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Ohne Corona-Test kein Arzttermin

Hans-Giso Richter aus Ebersbach soll beim Facharzt den Negativ-Befund vorlegen. Damit beginnt eine Odyssee. Die Ärzte-Hotline will ihn gar ins Erzgebirge schicken.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Hans-Giso Richter aus Ebersbach sucht händeringend nach einer Möglichkeit, einen Coronatest machen zu können. Aber niemand fühlt sich zuständig.
Hans-Giso Richter aus Ebersbach sucht händeringend nach einer Möglichkeit, einen Coronatest machen zu können. Aber niemand fühlt sich zuständig. © Matthias Weber

Wenn er doch endlich diese Schmerzen los wäre. Seit über einem Jahr plagt Hans-Giso Richter eine Entzündung am Fuß. Nach allerhand Arztbesuchen, die das Problem nicht lösen konnten, hat der Rentner aus Ebersbach nun eine Überweisung zur Bestrahlung in eine Praxis in der Region bekommen. Zwei Monate hat er auf den Termin dort gewartet, der Mitte Dezember endlich stattfinden sollte. Wahrnehmen konnte er ihn nun aber nicht - gewissermaßen kam Corona dazwischen.

"Zwei Tage vorher rief mich die Praxis an, ich müsse einen aktuellen Corona-Test mitbringen", erzählt der 75-Jährige. Die Praxis begründete das damit, dass dort auch viele sehr schwer Kranke ein- und ausgehen, etwa Krebspatienten. Diese wolle man keiner unnötigen Infektionsgefahr aussetzen. Obwohl Hans-Giso Richter das durchaus nachvollziehen kann, stellte es ihn vor ein ungeahntes Problem.

Hausarzt kann Test ablehnen

"Meine Hausärztin wollte den Test nicht machen", erzählt Richter. Dort in der Praxis habe man ihm gesagt, man teste nur Patienten mit Symptomen und Lehrer. Das ist legitim, bestätigt die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS) - die übergeordnete Kontrollbehörde im Freistaat. Hausärzte können den Test verweigern, wenn es keine Indikation gibt, bestätigt die KVS auf Nachfrage der SZ. Wann aber besteht eine Indikation, die einen Test rechtfertigt? Die KVS erklärt dazu: wenn man Symptome hat, vor einer ambulanten OP, vor der Aufnahme in eine Gesundheitseinrichtung, wenn man Kontakt mit positiv getesteten Personen hatte.

Hans-Giso Richter versuchte es als nächstes beim Gesundheitsamt des Landkreises. "Da bin ich gar nicht durchgekommen", erzählt der Rentner von seiner Test-Odyssee. Beim Bürgertelefon des Landratsamtes bekam er schließlich die Auskunft, er solle es unter der Nummer 116 117 versuchen. Das ist die Hotline des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes. Der vermittelt auch in Notfällen außerhalb von regulären Öffnungszeiten den nächsten diensthabenden Arzt. "Auch dort kann ich keine Auskunft erhalten, wer einen Corona-Test für mich durchführen kann." Die Hotline wollte ihn an eine Praxis im Erzgebirge verweisen. Immerhin hätte sich die Kollegin beim Bereitschaftsdienst sehr bemüht, zu helfen. Sie habe sogar mit der Bestrahlungspraxis Rücksprache gehalten, erzählt Richter. Mit dem Ergebnis: "Sobald ich einen Test habe, bekomme ich dort bevorzugt einen neuen Termin."

Der Patient muss also dem Arzt vorab nachweisen, dass er gesund ist? Generell, so eine Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung, können die niedergelassenen Ärzte als Freiberufler selbst entscheiden, ob sie einen Coronatest vorab verlangen oder nicht. Manche fordern das, um den Praxisablauf nicht zu gefährden und sich, das Personal und andere Patienten zu schützen. Das sei völlig legitim. Eine Empfehlung der KVS dazu gebe es nicht.

Ämter widersprechen sich

Das Landratsamt erklärt allerdings genau das Gegenteil, von dem, was die KVS mitteilt. Laut Auskunft der Kreisbehörde sei in einem solchen Fall, wie dem von Hans-Giso Richter der Hausarzt zuständig. Wenn dieser partout nicht testen möchte, sei die nächste Adresse der Kassenärztliche Bereitschaftsdienst unter der Rufnummer 116 117, heißt es vom Landratsamt. Dort sollte man konsequent nachfragen, rät das Landratsamt. Der Bereitschaftsdienst müsse gewährleisten, dass von Facharztpraxen geforderte Tests auch durchgeführt werden, heißt es vom Landkreis. Das hatte die Ansprechpartnerin an der Bereitschaftsnummer für Hans-Giso Richter durchaus versucht - und ihn in eine Schwerpunktpraxis im Erzgebirge schicken wollen. "Das geht doch nicht, dass ich 200 Kilometer fahren muss für den Test", sagt der Rentner.

Der Freistaat hat Testcenter eingerichtet und mit Arztpraxen Verträge abgeschlossen, die vorrangig Corona-Tests durchführen, wenn es erforderlich ist. Das soll die Gesundheitsämter entlasten. Solche Schwerpunktpraxen und Testcenter gibt es aber im Landkreis Görlitz nicht. Die nächste Anlaufstelle wäre hier in Dresden. Dazu gibt die KVS auf ihrer Internetseite eine Übersicht.

Niemand fühlt sich zuständig

Offenbar fühlt sich für Hans-Giso Richters Problem niemand zuständig. Und es ist offenkundig auch nicht eindeutig geklärt, wie in einem solchen Fall verfahren wird. Er habe den Eindruck, die Ämter sind auf so eine Situation überhaupt nicht vorbereitet. Dass die Bestrahlungspraxis einen Test fordert, kann er ja nachvollziehen. "Aber dann muss es doch auch für solche Fälle eine Möglichkeit geben, einen Test durchzuführen. Ich bin ja sicher nicht der einzige Betroffene." Weil es tatsächlich offensichtlich nicht wenige gibt, die bei den offiziellen Test-Kriterien durch's Raster fallen, haben beispielsweise die Johanniter in Heidenau bei Pirna eine Teststation eingerichtet, wo sich fast jeder testen lassen kann. Allerdings als Selbstzahler: 45 Euro kostet hier der Antigen-Test.

Hans-Giso Richter will nun weiter versuchen, irgendwo einen Corona-Test machen zu können. Und hofft, dass er dann auch tatsächlich kurzfristig zur Bestrahlung kommen kann, so wie zugesichert. "Sonst kann ich jetzt gar nichts machen. Die Bestrahlung ist meine große Hoffnung."

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