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Die größte Dreherei in Ostdeutschland

Zwei Unternehmer aus Bärenstein und Höckendorf haben sich zusammengetan. Was das für die Mitarbeiter bringt.

Von Franz Herz
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Jakub Kleinschmidt (li.) und Christoph Herbrig, die beiden Geschäftsführer, stehen an einem der modernen Fünf-Achs-Anlagen ihres Unternehmens in Höckendorf.
Jakub Kleinschmidt (li.) und Christoph Herbrig, die beiden Geschäftsführer, stehen an einem der modernen Fünf-Achs-Anlagen ihres Unternehmens in Höckendorf. © Egbert Kamprath

Ein Niedersachse und ein Obersachse haben sich vor Jahren bei der Bundeswehr in Hamburg kennengelernt. „Wir waren im selben Offizierslehrgang“, sagt Christoph Herbrig, der Obersachse, der aus dem Altenberger Ortsteil Geising stammt. Heute betreibt er mit seinem Partner Jakub Kleinschmidt, der aus dem niedersächsischen Meppen stammt, einen der größten Drehereibetriebe weit und breit.

Christoph Herbrig hatte seinen ehemaligen Studienkollegen einmal eingeladen zu einer Veranstaltung der Wirtschaftsförderung des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Dabei kam dieser in Kontakt zu Hubert Sperlich, dem früheren Geschäftsführer von Telegärtner Gerätebau im Klingenberger Ortsteil Höckendorf. Daraus ergab sich eine Nachfolgeregelung: Als Sperlich in den Ruhestand ging, folgte ihm Kleinschmidt auf dem Chefposten nach.

Betriebsleiter hat seine Firma gekauft

Seitdem hat sich die Ausrichtung der Telegärtner-Gruppe mit Hauptsitz in Baden-Württemberg geändert. Sie will sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, die Produktion von Kabeln und Zubehör vor allem für die Datenübertragung. Das war immer ein Standbein in Höckendorf. Das zweite Standbein war die Dreherei. Dieses Geschäft wollte Telegärtner abgeben. Das ist ein ähnlicher Schritt wie ihn die Firma Spinner in Lauenstein vor einigen Jahren gemacht hat. Dort wurde die Dreherei geschlossen.

In Höckendorf läuft es anders. Hier hat sich Jakub Kleinschmidt zu einem sogenannten Management Buy Out entschlossen. So nennen es Betriebswirte, wenn leitende Mitarbeiter ihre eigene Firma übernehmen. Kleinschmidt hat mit Herbrig die HK Präzisionsteile Herbrig Kleinschmidt GmbH gegründet, und diese hat die Immobilie in Höckendorf sowie die Dreherei gekauft und führt diese weiter. Telegärtner mit der Kabelkonfektionierung arbeitet ebenfalls weiter und bleibt in seinen Räumen als Mieter bei HK. Außerdem führt Kleinschmidt auch diese Telegärtner-Niederlassung.

Neue Gruppe mit 280 Mitarbeitern und 200 Maschinen

Aber auf diese Art ist eine neue Gruppe im Bereich Drehen entstanden mit rund 280 Mitarbeitern und rund 200 Produktionsmaschinen, die aus der Herbrig und Co Präzisionsdrehteile in Bärenstein und die HK Präzisionsdrehteile in Höckendorf besteht. Außerdem hat die HK aus der Insolvenz der ehemaligen DreWeMa in Pirna Mitarbeiter und Anlagen übernommen. Diese arbeiten heute in Höckendorf. Der Standort in Pirna wurde aufgegeben. Die beiden Eigentümer sagen: „Wir kennen derzeit keinen größeren Drehereibetrieb in Ostdeutschland.“

Mit dieser Größe kann die neue Herbrig-Kleinschmidt-Gruppe eine breite Palette von ganz kleinen Drehteilen, ab 0,3 Millimeter Durchmesser, anbieten bis zu Durchmessern von 400 Millimetern. Außerdem stehen moderne Fünf-Achs-Systeme, die aus Pirna übernommen wurde, in Höckendorf. Hier dreht sich das Werkzeug in drei Ebenen und der Werktisch kann ebenfalls in zwei Ebenen geschwenkt werden. Damit sind sehr komplizierte Bauteile möglich.

Kunden aus allen Branchen vom Auto bis zu Medizintechnik

Die neue Firma hat in den sechs Monaten, seitdem sie besteht, rund zwei Millionen Euro investiert. Etliche Maschinen müssen erst noch geliefert werden. Dieses Jahr strebt das Unternehmen einen Umsatz von 40 Millionen Euro an.

Mit rund 400 Kunden arbeitet das Unternehmen derzeit zusammen, die aus verschiedensten Branchen kommen. In der Automobilindustrie, in der Medizintechnik, der Bahntechnik, dem Maschinenbau oder bei Schließsystemen, überall sind Teile aus Bärenstein und Höckendorf im Einsatz. „Unser Vorteil ist: Wir können alles aus einer Hand anbieten und haben für jede Aufgabe die passende Maschine“, sagt Kleinschmidt.

Ausbildung läuft für beide gemeinsam

Die enge Verzahnung in der Gruppe bietet noch andere Vorteile. Im Betrieb laufen momentan Umbauarbeiten. „Wir richten eine neue Kantine für die Mitarbeiter ein“, sagt Kleinschmidt. Es wird ein Betriebsrestaurant entstehen, das in Nach-Corona-Zeiten auch für andere Gäste offensteht, die nicht in der Firma arbeiten. Es wird nach dem gleichen Konzept arbeiten, wie Herbrig es bereits in Bärenstein anwendet. Dafür kooperieren die Firmen mit dem Schlottwitzer Standort der Firma Gourmetta.

Bei der Ausbildung arbeitet die Gruppe zusammen. Anfangs werden die Azubis in der Lehrwerkstatt in Bärenstein in den Zerspaner-Beruf eingeführt. Danach kommen sie in ihren Stammbetrieb, wo sie in der Produktion mitarbeiten. Auch die Webseite www.werde-zerspaner.de, mit der sie den Nachwuchs über die Ausbildungsmöglichkeiten informieren, betreiben die Unternehmen gemeinsam. So verstehen sich der Nieder- und der Obersachse sehr gut und bringen ihr Unternehmen voran.

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