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Ex-BFV-Trainer Schmidt: „Es war ein richtiger Cut“

Erik Schmidt war acht Jahre Trainer in Bischofswerda. Im Sommer verließ er den BFV und übernahm einen neuen Job. Ein Interview.

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Hier war Erik Schmidt noch BFV-Trainer und guter Dinge.
Hier war Erik Schmidt noch BFV-Trainer und guter Dinge. © Archiv: Rocci Klein

Bischofswerda. Bis 2013 arbeitete Erik Schmidt als Trainer im Nachwuchsbereich der SG Dynamo Dresden. Danach folgte seine erste Station im Männerbereich. Der heute 42-Jährige übernahm den Bischofswerdaer FV, der damals in der Landesliga unterwegs war. Acht Jahre blieb Schmidt bei den Schiebockern, „überlebte“ sogar eine zwischenzeitliche Beurlaubung. In ein paar Jahren wird man den Familienvater in einem Atemzug mit Horst Rau oder Jörg Bär nennen, die als Trainer tiefe Spuren in Bischofswerda hinterließen. Schmidt führte den BFV bis in die Regionalliga. Im Sommer verließ er den Verein. Mit ein paar Monaten Abstand blickt er noch einmal zurück.

Herr Schmidt, die erste Frage in diesen Zeiten ist fast immer gleich: Wie geht es Ihnen und Ihrer Familie?

Danke, wir alle, also Frau, Kind und ich, sind wohlauf. In unserem Umfeld sind zwar einige Corona-Fälle aufgetreten, aber das ist ja nichts Ungewöhnliches.

Sie waren bis Mitte dieses Jahres im Hauptjob als Fuhrparkleiter tätig. Stimmt es, dass Sie den Arbeitgeber gewechselt haben?

Ja – und da hat die Corona-Pandemie vielleicht auch mitgewirkt. Man hat sich in der Zeit des Lockdowns mit Dingen befasst, die sonst zu kurz kamen. Dazu gehörte auch die berufliche Ausrichtung. Seit einigen Monaten bin ich als Logistikleiter bei der Firma Jungheinrich in Klipphausen tätig. Es war ein richtiger Cut.

Sie haben den Trainerjob selbst in der 4. Liga nebenbei betrieben. War das beim neuen Arbeitgeber nicht möglich?

Ich wollte mich die ersten Monate ausschließlich auf den neuen Job konzentrieren. Die Umstellung war groß und die Fußballpause kam zum richtigen Zeitpunkt.

Wer Sie kennt, weiß, dass Sie ohne Fußball höchstens ein, zwei Wochen leben können. Gibt es einen neuen Verein?

Den gibt es, aber ich habe immerhin zwei Monate ohne den Fußball ausgehalten. Jetzt bin ich beim SC Borea. Dort war ich vor meiner Zeit als Dynamo-Nachwuchscoach auch schon einmal.

Was machen Sie bei Borea?

Anfangs war das eine Art Beratertätigkeit und ein wenig Koordinierung zwischen U 17, U 19 und Männerbereich. Auch die Anleitung der Übungsleiter gehörte dazu.

Und jetzt?

Aktuell stehe ich auch wieder als Trainer an der Seitenlinie, habe die U 17-Regionalliga-Mannschaft von Christian Fröhlich übernommen. Im Moment ruht der Trainings- und Spielbetrieb allerdings erneut, da in Sachsen gegenüber anderen Bundesländern andere Regeln gelten.

Was denken Sie darüber?

Ein Thema, bei dem ich mich in Rage reden kann. Ich finde es unverantwortlich, Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre trainieren zu lassen, 17- und 18-Jährige aber auszuschließen. Diese Jahrgänge waren durch die Corona-Pandemie schon erheblich benachteiligt und werden es weiterhin. Es begreift doch kein Mensch, dass innerhalb einer U 17-Mannschaft die jüngeren Jahrgänge trainieren dürfen, die älteren aber nicht.

Gibt es im Rückblick ein besonderes BFV-Spiel – egal, ob negativ oder positiv – das Ihnen auf Anhieb einfällt?

Ja, das 0:8 in Nordhausen im August 2019 in der Regionalliga. Das hat richtig wehgetan. Wir haben uns damals gemeinsam, also Spieler und Trainerduo, für eine Strategie entschieden, die nach hinten losging. Die meisten Trainer stellen dann um und die Spieler sich hinten rein, um Schlimmeres zu verhindern. Wir aber sind weiter ins offene Messer gelaufen.

Und der emotionalste Moment?

Der Regionalliga-Aufstieg 2018 war eine Riesensache, fünf Jahre nachdem ich in der Landesliga als Trainer angetreten war und nach wenigen Monaten schon an Rücktritt gedacht hatte. Aber es gibt ein Spiel, das noch alles übertrifft. Im Juni 2015 gewannen wir bei Chemie Leipzig mit 1:0, was praktisch gleichbedeutend mit unserem Aufstieg in die Oberliga war. Knapp 3.000 Zuschauer sorgten im Kunze-Sportpark für eine Riesenstimmung. Dann kassierten wir nach einer Stunde noch eine Gelb-Rote Karte, gewannen aber durch ein Freistoßtor von Eric Bachmann. Unbeschreiblich, was danach auf dem Rasen, in der Kabine und auf der Heimfahrt los war.

In der Saison 2017/18 verloren Sie mit Ihrer Mannschaft in der Oberliga nur zwei von 30 Punktspielen und stiegen auf. Ein Jahr später waren es 20 Niederlagen in 34 Regionalligapartien. Wie schwierig ist es, sich trotzdem an seinem Fußball-Job zu erfreuen?

Es ist schwierig, aber am Ende war der Klassenerhalt ein Riesenerfolg und aus meiner Sicht noch höher einzuschätzen als der Aufstieg in die vierte Liga. Aber für die Spieler war es schon brutal. Die wussten praktisch gar nicht mehr, wie verlieren geht. Aber Regionalliga ist völlig anders als Oberliga. Der Unterschied ist riesig und wird immer größer, da die Viertliga-Mannschaften mehr und mehr zu Profi-Teams werden.

Mit etwas Abstand: Waren acht Jahre auf der BFV-Trainerbank zu lang?

Sie wissen ja, es ist oft schwer loszulassen. Man hat etwas aufgebaut und hängt daran. Ja, vielleicht waren es ein, zwei Jahre zu viel. Mit dem Weggang von Trainer Mirko Ledrich, mit dem ich viele Jahre eng zusammengearbeitet hatte, ging ein Stück Identität verloren.

Und Ihre Beurlaubung?

Die fand ich gewöhnungsbedürftig, aber der Verein hat diesen Schritt revidiert. Und bevor Sie mich fragen, nein, ich bereue es nicht, nach der Beurlaubung wieder beim BFV auf die Bank zurückgekehrt zu sein. Es war eine Art Genugtuung für mich. Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe. Aber wer macht die nicht? Meine Arbeit nur an Ergebnissen festzumachen, war falsch. Der Verein hat mit seinem Rückzug in die Oberliga den richtigen Schritt vollzogen. Mit einem Etat von 300.000 oder 400.000 Euro hält man die Regionalliga auf Dauer nicht.

Das Gespräch führte Jürgen Schwarz.