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SOS aus dem Katzenhaus

Immer mehr Katzen landen im Landkreis Bautzen in Tierheimen und Pflegestellen. Woran das liegt und wie die Tierschützer damit umgehen.

Von Miriam Schönbach
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Die Findlinge Kasimir (l.) und Leopold suchen gemeinsam ein neues Zuhause. Zurzeit werden sie in einer Pflegestelle des Tierschutzvereins Bischofswerda betreut, dessen zweite Vorsitzende Claudia Nocke ist.
Die Findlinge Kasimir (l.) und Leopold suchen gemeinsam ein neues Zuhause. Zurzeit werden sie in einer Pflegestelle des Tierschutzvereins Bischofswerda betreut, dessen zweite Vorsitzende Claudia Nocke ist. © Steffen Unger

Bischofswerda. Kasimir und Leopold toben ausgelassen durch Manja Gumperts Wohnung in Bischofswerda. „Als ich die zwei Kater bekam, waren sie nur wenige Wochen alt, mit Fliegenmaden übersät und total durchgefroren. Ihre Schwester konnten wir leider nicht mehr retten“, sagt die Vorsitzende des Tierschutzvereins Bischofswerda. Aus einer Mülltonne waren die Winzlinge, die jemand achtlos weggeworfen hatte, Anfang Oktober geborgen worden.

In einem Haus in der Kleinen Töpfergasse finden die ausgesetzten Findlinge wie schon viele vor ihnen ein Quartier auf Zeit. Doch inzwischen gibt es immer mehr Fellnasen-Streuner. Die beiden Racker jedenfalls suchen nun ein neues Zuhause. Weiß-Füßling Leopold versteckt sich in einer Tunnelröhre, während sich Kasimir seinen perfekten Ausschauplatz auf einem Kratzbaum sucht.

Sechs weitere, bereits größere Katzen leben in Gumperts Haushalt. „Die Kleinen habe ich mit der Flasche großgezogen. Wir würden sie deshalb nur als Wohnungskatzen vermitteln“, sagt die 48-Jährige.

Zehn Pflegestellen rund um Bischofswerda

Gemeinsam mit Vereinsmitglied Claudia Nocke beobachtet sie seit gut zwei Jahren wieder eine steigende Katzenpopulation. Auch wegen der oft milden Temperaturen in den kalten Jahreszeiten habe sich das Verhalten der Tiere verändert. Die klassischen Mai- und Herbstkatzen – Stoppelkatzen, wie sie Gumpert nennt – gebe es schon lange nicht mehr. „Zudem überlassen viele Halter die Tiere sich selbst und kastrieren sie nicht“, sagt die Vereinsvorsitzende.

Da es in Bischofswerda kein Tierheim gibt, vermittelt der Verein die Fundtiere in zehn Pflegestellen. Alle Katzen-Adoptiveltern kümmern sich zeitweise in Summe um bis zu 25 Tiere. Vor dem Einzug gibt es einen Tierarztcheck, vor der Vermittlung lässt der Verein alle Katzen kastrieren.

Mehrere Tausend Euro haben die Schiebocker Tierschützer allein im vergangenen Jahr für die medizinische Versorgung ihrer Schützlinge in die Hand genommen, ein Großteil kommt über Spenden in die Kasse. Ein langjähriger Partner ist das Unternehmen Fiedler Maschinenbau und Technikvertrieb aus Schmölln-Putzkau.

Auch sozial schwächeren Haustier-Besitzern greife der Verein finanziell für Tierarzt-Besuche unter die Arme greifen. „Wir sind sehr dankbar, dass sich immer wieder Tierfreunde finden, die uns unterstützen. Aber jetzt ist das Konto leer“, sagt Manja Gumpert.

Immer mehr unvermittelbare Tiere in Hoyerswerda

Doch nicht nur in Bischofswerda und Umgebung gibt es eine regelrechte „Katzenschwemme in den Wintermonaten“, wie es Christina Koch, die Leiterin des Hoyerswerdaer Tierheims nennt. „Wir haben derzeit 195 Katzen in unseren Zimmern. Fünf Tiere konnte ich am 8. Januar vermitteln, zwei, drei neue Funde sind gleich wieder hereingekommen, darunter ein schwerverletzter junger Kater mit Beckenfraktur“, sagt sie.

Ihr Haus verlassen nur kastrierte, gechipte und geimpfte Tiere. Jeder Interessent erhält ein ausführliches Gespräch über Katzenpflege und Verantwortung gegenüber den Tieren. „Jeder sollte es sich gründlich überlegen, wenn er sich ein Tier anschafft“, sagt Koch. Deutschlandweit gibt es schätzungsweise zwei Millionen freilebende, herrenlose Katzen.

Auch Kochs Beobachtung ist, dass allerorts mehr herrenlose Maunzer herumstreunen. „Wir versuchen seit gut 30 Jahren, für einen anderen Umgang mit den Katzen zu werben. Ich habe aber das Gefühl, dass unsere Arbeit nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Wenn wir Glück haben, kommt mit den Würfen auch die Katzenmutter mit, die wir dann gleich kastrieren lassen“, sagt sie. Trotzdem ist sie nicht gänzlich hoffnungslos. Besonders viele ihrer Tierheim-Miezen vermittelt sie Richtung Dresden und sogar Berlin. Trotzdem würden Jahr für Jahr immer mehr Unvermittelbare übrigbleiben.

Tierheim Bloaschütz vermittelt 122 Katzen

Katrin Zorn und ihre Kollegen im Tierheim Bautzen-Bloaschütz betreuen rund 20 ältere Katzen als Dauergäste im Freigehege. „Dazu haben wir 70 Jungtiere in der Vermittlung“, sagt sie. Die Erfahrung zeige, dass die Leute lieber die süßen Minis als ältere, vielleicht sogar kranke oder gehandicapte Tiere nehmen.

Im vergangenen Jahr seien 122 Katzen vermittelt worden, mit wenig Rücklauf. Dieses Problem gebe es eher bei Hunden, wo die Halter häufig falsche Erwartungen hätten oder eben dann doch weniger Zeit als gedacht. Auch in Bloaschütz wurden im Januar schon fünf junge Miezen abgegeben. Doch Zorn ist zuversichtlich, dass sie ein neues Zuhause finden.

Kasimir und Leopold holen sich indes bei den Katzeneltern Manja Gumpert und Claudia Nocke erstmal schnell ein paar Streicheleinheiten ab, bevor sie ihre Spielstunde fortsetzen. „Unsere Tiere sind gechipt, geimpft, entwurmt und gesund. Die Beiden würden wir gern im Doppel in liebevolle Hände abgeben“, sagt Gumpert. Ansonsten wünschen sich die Tierschützer, dass neue Katzenpopulationen schnell gemeldet werden, um vor dem neuen Wurf reagieren zu können. Die beiden Findlinge aber suchen sich jetzt einen erhöhten Platz und stecken ihre Nasen ins Fell. Schlafenszeit in der Kinderstube von Kasimir und Leopold.

Tierschutzverein Bischofswerda, Telefon 0162 1910474, E-Mail: [email protected];

Tierheim Bautzen, Telefon 035937 80290, E-Mail: [email protected],

Tierheim Hoyerswerda, Telefon 03571 428180