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Tafel Bischofswerda in Not - Unklare Lage beim Trägerverein

Die Tafel Bischofswerda unterstützt Bedürftige mit Lebensmitteln - und ist jetzt selbst auf Hilfe angewiesen. Die Stadt ruft zu Spenden auf. Das sind die Gründe dafür.

Von Miriam Schönbach
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Da war die Welt noch in Ordnung: Stephan Trutschler (r.) überreicht im Oktober 2022 im Namen der Edeka-Gruppe eine Spende an Bischofswerdas Tafelchef Ferenc Radocha (l.). Mit dabei waren auch Susanne Paul vom Demokratischen Frauenbund und OB Holm Große.
Da war die Welt noch in Ordnung: Stephan Trutschler (r.) überreicht im Oktober 2022 im Namen der Edeka-Gruppe eine Spende an Bischofswerdas Tafelchef Ferenc Radocha (l.). Mit dabei waren auch Susanne Paul vom Demokratischen Frauenbund und OB Holm Große. © Archivfoto: Steffen Unger

Bischofswerda. Auf den Fotos im Oktober 2022 scheint die Welt noch in Ordnung. Ferenc Radocha von der Tafel Bischofswerda, Susanne Paul vom Demokratischen Frauenbund (dfb) und der Bischofswerdaer Oberbürgermeister Holm Große freuen sich über eine Spende des Handelsunternehmens Edeka für die soziale Einrichtung in der Stadt. Doch nun hat sich das Bild deutlich verkehrt: Wie die Stadtverwaltung mitteilt, braucht die Bischofswerdaer Tafel selbst dringend Hilfe. Tafelchef Ferenc Radocha habe sich mit einem Notruf an den OB gewandt.

In einem Facebook-Post der Stadt heißt es: „Die Finanzlage ist aktuell existenzbedrohend.“ Gemeinsam mit dem Landesverband der Tafeln in Sachsen bitte man um Geldspenden für den Erhalt des Angebots für Bedürftige. Wie konnte es dazu kommen?

Bisheriger Träger der Tafel in Bischofswerda ist der Demokratischen Frauenbund, genauer gesagt: der dfb-Regionalverband Sachsen Ost. Dieser soll sich nach Informationen von Sächsische.de in einer wirtschaftlichen Schieflage befinden.

Bischofswerdaer Tafel war schon einmal in Not

Stephan Trutschler, Landesvorsitzender der sächsischen Tafeln, weiß noch nichts Genaues zum Hintergrund. „Nur gerüchteweise haben wir bisher erfahren, dass es Unregelmäßigkeiten in der Vereinsführung gegeben haben soll.“ Eine verantwortliche Mitarbeiterin im dfb-Regionalverband soll im März 2024 beurlaubt worden sein. Ferenc Radocha, langjähriger Tafelchef in Bischofswerda, sei der neue Ansprechpartner. Der dfb-Regionalverband gibt zu den Vorgängen keine Auskunft.

Die Tafel Bischofswerda besteht seit 2002. Acht Jahre später stand den Tafel-Mitarbeitern in Bischofswerda schon mal das Wasser bis zum Hals. Damals musste der vorherige Träger, der Demokratische Frauenbund Sachsen, einen Insolvenzantrag stellen. Dessen Nachfolgeverein, der dfb-Regionalverband Sachsen Ost, übernahm 2010 die Einrichtung. Auch die Tafeln in Heidenau, Pirna und Neustadt/Sachsen und weitere soziale Einrichtungen in der Region arbeiten unter dem dfb-Dach.

Tafel Bischofswerda gibt weiterhin Lebensmittel aus

Der Landesverband der sächsischen Tafeln indes fungiert nicht als Träger, sondern als Ansprechpartner für Politik und Wirtschaft und unterstützt die Tafeln vor Ort mit praktischer Hilfe. „Als wir die Informationen über Probleme beim dfb-Regionalverband erhielten, haben wir uns die Frage gestellt, welche Auswirkungen hat das auf unsere Tafeln“, sagt Stephan Trutschler. Zum Glück erstmal keine, lautet die vorläufige Einschätzung des Freitaler, der erst seit Mitte März 2024 ehrenamtlicher Vorsitzender des Landesverbands ist. Die praktische Arbeit, die Annahme und das Ausgeben der Lebensmittel an Bedürftige würden trotz der unklaren Lage beim Trägerverein weiterlaufen.

Trotzdem ist die Lage schwierig, die Einnahmen der Tafel wurden seinen Worten zufolge immer sofort an den Verein überwiesen, so dass es nun Schwierigkeiten gibt, die laufenden Kosten, wie die Miete für die Räume im ehemaligen Sporthotel in Bischofswerda, zu decken. Deshalb reagiert die Stadt: „Wir haben einen Mietvertrag mit der Tafel. Wir prüfen jetzt, ob wir die Miete für drei Monate aussetzen können. Die Tafel bereitet gerade den Antrag vor“, sagt Stadtsprecher Sascha Hache. Die Betriebskosten würden aber weiterlaufen, zugleich versuche die Stadt mit dem Facebook-Aufruf Spenden zu akquirieren.

Tafel Bischofswerda versorgt wöchentlich 300 Menschen

In Trägerschaft des dfb-Regionalverbands sind in Bischofswerda auch das Sozialkaufhaus und die Kleiderkammer, von dort sei noch kein Hilferuf gekommen. „Wir versuchen aber alles möglich zu machen, was möglich ist“, sagt der Stadtsprecher. Auch Sachsens Tafelchef Stephan Trutschler hofft auf eine schnelle Klärung aller offenen Fragen mit wenig Auswirkungen auf die vier Tafeln in Bischofswerda, Heidenau, Pirna und Neustadt. „Wir stehen im Moment in Habt-Acht-Stellung und warten auf Nachrichten, um gegebenenfalls sofort zu helfen. Oberstes Ziel ist es, dass die Tafeln weiter ihrer Arbeit machen können“, sagt er.

Ganz konkret in Bischofswerda heißt das: Die Tafel kümmert sich wöchentlich nach Angaben der Stadt um 300 Personen, darunter 80 Familien und 50 Rentner. Im schlimmsten Fall - der Insolvenz des Trägervereins - müsse so schnell wie möglich ein neuer Verein gegründet werden, so der sächsische Tafelchef. „Mein Appell geht aber an die Handelsketten und Discounter, der Tafel weiter Lebensmittel zu überlassen und jetzt nicht ins Gegenteil zu verfallen, also die Lieferungen einzustellen, bis alles geklärt ist.“

Seit dem Jahr 2006 unterstützt der Landesverband Tafel Sachsen jährlich rund 200.000 von Armut betroffene Bürger im Freistaat Sachsen regelmäßig mit Lebensmittelspenden. Bundesweit gibt es mehr als 960 Tafeln mit rund 2.000 Ausgabestellen. Diese verteilen Lebensmittelspenden von Supermärkten und regionalen Produzenten an Bedürftige. Damit können nach Angaben des Tafel-Bundesverbandes jährlich 265.000 Tonnen Lebensmittel gerettet und ungefähr 1,5 Millionen Tafelgäste bedient werden. Der sächsische Tafel-Verband vereint 45 Tafeln im Freistaat.

Spenden für die Tafel Bischofswerda:
Tafel Bischofswerda
IBAN: DE81 8555 0000 1099 9800 26
BIC: SOLADES1BAT
Kreissparkasse Bautzen
Verwendungszweck: Spende Tafel