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DMI in Leisnig: Weniger Papier, mehr digital

Vom papierlosen Büro ist Deutschland noch weit entfernt. Die Mitarbeiter merken das. Allein am Standort Leisnig bearbeiten sie jedes Jahr zehn Millionen Patientenakten. Das zu bewältigen, ist nicht mehr die einzige Herausforderung.

Von Heike Heisig
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Seit 1994 betreibt der Archivdienstleister DMI aus Westfalen eine Niederlassung im sächsischen Leisnig. Die bezeichnet das Unternehmen inzwischen selbst als Europas größtes Digitalisierungs- und Archivierungszentrum.
Seit 1994 betreibt der Archivdienstleister DMI aus Westfalen eine Niederlassung im sächsischen Leisnig. Die bezeichnet das Unternehmen inzwischen selbst als Europas größtes Digitalisierungs- und Archivierungszentrum. © SZ/DIetmar Thomas

Leisnig. Zeitgemäß werden die Patienten der Helios-Klinik nicht nur auf der modernisierten Intensivstation, die im März in Betrieb geht, behandelt. Auch was später einmal mit den Patientenakten passiert, entspricht aktuellen und künftigen Anforderungen.

„Wir sind dabei, Abläufe zu optimieren“, erklärte der zuständige Chefarzt Dr. Jan-Jakob Meyer. Dazu gehören, wie berichtet, einige Puzzlesteine.

Einer ist das Anlegen und Führen von Patientenakten in digitaler Form. Ist die Behandlung abgeschlossen, bedient sich Helios in Leisnig eines Nachbarn: des Archivdienstleisters DMI.

Dienstleister für 1.000 Krankenhäuser

Damit ist Helios offenbar in guter Gesellschaft. Rund 1.000 Krankenhäuser aus der gesamten Bundesrepublik lassen Patientenakten von DMI verarbeiten, digitalisieren und aufbewahren.

Die Fristen dafür sind unterschiedlich, reichen aber in vielen Fällen über mehrere Jahrzehnte. Dass die Kliniken inzwischen schon selbst digital arbeiten, heißt allerdings nicht, dass insgesamt weniger Papier anfällt und zu bearbeiten ist.

Denn: Die Menschen werden älter, müssen häufiger stationär behandelt werden, womit sich unter anderem die nach wie vor hohe Zahl von Belegen erklären lässt, die durch die Hochleistungsmaschinen laufen und verarbeitet werden.

Um dieser Situation Rechnung zu tragen, steigt bei DMI auch am Standort in Leisnig sowohl der Bedarf an Mitarbeitenden als auch an Lagerkapazität. Letzteres hat der Dienstleister in der Region gefunden, bestätigt Matthias Lütke Wenning von der Unternehmenskommunikation des Archiv- und IT-Dienstleisters.

Auf Standorte geht er nicht näher ein und begründet dies mit extrem hohen Datenschutz- und Sicherheitsauflagen. Mit den sensiblen Daten – und das seien die Patientendaten nun einmal – gehe das Unternehmen sehr verantwortungsbewusst um, erklärt Lütke Wenning.

Größter Arbeitgeber in Leisnig

Was die Arbeitskräfte betrifft, so ist DMI mit rund 550 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in Leisnig und darüber hinaus. Um sämtliche anfallende Arbeit zu erledigen, hat DMI schon 2022 einen Standort in Chemnitz errichtet.

„Dort können wir auf einen erweiterten Arbeitsmarkt zurückgreifen“, begründet Lütke Wenning den Schritt. Bei DMI in Chemnitz arbeiten zum Beispiel auch Studierende, was in Leisnig eher die Ausnahme ist.

Das Wachstum liegt aber nicht allein darin begründet, dass Kliniken mehr digitalisieren und bereits übermittelte Daten – wenn sie benötigt werden – innerhalb kürzester Zeit bei DMI abrufbar sein müssen.

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„Die digitale Transformation fordert auch uns als Dienstleister“, sagt Lütke Wenning. DMI-Mitarbeiter und Partner seien mittlerweile an der Seite der Kliniken, wenn diese sich fragen, wie sie die geforderte Transformation überhaupt angehen können oder sollten.

„Das heißt, wir sind nicht mehr nur Archiv-, sondern auch IT-Dienstleister“, so der Unternehmenssprecher. DMI sei gar nichts anderes übriggeblieben, als sich diesen Herausforderungen zu stellen. „Nur so können wir für die Welt von morgen gewappnet sein.“

Von Brache zum Aushängeschild

Ein anspruchsvolles Ziel sei, dass die IT-Systeme in den von DMI betreuten Krankenhäusern und damit nahezu überall in der Bundesrepublik „dieselbe Sprache sprechen“, so Matthias Lütke Wenning.

Damit im nächsten Schritt Ärzte beispielsweise in Erfurt oder Hamburg auf Diagnosen oder Therapien zurückgreifen können, die in Kliniken in Sachsen gestellt oder empfohlen worden sind, beteiligt sich der Archivdienstleister an einem Forschungs- beziehungsweise Modellprojekt.

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So wie der Standort Leisnig zu dem 1979 gegründeten Unternehmen in Münster (Nordrhein-Westfalen) dazugehört, so ist die Leisniger Niederlassung ganz selbstverständlich ein Teil der Muldestadt geworden.

Als großer Arbeitgeber unterstützt DMI seit vielen Jahren unter anderem das VfB-Sommerfest, zu dem auch ein Fußballcup ausgetragen wird und Firmenchef Christoph Schmelter – wann immer er es einrichten kann – mit Nachwuchskickern in Leisnig anreist. Die nächste Einladung steht für August.

Niederlassung bereits 30 Jahre am Standort

Die Eröffnung der Niederlassung in Leisnig ist jetzt 30 Jahre her. Das will das Unternehmen im Juni feiern und die Entwicklung an diesem Standort würdigen.

Als der damalige Geschäftsführer Reinhold Schmelter die einstige Textilfabrik der Familie Böttger auf der Muldenwiese kaufte, wuchsen schon Bäume aus den Dachrinnen. Daran erinnerten sich Leisniger einmal, die 1994 beim Neustart für die nach der Wende abgewickelte Tuchfabrik „Saxonia“ beteiligt waren.

Im Laufe der Jahre ist die Substanz saniert worden, um zeitgemäße Arbeitsbedingungen zu schaffen. Es wurde an- und neugebaut. Inzwischen steht nach DMI-Angaben in Leisnig Europas größtes Digitalisierungs- und Archivierungszentrum.

DMI in Zahlen

  • Mehr als 1.100 Mitarbeiter beschäftigt DMI an verschiedenen Standorten. In Leisnig sind es 550 Mitarbeiter.
  • Rund zehn Millionen Patientenakten werden in Leisnig jedes Jahr digitalisiert, integriert und archiviert – überwiegend im Drei-Schicht-Betrieb.
  • DMI ist die Abkürzung für Deutsches Mikrofilminstitut. So heißt das 1979 in Münster gegründete Unternehmen nach wie vor, wenngleich die Datenspeicherung auf Mikrofilmen längst von modernen Speichermedien abgelöst worden ist. Quelle: DMI