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Döbelner Stadtrat soll sein Kind nicht in die Schule geschickt haben

Dirk Munzig und seine Ehefrau haben Bußgeldbescheide des Landratsamtes bekommen. Dagegen wehren sie sich vor Gericht.

Von Jens Hoyer
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Dirk Munzig, früher AfD, jetzt Chef der Fraktion „Jetzt - für unser Döbeln“ bei einer Kundgebung auf dem Obermarkt. Der 58-Jährige und seine Frau haben Ärger mit dem Landratsamt Mittelsachsen.
Dirk Munzig, früher AfD, jetzt Chef der Fraktion „Jetzt - für unser Döbeln“ bei einer Kundgebung auf dem Obermarkt. Der 58-Jährige und seine Frau haben Ärger mit dem Landratsamt Mittelsachsen. © Erik-Holm Langhof

Döbeln. Der Döbelner Stadtrat Dirk Munzig, ehemals AfD, ist einer der Aktivisten bei den montäglichen Protesten gegen die Corona-Maßnahmen auf dem Döbelner Obermarkt. Sein Widerstand gegen Masken- und Testpflicht bringt ihn jetzt vor das Döbelner Amtsgericht. Am Montag hat eine Verhandlung gegen den 58-Jährigen begonnen.

Warum geht es? Munzig und seine Ehefrau Annemarie Reiche, ebenfalls Döbelner Stadträtin, hatten ihre Tochter über Wochen nicht in die Schule geschickt. Sagt jedenfalls das Landratsamt Mittelsachsen. Sein Anwalt Martin Kohlmann argumentiert anders. Die Schule habe nicht zugelassen, dass das Kind zum Unterricht kommt. „Die Schule hat die Schulpflicht verletzt. Deshalb sitzt hier der Falsche.“

Spucktest wäre akzeptiert worden

Vorausgegangen war die Weigerung der Eltern, den Coronatest mit einem Abstrich per Wattestäbchen in der Nase zuzustimmen. „Meine Frau hat umfangreich zur Gefährlichkeit dieser Tests recherchiert“, sagte Munzig. Einen Vorschlag, das Kind einem Spucktest zu unterziehen, sei von der Schule nicht akzeptiert worden. „Unsere Tochter war beim Sport, hat sogar an Landeswettkämpfen teilgenommen. Und überall war der Spucktest anerkannt“, sagte Munzig.

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Er habe die Vertriebsfirma der Nasentests und den Leiter der Qualitätssicherung des Pharmaunternehmens angeschrieben, nach welchen Richtlinien die Beipackzettel verfasst wurden. „Ich habe nie wieder etwas von denen gehört. Dort wird angegeben, dass sie für Kinder von 0 bis 14 Jahren geeignet sind. Aber es gibt keinen Hinweis, ab welchem Alter das Kind den Test selbst machen soll“, sagte Munzig.

Antrag auf einstweilige Anordnung

Erfolglos waren auch Anträge auf einstweilige Anordnung wegen Kindswohlgefährdung gegen die Schulleiterin, Staatsminister Piwarz, Kultus- und Sozialministerium gewesen. „Ich ärgere mich, dass ich keine Strafanzeige gestellt habe“. so Munzig.

Mehrere Wochen im September und Oktober 2021 hatte das Ehepaar die Tochter nicht zum Unterricht geschickt. Eine Zeit lang war die Schulpflicht auch ausgesetzt und das Kind gerechtfertigt zu Hause geblieben. Wie Munzig sagte, schicken sie die Tochter wieder zur Schule, seit keine Tests mehr notwendig sind.

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„Wenn Eltern ihre Zustimmung zu den Tests geben müssen, dann sollten sie auch die Möglichkeit haben, abzulehnen. Wenn die Tests kein Eingriff sind, dann hätte es der Zustimmung der Eltern nicht bedurft“, sagte Anwalt Kohlmann. Richter Simon Hahn argumentierte, dass die Test zertifiziert seien und deshalb auch nicht gesundheitsschädlich sein könnten.

Allerdings seien in der Verwaltungsvorschrift auch Spucktests als Möglichkeit aufgeführt. Ob und warum sie an der Schule nicht möglich waren, soll bei einem weiteren Termin vor Gericht geklärt werden, zu dem möglicherweise die Schulleiterin als Zeugin geladen wird.

Bizarres Strammstehen: Ermittlungen eingestellt

In einem anderen Fall ist Munzig der Gang vor Gericht erspart geblieben. Im vergangenen Juni stand er bei einer der Montags-Kundgebungen mit anderen Angehörigen des sogenannten Veteranen-Pools auf dem Obermarkt stramm. Die Herren waren mit diversen Uniformstücken aus NVA und Bundeswehr versehen. Das im Internet verbreitete Video dieser bizarren Veranstaltung sorgte nicht nur bundesweit für Spott, sondern wurde auch auf strafrechtliche Relevanz geprüft.

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Möglicherweise stellte der Auftritt ein Verstoß gegen das Unifomierungsverbot bei Demonstrationen dar. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz hatte die Ermittlungen allerdings eingestellt.

Wie die Sprecherin Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart auf Anfrage sagte, hätten die Teilnehmer der Zeremonie zwar alle Uniformteile der Bundeswehr und der ehemaligen NVA getragen. Diese seien jedoch nicht geeignet gewesen, durch ihr äußeres Erscheinungsbild oder durch die Ausgestaltung der Versammlung Gewaltbereitschaft zu vermitteln und einschüchternd zu wirken.

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Außerdem seien keinerlei aggressiven Handlungen gegenüber Teilnehmern oder Dritten festgestellt worden. „Im Gegenteil wurde betont, dass Mitglieder zweier ehemals verfeindeten Armeen nunmehr gemeinsam demonstrieren“, so Burghart. Die Zeremonie habe einen „Gruß an das Volk“ darstellen sollen.

Munzigs Auftritt hatte damals auch für massive Kritik aus den Reihen der AfD Mittelsachsen gesorgt. Einem möglichen Rauswurf aus der Partei kam Munzig mit einem Austritt zuvor.