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Münchner Demo gegen rechts wegen zu großen Andrangs abgebrochen

Bundesweit gehen Menschen für Demokratie, eine offene Gesellschaft und gegen rechts auf die Straßen. Der Andrang bei den Demonstrationen ist groß - mancherorts zu groß.

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Eine Demo gegen rechts in München musste wegen Überfüllung abgebrochen werden. Die Polizei ging von mindestens 80.000 Demonstrierenden aus, der Veranstalter sprach von 250.000 Demonstrierenden.
Eine Demo gegen rechts in München musste wegen Überfüllung abgebrochen werden. Die Polizei ging von mindestens 80.000 Demonstrierenden aus, der Veranstalter sprach von 250.000 Demonstrierenden. © Sven Hoppe/dpa

Berlin. Hunderttausende Menschen sind am Wochenende in Deutschland gegen rechts und für die Demokratie auf die Straße gegangen. In München brach der Organisator eine Demonstration gegen rechts mit mindestens 80.000 Menschen wegen Überfüllung ab. Die Sicherheit der Teilnehmer sei nicht mehr zu gewährleisten, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Der Veranstalter sprach sogar von 250.000 Demonstrierenden. Zehntausende Menschen gingen auch in vielen anderen Orten auf die Straße, etwa in Köln und Bremen.

Damit erreichten die seit Tagen andauernden Proteste einen vorläufigen Höhepunkt. In einigen Städten lagen am Sonntag noch keine abschließenden Teilnehmerzahlen beider Seiten vor.

Am Samstag hatten Polizei und Veranstalter bereits insgesamt mindestens 300.000 Menschen gezählt. Schwerpunkte waren Hannover, Frankfurt und Stuttgart. Im Osten Deutschlands zählte Halle zu den Orten, in denen sich eine größere Zahl an Demonstranten versammelten. Die Polizei sprach dort von rund 16.000 Teilnehmern.

In Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden im September neue Landtage gewählt. Umfragen zufolge könnte die AfD in allen drei Ländern teilweise mit deutlichem Abstand stärkste Kraft werden.

Bundespräsident dankt für Einsatz für die Demokratie

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dankte den Demonstranten für ihren Einsatz für die Demokratie. "Diese Menschen machen uns allen Mut. Sie verteidigen unsere Republik und unser Grundgesetz gegen seine Feinde. Sie verteidigen unsere Menschlichkeit", sagte er am Sonntag in Berlin in einer Videobotschaft. Ganz unterschiedliche Menschen seien auf die Straße gegangen. "Aber sie alle haben eines gemeinsam: Sie stehen jetzt auf gegen Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Sie wollen auch in Zukunft frei und friedlich zusammenleben." Nötig sei jetzt ein Bündnis aller Demokratinnen und Demokraten. "Die Zukunft unserer Demokratie hängt nicht von der Lautstärke ihrer Gegner ab - sondern von der Stärke derer, die die Demokratie verteidigen. Zeigen wir, dass wir gemeinsam stärker sind."

Politiker von Grünen und SPD loben Protest

Vizekanzler Robert Habeck wertete die Demonstrationen als ermutigendes Zeichen für die Demokratie. "Demokratie lebt von den Menschen, die dafür aufstehen", sagte der Grünen-Politiker der "Augsburger Allgemeinen" (Montag). Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) lobte den zunehmenden Protest gegen rechts in Deutschland vor allem auch in kleineren und mittelgroßen Städten. "Das ist doch die Stärke in unserem Land", sagte sie am Sonntag in Potsdam. Wenn es um die Frage gehe, ob man Mensch oder Menschenhasser sei, gingen Menschen auf die Straße - auch ohne große Aufrufe und zum ersten Mal.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, bezeichnete die Demonstrationen als "gut und wichtig". "Wir brauchen ein gesamtgesellschaftliches Bündnis", sagte die SPD-Politikerin "Zeit Online" (Sonntag). Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schrieb am Samstagabend auf der Plattform X, ehemals Twitter: "So viele Menschen, die Gesicht und Haltung zeigen - unsere Demokratie lebt von starken Demokraten wie Euch!"

Überlebende des Holocaust zeigen sich dankbar

Das Internationale Auschwitz Komitee dankte den Menschen für ihren Protest. "Überlebende des Holocaust sind all denjenigen, die in diesen Tagen gegen den Hass und die Lügenwelt der Rechtsextremen auf die Straße gehen mehr als dankbar. Sie empfinden diese Demonstrationen als ein machtvolles Zeichen der Bürgerinnen und Bürger und eine Belebung der Demokratie auf die sie lange gehofft und gewartet haben", teilte Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner mit.

Berichterstattung über Treffen Rechtsradikaler als Auslöser

Auslöser der seit mehreren Tagen andauernden Proteste ist ein Bericht des Medienhauses Correctiv aus der vergangenen Woche über ein bis dahin nicht bekanntes Treffen von Rechtsradikalen in einer Potsdamer Villa vom 25. November. An dem Treffen hatten auch mehrere AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen.

Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte in Potsdam nach eigenen Angaben über "Remigration" gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. (dpa)