Merken

Täglich mittendrin in der Corona-Krise

Normalerweise kümmert sich Silke Hering um die Patienten der Orthopädie. Doch Ende März ist sie kurzerhand zur Leiterin der Corona-Station in Meißen geworden.

Von Kevin Schwarzbach
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Silke Hering leitet derzeit die Corona-Station im Elblandklinikum Meißen.
Silke Hering leitet derzeit die Corona-Station im Elblandklinikum Meißen. © Claudia Hübschmann

Meißen. Für Silke Hering hat sich in den vergangenen Wochen nahezu alles verändert. Normalerweise leitet die 49-Jährige die Station 6 für Orthopädie am Elblandklinikum Meißen. Doch diese Station wurde in der Corona-Krise vorübergehend als Covid-19-Station umfunktioniert. Und Silke Hering ist seit dem ersten Tag mittendrin in dieser Krise – die 49-Jährige hat kurzerhand die Leitung der Corona-Station am Elblandklinikum in Meißen übernommen.

"Für mein Team und mich war das eine riesige Herausforderung", sagt Silke Hering. "Unser komplettes berufliches Umfeld hat sich von einem Tag auf den anderen verändert, alle Dienstpläne waren nichtig." Statt mit Menschen mit neuen Hüften beschäftigt sich Hering seither mit Corona-Patienten, welche zum Großteil internistische Krankheitsbilder, beispielsweise Pneumonie, Herzrhythmusstörungen oder Niereninsuffizienzen aufzeigen, die aber kein Fall für die Intensivstation sind. Gemeinsam mit ihrem 14-köpfigen Team ist sie für die Pflege, die Versorgung und die Ausführung ärztlicher Verordnungen, etwa Blutentnahmen, das regelmäßige EKG-Schreiben und die Überwachung der Patienten, zuständig. "Das sind Tätigkeiten, mit denen wir vorher eher seltener zu tun hatten. Jetzt können wir sie bald wie im Schlaf", sagt Silke Hering.

Schutz der Mitarbeiter geht vor

Doch die Arbeit auf der Corona-Station birgt noch weitere Herausforderungen, die es zu meistern gilt. "Wir arbeiten unter strengen Hygienemaßnahmen", erzählt Silke Hering, die seit 2011 Stationsleiterin ist. "Niemand darf ein Patientenzimmer ohne Schutzausrüstung betreten." Und so kann das Ankleiden schon mal bis zu sieben Minuten dauern. Neben dem Mundschutz müssen auch Handschuhe und ein Kittel angezogen werden. Da die Kittel hinten verschlossen werden, müssen sich die Schwestern auf der Station gegenseitig helfen.

"Als Stationsleiterin bin ich da natürlich immer hinterher und schaue, ob auch alles wirklich dicht ist", erzählt Silke Hering. Ihr Team sei davon anfangs sicherlich genervt gewesen. "Doch der Schutz der Mitarbeiter steht an erster Stelle." Deshalb habe man sich auch von den Krankenhaushygienikern beraten lassen, zudem überall auf der Station Aushänge mit den wichtigsten Hygieneregeln aufgehangen. "Damit wir die Abläufe wirklich verinnerlichen", sagt Hering.

Das Elblandklinikum in Meißen beherbgert nicht nur eine Corona-Ambulanz, in der Tests durchgeführt werden, sondern auch eine Corona-Station sowie eine Station für Corona-Intensivpatienten.
Das Elblandklinikum in Meißen beherbgert nicht nur eine Corona-Ambulanz, in der Tests durchgeführt werden, sondern auch eine Corona-Station sowie eine Station für Corona-Intensivpatienten. © Eric Weser

Die Gefahr schwingt dennoch immer mit. Auch Silke Hering und ihr Team wissen, dass es selbst mit Schutzausrüstung keinen einhundertprozentigen Schutz geben kann. Die Angst, sich mit dem neuartigen Coronavirus anzustecken, spiele bei der Arbeit aber kaum eine Rolle, sagt Silke Hering. Zwar sei man auf der Corona-Station der Ansteckungsgefahr so nahe wie kaum jemand anders. "Aber wir wissen immerhin, womit wir es zu tun haben", so die 49-Jährige. Im Alltag sei das dagegen viel schwieriger einzuschätzen, beim Einkaufen zum Beispiel. "Wir sind im Ernstfall darauf vorbereitet."

