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Osterzgebirge: Schornsteinfeger tritt nach Streitigkeiten ab

Europaweit hatten die Behörden 2019 nach einem Bezirksschornsteinfeger für Lauenstein und Glashütte suchen müssen. Jetzt beginnt alles wieder von vorn.

Von Maik Brückner & Franz Herz
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2019 ist Schornsteinfegermeister Falco Gretschel im Kehrbezirk Lauenstein und Glashütte eingesetzt worden. Jetzt hat er diese hoheitliche Aufgabe wieder abgegeben.
2019 ist Schornsteinfegermeister Falco Gretschel im Kehrbezirk Lauenstein und Glashütte eingesetzt worden. Jetzt hat er diese hoheitliche Aufgabe wieder abgegeben. © SZ-Archiv/Egbert Kamprath

Es war 2019 schwierig, einen Schornsteinfeger zu finden, der die Nachfolge von Gottfried Hardelt in Lauenstein antreten sollte. Hardelt hatte die Altersgrenze erreicht. Falco Gretschel, der aus Langburkersdorf bei Neustadt stammt, hat den Bezirk schließlich übernommen. Er ist nach mehreren, teilweise europaweiten, Ausschreibungen in sein Amt als Bezirksschornsteinfeger für den Kehrbezirk Lauenstein gekommen. Schwierig bleibt das auch 2022.

Brief an die Hausbesitzer geschrieben

Jetzt, gerade mal reichlich drei Jahre später, hat Gretschel Anfang November das hoheitliche Amt als Bezirksschornsteinfeger wieder zurückgegeben, wie er in einem Brief an die Hausbesitzer mitgeteilt hat. Zu seinem Bezirk gehörten die Altenberger Ortsteile Bärenstein, Lauenstein, Müglitz, Gottgetreu, Löwenhain sowie das gesamte Gebiet der Stadt Glashütte.

Von den umliegenden Schornsteinfegern mit verwaltet

Nachdem Gretschel dieses Amt zurückgegeben hat, wird es von den umliegenden Bezirksschornsteinfegern mit verwaltet. Die Landesdirektion Sachsen hat Nick Ostrycharcyk aus Bad Gottleuba für Glashütte, Neudörfel, Rückenhain, Börnchen und Dittersdorf als Verwalter eingesetzt. Torsten Theiß aus Geising ist bis auf Weiteres für die Altenberger Ortsteile Bärenstein, Lauenstein, Müglitz, Gottgetreu und Löwenhain sowie für Bärenhecke, das zu Glashütte gehört, zuständig. André Schmidt aus Kreischa betreut Reinhardtsgrimma, Cunnersdorf und Hausdorf. Von Dippoldiswalde aus kümmert sich Mario Einbock um Luchau, Oberfrauendorf, Niederfrauendorf und Schlottwitz. Diese Festlegung gilt seit November bis auf Weiteres, wie die Landesdirektion auf ihrer Internetseite informierte. Das Landratsamt hat die Öffentlichkeit bisher nicht darüber informiert.

So ähnlich hat auch die Übergangslösung ausgesehen, bevor Gretschel nach Glashütte gekommen ist. Nach dem Ausscheiden von Gottfried Hardelt war der Kehrbezirk Lauenstein ja auch mehrere Monate verwaist.

Teil der staatlichen Verwaltung

Schornsteinfeger ist einerseits ein ganz normaler Handwerksberuf, in dem man es über eine Lehre zum Gesellen bringt und eine Meisterausbildung absolvieren kann. Mit dieser Qualifikation dürfen sie Öfen und Schornsteine reinigen oder Heizungsanlagen kontrollieren. Es gibt aber noch staatliche Überwachungsaufgaben, die nur den amtlich bestellten Bezirksschornsteinfegern erlaubt sind. Dazu gehören die Abnahme von neuen Heizungen oder die Feuerstättenschau. So heißt die Kontrolle von Öfen und Heizungen, die alle sieben Jahren fällig ist. Damit ist der Bezirksschornsteinfeger Teil der staatlichen Verwaltung, was eine sichere Sache ist, aber auch seine Schattenseiten hat.

