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Wie philippinische Pfleger zu Fachkräften werden

Kliniken und Altenpflegeheime im Landkreis Bautzen setzen zunehmend auf Pflegekräfte aus dem Ausland. Doch das ist ein beschwerlicher Weg.

Von David Berndt
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Grace Anne Oblena und Jeffrey Tabucol arbeiten im Seniorenwohnheim "Am Belmsdorfer Berg" in Bischofswerda. Die ausgebildeten philippinischen Pfleger mussten aber in Deutschland trotz Fachabschluss erneut zur Prüfung.
Grace Anne Oblena und Jeffrey Tabucol arbeiten im Seniorenwohnheim "Am Belmsdorfer Berg" in Bischofswerda. Die ausgebildeten philippinischen Pfleger mussten aber in Deutschland trotz Fachabschluss erneut zur Prüfung. © Steffen Unger

Bischofswerda. Grace Anne Oblena und Jeffrey Tabucol sind angekommen in Bischofswerda. Seit Herbst 2021 arbeiten die beiden philippinischen Pflegekräfte im Seniorenwohnhaus „Am Belmsdorfer Berg“ der Oberlausitz Pflegeheim und Kurzzeitpflege GmbH (OLPK).

Bislang waren sie als Pflegeassistenten angestellt. Doch das wird sich bald ändern. Obwohl beide die Fachabschlüsse „Bachelor of nursing“ nach vierjähriger Ausbildung aus ihrem Heimatland mitbringen, mussten diese in Deutschland erstmal anerkannt werden. „Die Sprache ist dabei das Schwierigste“, sagen beide. Das gelte vor allem, wenn Patienten oder Kollegen mit Dialekt sprechen. Doch nun haben beide ihre Prüfungen bestanden und können bald ihre neuen Arbeitsverträge als Fachkräfte unterschreiben.

Darüber ist auch Anja Sachs froh. Die Ausbildungsbeauftragte der OLPK weiß, wie viel Arbeit, Zeit und Geduld in diesem Prozess stecken. Aufgrund unterschiedlicher Ausbildungsinhalte zwischen der deutschen und philippinischen Gesundheitspflege hat der Kommunale Sozialverband (KSV) festgelegt, welche Themen besonders intensiv behandelt werden sollen.

Anerkennung ausländischer Abschlüsse dauert Monate

Neben der Vorbereitung auf die Prüfungen und der Arbeit im Pflegeheim mussten Grace Anne Oblena und Jeffrey Tabucol noch drei Monate lang einen berufsbezogenen Sprachkurs absolvieren. Das Pensum: drei Stunden täglich. „Und dann muss jeder seine Prüfung und Zulassung beim KSV beantragen, inklusive Führungszeugnis und medizinischen Unterlagen. Jetzt warten wir auf die Berufsurkunden. Erst danach können wir die Arbeitsverträge fertigmachen und ans Ausländeramt schicken“, sagt Anja Sachs.

Rund 20 Monate nach der Ankunft in Deutschland könnten die philippinischen Mitarbeiter das werden, worauf die Branche hier immer mehr setzt: zugewanderte Fachkräfte. OLPK-Geschäftsführer Sascha Bock reagiert damit auf den demografischen Wandel. Viele seiner Mitarbeiter gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand, aber es kommt zu wenig Nachwuchs. „Dieses Problem werden wir nicht ausschließlich mit ausländischen Mitarbeitern lösen können, aber es ist eine Ergänzung“, so Bock. Er wünscht sich allerdings eine schnellere Anerkennung der ausländischen Abschlüsse.

Pfleger absolvieren bereits in der Heimat einen Sprachkurs

Bei den philippinischen Mitarbeitern gehe die OLPK in Vorleistung und ein finanzielles Risiko ein. Eine Agentur rekrutiert potenzielle Pfleger, die bereits auf den Philippinen einen Sprachkurs inklusive grundlegenden Informationen zur Kultur und Gesellschaft in Deutschland absolvieren. Insgesamt koste es einen hohen vierstelligen Betrag pro ausländischem Mitarbeiter. „Wir investieren damit in das Versprechen, das sie mal als Fachkräfte bei uns arbeiten“, erklärt Sascha Bock.

Die OLPK müsse sich dann um die philippinischen Kollegen kümmern, wenn diese in Bischofswerda sind, etwa bei der Wohnungssuche helfen. Mittlerweile machen sie das alleine. „Der ganze Aufwand ist nötig, damit sie sich auch wohlfühlen und hoffentlich hierbleiben.“ Denn nach der Anerkennung ihrer Abschlüsse könnten sie auch woanders arbeiten. Bei Grace Anne Oblena und Jeffrey Tabucol sieht es gut aus. Beide wollen die neuen Angebote der OLPK annehmen.

Sie seien auch wegen der besseren Bezahlung nach Deutschland gekommen. Dass Jeffrey Tabucol überhaupt in der Pflege gelandet ist, hat nicht nur etwas mit der Aussicht auf ein gutes Gehalt im Ausland zu tun. „Ich bin mit meinen Großeltern aufgewachsen und möchte die Bewohner hier behandeln wie sie.“

Zwölf philippinische Pfleger für Bischofswerda

Zwölf Pfleger und Pflegerinnen habe die OLPK von den Philippinen nach Bischofswerda geholt. Sieben hätten ihre Prüfungen bestanden, zwei davon die neuen Beschäftigungsangebote der OLPK als Fachkräfte bereits angenommen. Bei einer Mitarbeiterin stehe die mündliche Prüfung noch aus. Vier seien durchgefallen und müssen wiederholen. „Es ist eine anspruchsvolle Ausbildung, dazu die Sprache und die Aufregung. Wir gehen davon aus, dass sie es im zweiten Versuch schaffen“, sagt Sascha Bock.

Beim Westlausitzer Gegenstück zur OLPK, der WLPK, sind vier philippinische Pfleger durch den Prozess der Anerkennung gegangen, sagt Anja Sachs. Sie bekommen Angebote für die Seniorenzentren in Pulsnitz und Ohorn. „Wir hoffen, dass alle die Angebote annehmen.“

Auch Kliniken setzen auf ausländische Pflegekräfte

Im Landkreis Bautzen setzen nicht nur OLPK und WLPK auf Pfleger von den Philippinen. In der Radeberger Asklepios Klinik sind ebenfalls philippinische Mitarbeiter tätig. Wie ihre Landsleute in Bischofswerda haben viele von ihnen bereits in Saudi-Arabien gearbeitet und bringen somit Auslandserfahrung mit.

Anlässlich des Tages der Pflege am 12. Mai betonte die Agentur für Arbeit Bautzen, dass die Einwanderung ausländischer Arbeits- und Fachkräfte immer wichtiger werde und sie Unternehmen bei der Suche unterstütze. So helfe sie etwa der Vamed-Klinik in Pulsnitz. Diese rekrutiert seit 2019 Pfleger aus Brasilien. Jetzt sei ein weiteres Projekt mit Georgien angeschoben worden.