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Kritik an Dippser OB: Mangelhafte Informationen

Eine Stadträtin kritisiert die Oberbürgermeisterin. Sie widerspricht mit Worten, bestätigt die Kritik aber durch ihr Handeln.

Von Franz Herz
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Die Informationspolitik der Dippoldiswalder Oberbürgermeisterin Kerstin Körner gerät in die Kritik.
Die Informationspolitik der Dippoldiswalder Oberbürgermeisterin Kerstin Körner gerät in die Kritik. © Egbert Kamprath

Grünen-Stadträtin Grit Bormann machte auf der jüngsten Sitzung des Dippser Stadtrats ihrem Unmut Luft. Sie bemängelte, dass Oberbürgermeisterin Kerstin Körner (CDU) bisher keine Einwohnerversammlung machte, dass viele Infos von der Stadtverwaltung schwer verständlich seien und die Bürger nicht richtig informiert würden. Und sie bekam recht, wenn auch indirekt.

Stadtentwicklungskonzept nur für Eingeweihte zu finden

Auch die Internetseite der Stadt ist unübersichtlich, bemängelte Bormann. Sie fragte, wo denn das aktuelle Stadtentwicklungskonzept einsehbar sei.

Das steht zwar im Netz, ist aber nur für Eingeweihte zu finden. Sächsische.de suchte einmal danach. Auf der Internetseite der Stadt findet sich nur ein Hinweis auf die Bürgerumfrage, die vergangenes Jahr zur Vorbereitung des Konzepts gelaufen ist. Wer hier das Ergebnis erwartet, hat Pech. Vielleicht findet sich was im Ratsinformationssystem. Davon muss man erst einmal wissen, mit zwei Klicks geht es dorthin. Dort gibt es einen Punkt „Recherche“. Hier kann man nach „INSEK“ oder "Stadtentwicklungskonzept" suchen. Schließlich findet es sich in den Unterlagen zur Stadtratssitzung im Oktober. Dort ist es in voller Länge mit allen 427 Seiten eingestellt. Theoretisch für jedermann zugänglich, praktisch gut versteckt.

Drei Beispiele für Geheimniskrämerei im Dippser Stadtrat

Körner verteidigte sich dann, dass die Homepage aktuell überarbeitet werde und dass sie regelmäßig Einladungen in Ortschaftsräte annehmen würde. Eine Einwohnerversammlung würde sie dann machen, wenn Corona-Einschränkungen das wieder zulassen.

Die Beschlüsse des Stadtrats seien im Amtsblatt abgedruckt und die Bürger hätten ja die Möglichkeit, in die Stadtratssitzung zu kommen. Körner wies darauf hin, dass zur jüngsten Sitzung niemand gekommen war. Die Sitzungen seien für die Bürger schwierig zu verfolgen, entgegnete Bormann. Darum kommt selten jemand.

Der weitere Verlauf dieser Stadtratssitzung gab der Kritikerin rundum recht. Diese eine Sitzung bot gleich drei Beispiele für Geheimniskrämerei und lückenhafte Informationen.

Beispiel 1: Antwort nur im geheimen Ältestenrat

Stadtrat Falko Uyma (Freie Wähler) wiederholte die Anfrage, wie viel das Stadtentwicklungskonzept gekostet hat. Die Oberbürgermeisterin war die Antwort schon einmal schuldig geblieben und kündigte jetzt an, dass sie die Antwort im Ältestenrat geben werde. Das ist ein Gremium, das nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagt. Warum sollte ein Bürger, den diese Kosten interessieren, also in die Ratssitzung kommen?

Beispiel 2: Spannende Diskussion hinter verschlossener Tür

Auch standen drei Punkte zum frisch sanierten Museum auf der Tagesordnung: das Museumskonzept, die Besucherordnung und die Entgeltordnung. Wer sich als Gast dazu aber gründliche Informationen oder eine Diskussion erwartet hätte, wäre enttäuscht worden. Körner sagte mehrfach: „Wir haben das ausführlich im Finanzausschuss behandelt.“ Es hat also offensichtlich schon etwas zu bereden gegeben.

Wer aber die Einladungen und Tagesordnungen der jüngsten Ausschusssitzungen durchsieht, findet dort kein Museumskonzept, keine Besucherordnung und keine Entgeltordnung. Das ist alles am 3. November im nichtöffentlichen Teil des Finanzausschusses Thema gewesen, wie Linda Knetsch, die Büroleiterin der Oberbürgermeisterin, auf Anfrage mitteilte. Davon hat niemand erfahren, außer den Stadträten. Die haben sich aber über eine interessante Diskussion gefreut, wie CDU-Fraktionschef Jens Stoppok sagte. Im Stadtrat vor den Augen der Öffentlichkeit ging das Abnicken dann so schnell wie Brezelbacken.

Keine zehn Minuten, dann war das Museum abgenickt

Zu erfahren waren dabei, dass das Museum Mitte, Ende März öffnen wird, dass es zur Eröffnung keine Woche mit freiem Eintritt gibt, sondern nur einen Tag, und dass es keine Jahreskarte geben wird, weil früher danach wenig Nachfrage bestand, wie Hauptamtsleiterin Irena Hoffmann berichtete. Es dauerte keine zehn Minuten und alles war beschlossen.

Unterschiedliche Verfahren je nach Thema

Die Sprecherin der Oberbürgermeisterin begründet zwar, dass dieses Vorgehen gemäß der Geschäftsordnung und der Gemeindeordnung rechtmäßig sei. Damit ist aber noch nicht erklärt, warum das Museum, das vielleicht doch von öffentlichem Interesse ist, nichtöffentlich behandelt wird. Denn es ist durchaus zulässig, öffentlich zu diskutieren. So wurde in derselben Ausschusssitzung die Änderung der Hauptsatzung öffentlich behandelt. Auch hier hatte der Ausschuss nicht zu entscheiden, sondern der Stadtrat. Rechtlich ist die Situation die gleiche. Warum die Themen unterschiedlich behandelt wurden, bleibt offen.

Beispiel 3: Wohnungsbesichtigung nur im kleinen Kreis

Damit nicht genug der Geheimniskrämerei. Auf der Tagesordnung standen auch noch die kommunalen Wohnungen in Schmiedeberg. Dazu lief im Rat zwar eine gründliche Debatte. Aber es hatte vorher schon einen Besuch vor Ort gegeben. Einige Stadträte im Ältestenrat haben sich die Situation einmal angesehen, wie Hans-Jürgen Czwink (Unabhängige Bürger) berichtete. Das sei aber wieder im Rahmen des nichtöffentlichen Ältestenrats gelaufen. Zu dessen Aufgaben gehört so etwas gar nicht.

Hier widerspricht Knetsch: "Die Besichtigung der Wohnungen erfolgte nicht im Rahmen einer Ältestenratssitzung. Einige Fraktionsvorsitzende haben sich vor über einem Jahr die Wohnungen ausschließlich von außen angeschaut", teilt sie mit. Das ist eine sehr feinsinnige Unterscheidung, da die Fraktionsvorsitzenden den Ältestenrat bilden.