Maßlos übertriebene Forderungen

Gretschel schreibt in seinem Brief, dass er „maßlos übertriebene Forderungen“, die das Landratsamt und die Landesdirektion erarbeitet hätten, bei seinen Kunden hätte durchsetzen müssen. Eine lang geplante Aussprache sei wegen einer Absage des Landratsamts gescheitert.

So hätte Gretschel Druck bekommen, mehr Feuerstättenschauen zu machen, berichtet er im Gespräch. Das bestätigt das Landratsamt auf Anfrage von Sächsische.de. Schon 2019 hätte sich "eine erhebliche Anzahl an rückständigen Feuerstättenschauen" gezeigt. Daher sei Gretschel aufgefordert worden, wöchentlich 30 bis 35 Feuerstättenschauen anzumelden und laufend darüber zu berichten. Gretschel weist aber darauf hin, dass der Rückstand aus den Jahren vor seinem Amtsantritt stamme. "Damals hat das Landratsamt auch nicht genauer hingesehen", sagt er.

Eine positive Tendenz sei 2021 erkennbar gewesen, bestätigt das Amt. Aber der Bezirksschornsteinfeger sollte weiterhin regelmäßig Bericht erstatten, solange bis alles aufgeholt ist. 2021 waren immer noch 230 solche Aktionen offen.

Das Landratsamt kontrolliert die Arbeit

Gretschel ist auch über die Verfahrensweise des Landratsamts empört. So hätte die zuständige Mitarbeiterin Akten mit nach Hause genommen, außerdem seien Bürger aufgefordert worden, seine Arbeit zu bewerten. Beides bestätigt das Landratsamt. Im Landratsamt ist es möglich, im Homeoffice zu arbeiten. Während des Corona-Lockdowns war das sogar Pflicht. "Die mitgeführten Unterlagen werden ordnungsgemäß verschlossen, datenschutzrechtlich- und vertragskonform aufbewahrt", versichert Thomas Kunz, Pressesprecher des Landratsamts.

Und da das Landratsamt die Aufsicht über die Bezirksschornsteinfeger hat, kann die Behörde deren Arbeit auch jederzeit überprüfen. Eine solche Abfrage sei im September 2020 erfolgt, bestätigt das Amt. Gretschel hätte aber erwartet, dass er vorher angehört wird. In dieser Auseinandersetzung hat ihm das Amt auch ein hohes dreistelliges Bußgeld aufgebrummt. Die Summe ist ihm inzwischen aber zurück überwiesen worden, berichtet er. Über seinen Anwalt hat er gehört, dass der Bußbescheid aufgehoben wird.

Solche Punkte haben Gretschel geärgert und jetzt veranlasst, das hoheitliche Amt aufzugeben. Seit November ist er also kein Bezirksschornsteinfeger mehr und muss sich auch nicht mehr vom Landratsamt kontrollieren lassen. Seinen Kunden im Stadtgebiet Glashütte und in Bärenhecke bietet er aber an, dass er sie als unabhängiger Schornsteinfeger weiter betreuen will. Für Lauenstein, Müglitz und Löwenhain verweist er auf seinen Kollegen Theiß in Geising.

Die umliegenden Bezirksschornsteinfeger sind jetzt befristet eingesetzt, um ihre Teile des Bezirks Lauenstein zu betreuen. Danach kann die Landesdirektion den Bezirk neu ausschreiben. Allerdings ist das nach den Erfahrungen von vor drei Jahren eine Aufgabe, die heute eher noch schwieriger ist als damals. 2019 musste die Behörde fünf Ausschreibungsrunden starten, die auch europaweit gelaufen sind, und wenig Interesse gefunden haben.