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Was Nymphenfledermäuse rund um Klosterbuch schätzen

Viele Nächte haben sich Fledermaus-Experten bei Leisnig um die Ohren geschlagen. Sie waren einer erst seit 2001 bekannten Art auf der Spur. Ihre Erkenntnisse haben Einfluss auf die Forstbewirtschaftung.

Von Heike Heisig
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Die Nymphenfledermaus fühlt sich im Mulde-Lößhügelland wohl.  Das hat Experte Marco Roßner bei einem Forschungsauftrag herausgefunden. Diesen hatte der Naturschutzbund Sachsen,  links  die Landesvorsitzende Maria Vlaip, ausgelöst.
Die Nymphenfledermaus fühlt sich im Mulde-Lößhügelland wohl. Das hat Experte Marco Roßner bei einem Forschungsauftrag herausgefunden. Diesen hatte der Naturschutzbund Sachsen, links die Landesvorsitzende Maria Vlaip, ausgelöst. © SZ/DIetmar Thomas

Leisnig/Klosterbuch. Wenn andere ins Bett gestiegen sind, dann haben Marco Roßner und sein Forschungsteam ihre Utensilien zusammengepackt und sind losgezogen.

Das Leipziger Fachbüro Hochfrequent, in dem Roßner als einer der beiden Gesellschafter Verantwortung trägt, hat sich in den vergangenen Jahren auf die Suche nach einem heimlichen Waldbewohner begeben: der Nymphenfledermaus.

Sie gehört zu den jüngsten beschriebenen Arten und hat ihren Namen aus der griechischen Mythologie. Wenig ist bisher zum Beispiel über deren konkrete Ausbreitung in Sachsen bekannt. Die ersten Nachweise im Freistaat gelangen 2008 im Colditzer Forst.

Forschungsprojekt ausgeschrieben

Um mehr über diese relativ junge Art herauszufinden, hat der Naturschutzbund (Nabu) Sachsen ein Forschungsprojekt ausgeschrieben.

„Unseres Wissens eines der größten in Europa“, sagt Marco Roßner. Vor Auftraggebern, Fledermausfachleuten und Ehrenamtlichen, die zum Beispiel bei der Zählung von Fledermäusen in Sommer- und Winterquartieren helfen, hat er jetzt die Erkenntnisse vorgestellt.

In einem Beobachtungszeitraum von zwei Jahren sind die Experten im Mulde-Lößhügelland zwischen Rochlitz, Colditz, Leisnig und Waldheim verschiedenen Fragen nachgegangen: Welche Quartiere nutzen die Nymphenfledermäuse? Wie weit schwärmen sie während der Nahrungssuche aus, und wie viele Tiere leben in diesem Umfeld überhaupt?

In diesen beiden Jahren waren die Forscher viele Nächte in den Wäldern unterwegs. „1.500 Stunden waren es bestimmt“, schätzt Roßner.

Dabei haben die scheinbar lautlos durch die Nacht fliegenden Tiere die Menschen durchaus gefordert: Die Nymphenfledermaus zählt zu den aktivsten ihrer Art.

Sie ist in vielen Fällen und bei nahezu jedem Wetter von Sonnenuntergang bis -aufgang auf Nahrungssuche und damit unterwegs. Hinzu kommt, dass die Nymphen die „höheren Stockwerke“ im Wald zu Wohnzwecken und als Kinderstube bevorzugen.

„Es ist also nicht daran zu denken, Leitern anzulegen, um etwas beobachten zu können“, sagt Roßner schmunzelnd.

Lockmittel: Laute von Artgenossen

Für die Studien haben er und seine Mitstreiter verschiedene Möglichkeiten genutzt, neue Erkenntnisse zu gewinnen: Infrarot-Videokameras aufgestellt, Drohnen eingesetzt und feine Puppenhaarnetze gezielt dort aufgebaut, wo die „Nymphen“ an kleinen Bachläufen oder Feuchtstellen im Wald jagen.

Und weil Fledermäuse offenbar gesellig sind, sich für Artgenossen interessieren, haben die Forscher Lockgeräte eingesetzt, die Fledermaus-Ultraschallaute abspielen.

Tiere, die ins Netz geflogen sind, wurden sogleich befreit, bestimmt, vermessen und gewogen. Es wurden genetische Proben entnommen und die Fledermäuse bekamen eine Armklammer, um sie identifizieren zu können.

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Einige erhielten auch einen kleinen, leichten Funksender zur Übertragung von Messwerten. Mithilfe der Telemetrie war es mitunter überhaupt erst möglich, herauszufinden, wo genau sich die Quartiere der Nymphenfledermäuse hoch oben in den belaubten Bäumen befinden, wo die Tiere ein- und ausfliegen.

Bei den nächtlichen Aktionen sind den Helfern 550 Fledermäuse ins Netz „gegangen“. 16 Arten wurden bestimmt. Sehr häufig war die Mopsfledermaus darunter.

Im Scheergrund sowie im Hochweitzschener Wald waren mehrere Bechsteinfledermäuse unterwegs. Die Art gilt bereits als gefährdet.

Die Nymphenfledermaus vermehrt sich im Mulde-Lößhügelland in einem Korridor entlang der Mulde regelmäßig. Mindestens 47 Quartierbäume wurden gefunden und kartiert, drei Viertel davon waren Eichen.