sprache unantastbar sein muss." Er ergänzte: "Menschen, die in unserem Land Schutz suchen, verdienen unsere Hilfe, unsere Fürsorge und werden mit Respekt und Anstand behandelt. Wir sind Demokraten und Christen und stehen zu unserer Verantwortung."

Im Gegensatz zu seinen Kollegen im Bund distanziert sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) jedoch nicht von den jüngsten Äußerungen des Bautzener Landrats und Parteifreundes Udo Witschas.

Vielmehr kritisierte Kretschmer am Mittwochnachmittag in Dresden, die Aussagen des Landrats seien "völlig aus dem Kontext gerissen und verkürzt wiedergegeben worden". Dadurch entstehe "ein völlig falscher Eindruck". Der Fall zeige einmal mehr, wie Nachrichten "instrumentalisiert" werden könnten.

Die Aussagen von Witschas seien im Kontext der Bemühungen in Hoyerswerda zu betrachten, wo die Suche nach einer neuen Asylunterkunft gescheitert war. Dort sei versucht worden, etwas zu finden, damit Flüchtlinge nicht in Turnhallen oder Einzelwohnungen untergebracht werden müssten. Das decke sich mit unseren Standards in Deutschland, sagte Kretschmer. "Wir wollen in Sachsen nicht, dass Turnhallen zur Unterbringung genutzt werden."

Auch auf mehrfache Nachfrage hin war Kretschmer nicht bereit, Kritik an Witschas zu üben. Als einer von mehreren stellvertretenden Parteivorsitzenden gehört Kretschmer selbst zum Vorstand der Bundes-Union - steht dort mit seiner Haltung aber offenbar allein.

Auch in einem Video des TV-Senders "Welt" spricht Kretschmer von einer verkürzten Darstellung, räumt aber ein, dass die Botschaft Witschas' "verstörend" wirke.

Auf die Forderung seiner Kabinettskollegen, Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) und Justizministerin Katja Meier (Grüne), sich von dem Landrat zu distanzieren, ging der Ministerpräsident aber mit keinem Wort ein. Dulig hatte zuvor gesagt, die Rede des Landrats dürfe nicht unwidersprochen bleiben. Die Sprache sei "zündelnd", es handle sich um eine Hassrede. Der Minister unterstellte dem Landrat auf Twitter gar eine "menschenverachtende Grundhaltung". Meier warf Witschas vor, Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde mit Füßen zu treten.

Der ebenfalls christdemokratische sächsische Ausländerbeauftragte Geert Mackenroth teite mit, er habe "keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die dezentrale Unterbringung von Schutzsuchenden den sozialen Frieden gefährdet". Diese Behauptung bediene und verstärke populistisches Gedankengut in Wortwahl wie Inhalt. Zudem erweise der Landrat dem Arbeitsmarkt im Kreis Bautzen einen Bärendienst. "Wer nicht willkommen ist, wird um diesen Kreis einen weiten Bogen machen."

CDU-Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow sagte, es sei "natürlich unser Ansinnen, im Ausland für den Freistaat zu werben, ihn als ein weltoffenes Land zu beschreiben". Insofern seien alle Aktivitäten, die das konterkarierten, abträglich. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe twitterte zu der Ansprache: "Als Mitglied der CDU schäme ich mich." Außenpolitikexperte Roderich Kiesewetter schrieb auf Twitter von einem "unchristlich und überheblich" wirkenden Landrat.

Witschas: Ich habe "auch noch keine Lösung"

In seiner auf Facebook veröffentlichten Weihnachtsrede versichert Witschas, er werde Flüchtlinge weder in Turnhallen noch in leerstehenden Wohnungen unterbringen. Das gefährde den sozialen Frieden und lasse den Sport bluten. Vor Weihnachten wolle er vor allem den Menschen aus dem Norden des Landkreises die Botschaft senden, es solle nicht der Sport das Nachsehen haben "und die Menschen in Mehrfamilienhäusern sollen sich auch nicht Gedanken machen, dass Menschen, die erst lernen müssen mit unserem Leben, unserer Gesellschaft klarzukommen, jetzt in unsere Wohnungen integriert werden und damit der soziale Frieden gefährdet ist".

Witschas hat in seiner gut zweieinhalbminütigen Rede betont, er wolle "absichtlich vor dem Weihnachtsfeste" kundtun, dass es weder seine Absicht noch die des Landratsamtes sei, den Schul- und Freizeitsport für diese Asylpolitik bluten zu lassen. "Das wollen wir mit allen Möglichkeiten vermeiden." Und er wolle nicht den Weg beschreiten, "dass Menschen, die zu uns kommen, die unsere Kultur nicht kennen, jetzt hier in frei stehende Wohnungen unterzubringen".

Gleichzeitig räumte der Landrat ein, dass jetzt im Kreis Bautzen die Frage im Raum stünde, wie man "der gesetzlichen Pflichtaufgabe zur Unterbringung von Flüchtlingen" gerecht werde. "Ich habe für das Problem, das uns jetzt bevorsteht, auch noch keine Lösung", sagte Witschas. Er bat die Bevölkerung um Geduld bei der Lösungssuche.

Eine Sprecherin des Landratsamts teilte am Mittwochnachmittag mit, der Landrat weise den "Vorwurf einer generellen Ablehnung der Unterbringung in aller Entschiedenheit" zurück. Das Landratsamt weise darauf hin, dass auf Facebook "eine stark reduzierte Fassung des Videos verwendet" worden ist, das "den eigentlich thematischen Kontext absichtlich ausspart". Von dieser "Verkürzung" schrieb auch Witschas selbst am Mittwochnachmittag in einem weiteren Kommentar auf Facebook.

Der Kreistag von Bautzen hatte Mitte Dezember die Eröffnung einer weiteren zentralen Asylunterkunft in Hoyerswerda abgelehnt. Ein Veto hat Witschas dagegen nicht eingelegt. Vielmehr betonte er in dem Video, diese Entscheidung bilde für ihn die Grundlage für sein weiteres Handeln "und ist meinerseits auch nicht anzuzweifeln". Bereits in der vergangenen Woche hatte die Bautzener CDU in der Kritik gestanden, nachdem die CDU im Kreistag von Bautzen einem Antrag der AfD zur Flüchtlingspolitik mehrheitlich zugestimmt hatte. Dabei ging es um Integrationsleistungen für Geflüchtete. (SZ/uwo/abi/ale/mja)