Privatleben zurückgestellt

Doch die Arbeit auf der Corona-Station birgt nicht nur zahlreiche Herausforderungen und Gefahren, sondern bringt auch Einschränkungen mit sich. "Jeder im Team hat einen Teil seines Privatlebens vorerst zurückstellen müssen", sagt Silke Hering. Das hängt einerseits damit zusammen, dass jetzt mehr Personal gebraucht wird als sonst in der Orthopädie. "Auch in der Nacht kann eine Schwester nicht mehr allein arbeiten, da sie immer jemanden braucht, der ihr zuarbeitet oder hilft." Ihr Team zeige dabei aber eine enorm hohe Flexibilität und Einsatzbereitschaft, lobt Stationsleiterin Hering.

Andererseits falle das Privatleben auch aufgrund der Ansteckungsgefahr derzeit etwas mager aus. "Viele von uns haben Eltern oder einen Mann, die zur Risikogruppe gehören", sagt Silke Hering. Gerade von jemandem, der auf der Corona-Station arbeitet, sollten diese Personen derzeit aber lieber Abstand halten. "Ich habe meiner Mutter auch sofort gesagt, dass wir uns jetzt vorerst nicht mehr sehen können und absolute Distanz halten müssen", so die 49-Jährige. Das sei zwar hart, aber nötig.

Stationsleiterin Silke Hering in ihrer Schutzausrüstung. Für das Anziehen braucht sie bis zu sieben Minuten. Ohne Hilfe von den Kolleginnen geht dabei nichts.
Stationsleiterin Silke Hering in ihrer Schutzausrüstung. Für das Anziehen braucht sie bis zu sieben Minuten. Ohne Hilfe von den Kolleginnen geht dabei nichts. © privat

Dabei wäre ein privater Ausgleich gerade jetzt für Silke Hering und ihr Team wichtiger denn je. Denn mit der Arbeit auf der Corona-Station ist auch die psychische Belastung gestiegen. "Wir sind jetzt viel häufiger mit dem Tod konfrontiert als sonst", sagt Hering. Je nach Patientenverfügung müsse man beim Sterben der Patienten mehr oder weniger zusehen. "Wir versuchen aber, die Angehörigen trotz der aktuellen Situation auf würdevolle Weise Abschied nehmen zu lassen."

Doch auch wenn die Arbeit auf der Corona-Station eine Herausforderung ist: Silke Hering ist froh, dass sie einen Beitrag zur Bekämpfung des Virus leisten kann. Langfristig wünscht sie sich aber ihre Arbeit in der Orthopädie zurück. "Wir wissen nicht, wie lange die Situation andauern wird", sagt Hering. "Aber meine Orthopädie hätte ich schon gern wieder."

Und dort werden Silke Hering und ihr Team dann mit reichlich neuem Wissen im Gepäck arbeiten. "Wir sehen die Krise als Chance, uns weiterzuentwickeln und Neues hinzuzulernen", sagt die Stationsleiterin. "Wir können mittlerweile vieles, mit dem wir sonst nicht in Berührung gekommen wären. Das hilft natürlich bei der alltäglichen Arbeit." Doch bis der wirkliche Stationsalltag wieder einkehrt, kann es noch dauern. Bis dahin stellen sich Silke Hering und ihr Team weiter den ständig neuen Herausforderungen auf der Corona-Station.

Zum Thema Coronavirus im Landkreis Meißen berichten wir laufend aktuell in unserem Newsblog!