Dresden
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Gutes Anliegen, fragwürdige Methoden

Die Erregung ist nach dem Polizeieinsatz in der Dresdner Neustadt wieder groß, doch die Hausbesetzer weisen auf ein drängendes Problem hin.

Von Alexander Schneider
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© Sven Ellger

Ihr Anliegen ist berechtigt, über ihre Methoden muss man streiten. Mit der Besetzung der leer stehenden Villen mitten in Dresden hat die Initiative „Wir besetzen Dresden“ ein wichtiges Thema in den Fokus gerückt. Den knappen und immer teurer werden Wohnraum, fehlende Räume und Flächen für die Allgemeinheit. Seit vielen Jahren modern die Stadthäuser inzwischen vor sich hin, wie so viele andere Gebäude in unserer Stadt. Fünf Tage lang hatten die jungen Leute die Grundstücke an der Königsbrücker Straße friedlich in Beschlag genommen. In einer Großstadt ist das nichts Ungewöhnliches. Seltsam auch das Auftreten der Wortführer, die sich gegenüber Journalisten alle mit dem gleichen Namen „Lann Schmidt“ vorstellen. Bitteschön.

Dass sich manche aber von Beamten des Spezialeinsatzkommandos vom Dach holen ließen, war unnötig. Damit haben sie sich und die Polizisten ohne Not in Gefahr gebracht - und sich Kritik von Leuten ausgesetzt, denen diese „linke“ Aktion ohnehin zuwider ist. Sie kritisieren jetzt die Kosten dieses Einsatzes, für den das Gleiche gilt, wie für die Absicherung großer Demonstrationen oder brisanter Fußballspiele. Diesen Aufwand wird wohl die Allgemeinheit tragen müssen. Die Polizei hat besonnen und professionell reagiert, die Spannung aus der Lage genommen und sich nicht provozieren lassen. Auch wenn die Betroffenen das sicher anders sehen.

Eine andere Frage ist, was nun strafrechtlich auf die Besetzer zukommen wird. Hält der Grundstückseigentümer seinen Strafantrag aufrecht, werden sich die Beschuldigten wegen Hausfriedensbruchs verantworten müssen. Nur sehr selten kommt es nach politischen Protestaktionen zu solchen Verfahren vor dem Amtsgericht Dresden. 2016 standen etwa zwei Angeklagte vor Gericht, weil sie bei einer rundherum friedlichen Antikriegsdemo vor dem Militärhistorischen Museum auf ein angrenzenden Gebäude geklettert waren, das dem Freistaat gehört. Ein Verfahren wurde ohne weitere Auflagen eingestellt, ein anderer Angeklagter zu einer Geldstrafe von 300 Euro verurteilt. In beiden Fällen betonte das Gericht, dass sich die Angeklagten im untersten Bereich strafbar gemacht hätten. Anders als etwa Ladendiebe, die trotz Hausverbots immer wieder bestimmte Läden aufsuchen, das ist der alltägliche Anwendungsbereich des Vorwurfs Hausfriedensbruchs, setzen sich die Demonstranten für ein Ziel ein, das dem Gemeinwohl nutzen soll. Das wird in der Regel strafmildernd berücksichtigt.

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