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Wo hat der Landratskandidat den Doktortitel her?

Tobias Jantsch will neuer Landrat im Kreis Bautzen werden. In der Vergangenheit hat er sich offenbar öfter als Doktor ausgegeben, als bislang bekannt.

Von David Berndt
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Der Kamenzer Unternehmer Tobias Jantsch tritt als Einzelbewerber bei der Landratswahl im Kreis Bautzen am 12. Juni an. Derzeit gibt es Vorwürfe gegen ihn wegen der Verwendung eines Doktortitels.
Der Kamenzer Unternehmer Tobias Jantsch tritt als Einzelbewerber bei der Landratswahl im Kreis Bautzen am 12. Juni an. Derzeit gibt es Vorwürfe gegen ihn wegen der Verwendung eines Doktortitels. © Matthias Schumann

Kamenz. Seit rund einer Woche steht der Vorwurf im Raum, dass Landratskandidat Tobias Jantsch einen falschen Doktortitel benutzt oder diesen nicht korrekt angegeben hat. So hat sich der Kamenzer Einzelbewerber und Inhaber eines Gesundheitszentrums in seinem Buch "Ich und meine Gesundheit" von 2016 sowohl im Vor- als auch im Nachwort als Dr. Tobias Jantsch ausgegeben.

Auf Anfrage erklärte er in der vergangenen Woche dazu, dass es sich um einen Ehrendoktortitel handele. Es sei ein Druckfehler, da der Zusatz "h. c." fehle. Dies bedeutet, honoris causa, also der Ehre wegen.

Wegen dieses Fehlers sei das Buch vom Markt genommen worden, so Jantsch. Bis vor Kurzem war es noch auf verschiedenen Plattformen erhältlich. Als PDF-Dokument stand das Buch in ähnlicher Form bis Anfang Mai als Download auf den Internetseiten von Jantschs Gesundheitszentrum Lavida Fitness bereit.

Titel offenbar nicht nur im eigenen Buch verwendet

Woher aber der Landratskandidat diesen Ehrendoktortitel habe, ist unklar. Entsprechende Fragen dazu ließ Tobias Jantsch Sächsische.de gegenüber bislang unbeantwortet. Doch Recherchen zufolge hat er seinen Doktortitel nicht nur in dem Buch verwendet.

So schrieb er etwa einen Facharzt in Kamenz 2015 als Dr. Jantsch an, um nach einem Kennenlernen und einer möglichen Zusammenarbeit zu fragen. Im selben Jahr meldete sich "Dr. Tobias Jantsch" offenbar für die Besichtigung eines Labors in einer Großstadt in Nordrhein-Westfalen an. In einem früher verwendeten Werbevideo endet der Sprecher mit diesen Worten: "Ihr Lächeln ist unsere Zukunft. Doktor Tobias Jantsch. Bewegen heißt Leben." Aber auch dazu wollte sich Tobias Jantsch gegenüber Sächsische.de nicht äußern.

Noch mindestens bis zum Herbst 2020 erklärte Tobias Jantsch auf den Internetseiten von Lavida Fitness: "Im August 2013 bekam ich einen Ehrendoktortitel (Dr. h. c.) verliehen. Auf diesen bin ich sehr stolz. Doch bin ich der Meinung, dass ein Titel niemals einen Menschen und sein Wesen beschreibt, sondern nur seine erbrachte Leistung." Doch worin diese Leistung besteht oder bestand, konnte Tobias Jantsch bislang nicht erklären und auch nicht, welche Einrichtung ihm diesen Titel verlieh.

Tobias Jantsch hat seinen Ehrendoktor vermutlich gekauft

In seinem Werdegang, den er auch als Landratskandidat veröffentlichte, sind etwa seine Ausbildungen als Verwaltungsfachangestellter oder Heilpraktiker aufgelistet. Da er sich aus Titeln nichts mache, habe Tobias Jantsch diesen nicht erwähnt, erklärte er vor Kurzem auf Nachfrage.

Nach Informationen von Sächsische.de gibt es eine Urkunde vom "RV Church & Institute Inc." in Miami, USA, die Tobias Jantsch als "Dr. h. c. of Ministry" ausweist. Sie stammt vom 15. August 2013. Wie leicht es ist, an so einen Titel zu kommen, hat etwa der Journalist Armin Himmelrath für den Spiegel getestet und dabei mehrere Angebote für käufliche Doktortitel geprüft. Demnach lässt sich für weniger als 100 Euro so ein Ehrendoktortitel kaufen. Laut dem Blog Czyskansky gab es besagte Ehrendoktorwürde vom "RV Church & Institute Inc." etwa 2014 für 49 Euro.

Da der Landratskandidat Nachweise bisher schuldig bleibt, scheint alles nur gekauft zu sein. Zudem hat Tobias Jantsch diesen Doktortitel in Sachsen offenbar auch falsch verwendet. In Sachsen bedarf es zwar laut dem Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SWMK) "keiner Genehmigung im Einzelfall".

Ministerium beurteilt Seriosität des Instituts nicht

Das Ministerium verweist aber auf die gesetzlichen Regelungen im Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz. "Ein ausländischer Ehrengrad, der von einer nach dem Recht des Herkunftslandes zur Verleihung berechtigten Hochschule oder anderen Stelle verliehen wurde, kann in der verliehenen Form unter Angabe der verleihenden Stelle geführt werden", heißt es dort in Paragraf 44. Das bedeutet, dass nicht nur das "h.c.", sondern auch das entsprechende Institut genannt werden müsste.

Zudem mache sich strafbar, wer "unbefugt inländische oder ausländische Amts- oder Dienstbezeichnungen, akademischen Grade, Titel oder öffentliche Würden führt", fügt das SMWK hinzu. Das sei im Strafgesetzbuch unter Paragraf 132a geregelt.

Wie es mit Urkunden des kirchlichen Instituts aus Miami aussieht, von dem Tobias Jantsch offenbar seinen Ehrendoktortitel gekauft hat, und ob es sich dabei um eine seriöse Einrichtung handelt, kann das SMWK nicht beurteilen.

Deutlich klarer hat sich etwa das Land Baden-Württemberg bereits im März 2016 in seinem "Merkblatt zur Führung ausländischer Grade, Titel und Bezeichnungen" geäußert. Von der Führung ausgeschlossen seien Ehrendoktorgrade, wenn die verleihende Hochschule nicht als Hochschule anerkannt sei oder kein Recht zur Vergabe des entsprechenden Grades nach Landesrecht besitze.

Als Beispiel steht dort etwa: "Ein von der ,RV Church & Institute Inc.‘ aus Miami, USA verliehener Ehrengrad ,Dr. h.c. of Ministry‘ kann nicht geführt werden, da die verleihende kirchliche Einrichtung den Status einer anerkannten Hochschule nicht vorweist."