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„Flüchtlinge kommen nur noch dorthin, wo Platz ist“

Was ist Fakt in Kriebstein? Beim MDR-Talk kritisiert Bürgermeisterin Maria Euchler die Wahl der Unterbringung. Zustimmung fand sie bei Sachsens Innenminister.

Von Cathrin Reichelt
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Kriebsteins Bürgermeisterin Maria Euchler hat in der MDR-Talkshow „Fakt ist!“ mit Politikern über die Flüchtlingspolitik diskutiert.
Kriebsteins Bürgermeisterin Maria Euchler hat in der MDR-Talkshow „Fakt ist!“ mit Politikern über die Flüchtlingspolitik diskutiert. © Screenshot MDR

Dresden/Kriebstein. Erst fünf Tage zuvor hatte die Kriebsteiner Bürgermeisterin Maria Euchler (FW) von der Einladung ins Studio erfahren. Am Montagabend diskutierte sie im Vorfeld des Flüchtlingsgipfels mit Bund und Ländern mit anderen Politikern die Frage „Was muss jetzt anders werden?“.

Eigentlich sollte Deutschland aus den Flüchtlingsjahren 2015/16 gelernt haben und besser auf die ankommenden Menschen eingestellt sein. Doch das sahen vor allem Maria Euchler und Sachsens Innenmininister Armin Schuster (CDU) anders.

Gemeinde bleibt ungefragt

Gleich eingangs äußerte sich die Kriebsteiner Bürgermeisterin unzufrieden darüber, dass die Gemeinde vor der Inobhutnahme der jungen Leute nicht gefragt wurde. „Wir haben eine schlechte Infrastruktur und können das nicht händeln“, sagte sie.

Die Jugendlichen warten auf einen Vormund, die Zuweisung in eine Jugendeinrichtung oder, dass Verwandte in Deutschland gefunden werden. Inzwischen können sie keine Schule besuchen oder Ausbildung beginnen, aber den Ort auch nicht verlassen.

„Und dann haben wir Besuch bekommen, den wir alle nicht wollten“, kommentierte Maria Euchler Bilder von Demonstrationen Rechter und Linker.

Egal, ob die Parolen, die dort geschrien wurden, negativ oder positiv waren, die Jugendlichen hätten sie nicht verstanden. So etwas erzeuge Angst.

„Man sollte sich vorher Gedanken machen, wo solche Menschen untergebracht und wie sie betreut werden“, forderte die Bürgermeisterin. „Für Kriebethal gab es keinen Plan.“ Gemeinsam Essen kochen, die Mahlzeiten einnehmen und etwas Deutsch lernen, sei alles gewesen.

Und wenn jemandem langweilig werde, komme er auf dumme Gedanken. Das sei bei Ausländern nicht anders als bei Deutschen. „Wir sind durch schwere Zeiten gegangen“, so Maria Euchler.

Wenn auch kein Asylbewerber mehr unregistriert auf die Kommunen verteilt werde, ist Innenminister Schuster überzeugt, dass die Kommunen spätestens im Sommer „die weiße Fahne hissen“, wenn die Zuwanderung in diesem Tempo weitergeht.

4.300 Asylanträge bearbeitet

In den ersten vier Monaten dieses Jahres seien in Sachsen 4.300 Asylanträge bearbeitet worden. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 2.500.

Mehr Geld vom Bund werde das Problem nicht lösen, so Schuster. Es brauche eine klare Begrenzung des Zuzuges, statt ziellos jeden aufzunehmen, der kommt. Flüchtlinge könnten nicht mehr strategisch verteilt werden, sondern kämen nur doch dorthin, wo Platz ist, wie in Kriebethal.

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Dabei, so bemängelte Maria Euchler, werde vergessen, an die eigenen Bürger zu denken. Für die beiden derzeit dominierenden Themen Asyl und Klima seien Unmengen Geld vorhanden. Aber Mittelsachsen kämpfe um den Haushaltsplan.

Der Digitalpakt Schulen sei total unterfinanziert, Straßen könnten nicht saniert werden und manche Familie denke schon darüber nach, ob sie sich für ihre Kinder noch ein warmes Mittagessen leisten kann.

„Die Unzufriedenheit besteht bei den Bürgern nicht, weil sie nicht helfen wollen, sondern, weil sie nicht können“, meinte Maria Euchler. Die Verteilung des Geldes sei einfach schlecht.

Betreuung ohne Integration

Außerdem fragte sie: „Welche Anreize schaffen wir dafür, dass sich Flüchtlinge auch wirklich integrieren und arbeiten wollen?“ Deutschland nehme die Menschen auf, gebe ihnen Geld, betreue sie, aber integriere sie nicht.

Sie widersprach Raphael Bossong von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Er meinte, dass der Sozialfaktor nicht ausschlaggebend dafür sei, dass sich Flüchtlinge für Deutschland entscheiden.

Im Gegenteil. Das Bürgergeld habe den Anreiz, nicht zu arbeiten, weiter erhöht. Eine entsprechende Nachfrage beim Landratsamt Mittelsachsen habe zwar keine konkreten Zahlen ergeben.

Flüchtlinge hätten jedoch geäußert, dass sie schon arbeiten würden, wenn sie mehr Geld als fürs Nichtstun bekämen.

Die Kriebsteiner Bürgermeisterin schlug vor, das Bürgergeld für ein halbes Jahr zu zahlen. Anschließend sollten Anreize für eine Aufstockung des Betrages geschaffen werden, zum Beispiel, wenn der Flüchtling einen Deutschkurs belegt, sich in einem Verein oder selbst in der Flüchtlingshilfe engagiert.

Vom Flüchtlingsgipfel wünscht sie sich konkrete Lösungen für eine Integration.