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Der Meister steckt im Detail

In Königsbrück entstehen Miniaturen berühmter Bauten - in einem einzigartigen Projekt zur Berufsförderung.

Von Annett Kschieschan
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© Wolfgang Wittchen

Königsbrück. In wenigen Schritten von der Görlitzer Kaisertrutz zur Erfurter Kaufmannskirche – das geht so nur in Königsbrück. Hier – am Rande des malerischen Schlossparks und trotzdem nur wenige Gehminuten von Bahnhof und Stadtzentrum entfernt – entstehen in einem einzigartigen Großprojekt Nachbauten berühmter Häuser. Neben Kaisertrutz und Kaufmannskirche waren das in den vergangenen gut 15 Jahren unter anderem auch die Zittauer Fleischerbastei, der Bautzener Reichenturm, das Krobnitzer Schloss oder das Goldschmiedehaus in Hanau.

Was all diese Gebäude eint, ist die Lage an der Via Regia. Die alte Handels- und Kulturstraße gab dem Via Regia-Architekturmodellbau seinen Namen. Seit Mitte der 2000er Jahre finden hier Männer und Frauen, die aus den verschiedensten Gründen Probleme haben, einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bekommen, eine Brücke zurück ins Berufsleben. 270 waren es bisher. „Manchmal kommt der eine oder andere auch danach noch bei uns vorbei“, erzählt Jürgen Loeschke. Der ehemalige Bürgermeister der kleinen Stadt am Heidebogen hat das Projekt einst gemeinsam mit anderen engagierten Königsbrückern aus der Taufe gehoben und seinerzeit auch gegen manche Zweifler verteidigt. Die Resonanz gab ihm Recht. Viele der Männer und Frauen, die in den vergangenen Jahren in der Werkstatt am Schlosspark Zinnen geformt und Miniaturfenster eingepasst haben, hatten zuvor nicht mehr allzu viel Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Und auch das Gefühl dafür, jeden Tag zu einer bestimmten Zeit an einem Arbeitsplatz zu erscheinen, war manchem über die jahrelange Arbeitslosigkeit abhanden gekommen. Bei den Modellbauern lernten sie Stück für Stück, wieder Struktur in ihren Alltag zu bringen. Bisweilen kamen dabei echte Talente zum Vorschein. „Wir hatten einen richtigen Michelangelo hier“, erinnert sich Jürgen Loeschke und wird ein bisschen wehmütig, denn der besonders begabte Mann verstarb unerwartet mit Anfang 50.

Lob fürs Augenmaß

Die Erinnerung an ihn bleibt so präsent wie die an die Mitarbeiter, die von Königsbrück aus einen neuen Anfang gefunden haben. Oft beflügelt von neuem Selbstvertrauen, denn für die Modelle aus der Königsbrücker Werkstatt gab es immer viel Lob. So sorgte der Nachbau eines Jagdschlosses und einer Hubertuskapelle in Polen – für große Begeisterung und entsprechende mediale Aufmerksamkeit vor Ort. „Man sprach da sogar von weltweit einzigartiger Detailgenauigkeit“, erinnert sich Jürgen Loeschke schmunzelnd. Beide Bauten waren Auftragsarbeiten, wie sie die Modellbauer in den vergangenen Jahren immer wieder angenommen haben. Vereine, Institutionen, aber auch Privatpersonen wandten sich mit dem steigenden Bekanntheitsgrad der Königsbrücker Qualitätsarbeit mit eigenen Wünschen an die Werkstatt.

Dazu kommt der touristische Aspekt. Ein großer Teil der gefertigten Architekturmodelle kann direkt vor Ort in eigens dafür umgestalteten Ausstellungsräumen bewundert werden. Der Wunsch der Gründer, nebenan im Schlosspark eine Dauerausstellung und größere Museumsflächen zu etablieren, zerschlug sich nach durchaus hoffnungsvollen Gesprächen vor einigen Jahren wieder. Ein Dämpfer, der die Wirkung des Projektes insgesamt nicht schmälern kann.

Auch gegenwärtig wird in der Werkstatt gearbeitet – an einem recht naheliegenden Vorhaben, jedenfalls geografisch gesehen. Die Kamenzer Klosterkirche St. Annen entsteht in Königsbrück im Miniatur-Format. Und die Modellbauer selbst haben dieses Jahr Grund zur Freude. Das 20-jährige Jubiläum wird am 24. Mai gefeiert. Besucher sind aber auch unabhängig davon willkommen. Wo sonst lassen sich die berühmtesten Bauten an der Via Regia auf wenigen Quadratmetern bewundern?

www.architekturmodellbau-koenigsbrueck.de