Sport
Merken

Corona-Vorgaben: „Teilweise überhaupt nicht umsetzbar“

Stefan Bohne, Vorsitzender des VfL Pirna-Copitz, kritisiert den Corona-Regelungs-Wirrwarr der vergangenen Wochen.

 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Steuert den größten Sportverein der Region Sächsische Schweiz durch die derzeit schwierigen Zeiten: Stefan Bohne.
Steuert den größten Sportverein der Region Sächsische Schweiz durch die derzeit schwierigen Zeiten: Stefan Bohne. © Daniel Schäfer

Pirna. Die Coronavirus-Pandemie hat den Amateur- und Freizeitsport wieder fest im Griff. In Sachsen gilt inzwischen eine Notfallverordnung. Für den VfL Pirna-Copitz bedeutet dies unter anderem: Sowohl das Klubcasino als auch die Sauna und der Fitnessraum müssen bis auf Weiteres geschlossen bleiben. Lediglich die Nachwuchssportler (bis 16 Jahre) dürfen noch Sport treiben im Willy-Tröger-Stadion.

Stefan Bohne (47), seit 2011 ehrenamtlich der 1. Vorsitzende des VfL, äußert sich zur aktuellen Situation im Verein.

Herr Bohne, wie geht es Ihnen und Ihrer Familie?

Vielen Dank der Nachfrage. Mitten in der Jahresend-Rallye hoffen wir natürlich, wie viele andere Menschen auch, dass die Schulen und Kitas geöffnet bleiben, sonst wird es auch bei uns organisatorisch spannend.

Und wie geht es dem Verein?

In den letzten Wochen waren wir insbesondere damit beschäftigt, den sehr dynamischen Regelungs-Wirrwarr nach bestem Wissen und Gewissen umzusetzen, ganz davon abgesehen, dass man den Verordnungen teilweise die Logik absprechen muss. Das war und ist für Vereine, welche vornehmlich vom Ehrenamt leben, enorm schwierig bis teilweise überhaupt nicht umsetzbar. Was die nun aktuellen Einschränkungen im Sportbetrieb für Spuren hinterlassen, kann heute noch niemand beziffern, zumal die Zuversicht auf „Normalität“ durch das aktuelle Infektionsgeschehen nicht wirklich genährt wird.

Lässt sich der finanzielle Schaden, der bisher durch die Corona-Pandemie verursacht wurde, schon beziffern?

Stand heute gibt es glücklicherweise für die bisherigen Pandemie-Monate keinen nennenswerten finanziellen Schaden. Dank konsequenter Kostensenkung, der Beanspruchung entsprechender Fördertöpfe sowie gesetzlicher Regelungen, wie beispielsweise dem Kurzarbeitergeld, konnten wir die verbleibenden Defizite ausgleichen. Ein riesengroßer Dank gilt an dieser Stelle auch unseren Förderern, Sponsoren und Mitgliedern, welche den VfL in vielfältiger Form unterstützt haben, treu geblieben sind und hoffentlich auch weiterhin treu bleiben.

Wie hat sich die Zahl der Mitglieder entwickelt?

Stand Juni 2021 haben wir in Summe 20 Mitglieder verloren, wobei da nicht zwingend eine Verbindung zur Corona-Pandemie herzuleiten ist.

Ende Mai kam die Hiobsbotschaft, dass die Zuschüsse gekürzt werden. Wie ist der Stand?

Die gekürzten Beträge werden seitens der Stadt Pirna zum großen Teil an die Vereine nachträglich ausbezahlt. Wir wissen das zu schätzen, zumal das politische Engagement dafür auch den Stellenwert der Vereine in unserer Stadt unterstreicht.

Beim Landesliga-Kader der Fußball-Männer ist augenscheinlich, dass etliche Leistungsträger den VfL verlassen haben. Hat das finanzielle Gründe?

Selbstverständlich haben finanzielle Aspekte auch Einfluss auf Entscheidungen. Wir wollten zum Zeitpunkt der Vertragsgespräche für die Saison 2021/ 2022 keine finanziellen Risiken eingehen, zumal der finanzielle Schaden durch die Corona-Pandemie für uns noch nicht absehbar war. Zudem beschäftigen wir uns schon seit längerem damit, wie wir die sportlichen Einsatzchancen für den nachrückenden Nachwuchs in unserem Männerbereich verbessern können. Die Voraussetzungen dafür waren somit, wenn auch mit ungeplanten Einflüssen, im Sommer 2021 gegeben. Nun liegt es an jedem selbst, sich zu beweisen.

Die Zwischenbilanz der „Ersten“ fällt sehr mager aus. Bei einem Saisonabbruch kann eine Wertung bereits nach dem 15. Spieltag erfolgen. Laut aktuellem Tabellenstand müsste der VfL absteigen. Wäre das nicht ein Armutszeugnis für so einen Großverein?

Hier muss man sicherlich die Gesamtsituation betrachten. Dass es durch den Umbruch keine leichte Saison wird, war uns vorab klar. Hinzu kamen leider verletzungsbedingte Ausfälle von erfahrenen Spielern. Das konnte diese junge Mannschaft in dem Moment nicht auffangen. Beim dargestellten Szenario haben wir noch fünf Spiele, um das Minimalziel zu schaffen, damit ist die Aufgabenstellung auch klar. Ich gehe aber davon aus, dass zumindest die Hinrunde durchgespielt wird.

Der SC Freital ist auf dem besten Weg, den VfL Pirna-Copitz als mitgliederstärksten Verein des Kreises abzulösen. Droht damit ein Imageverlust?

Der Vergleich hinkt! Wir sind ein organisch gewachsener Verein mit über 1.300 Mitgliedern. Ein Zusammenschluss von mehreren Vereinen sorgt automatisch für Mitgliederzuwachs.

Die Nachwuchsfußballer müssen aufgrund der Überlastungsstufe auch wieder pausieren. Hätten Sie sich eine andere Lösung gewünscht?

Hier hätte ich mir zumindest gewünscht, dass man die willkürliche Grenze der Differenzierung nicht bei 16 Jahren zieht, sondern dem kompletten Nachwuchsbereich das Sporttreiben ermöglicht. Die Folge ist doch, dass der ältere Nachwuchs nun komplett ausgegrenzt wird und wir die Jungs im schlimmsten Fall damit verlieren. Aspekte der Gesundheitsvorsorge, unabhängig von der Sportart, werden durch solche Regelungen auch vollkommen negiert.

Die Leichtathletik-Abteilung sorgte in den letzten Monaten für großartige Ergebnisse. Überrascht?

Überhaupt nicht. Unsere Leichtathleten leisten seit Jahren hervorragende Arbeit. Dass wir jetzt mit Steffi Schöler eine deutsche Vizemeisterin und mit Aaron Schneider sogar einen deutschen Meister in unseren Reihen haben ist fantastisch und zeugt von der sehr guten Arbeit.

Das Gespräch führte Jürgen Schwarz.