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Was nun mit den Hausbesetzern passiert

Nach der Räumung in Dresden-Neustadt gibt es Ermittlungen gegen die Verdächtigen. Die Strafen könnten milde ausfallen.

Von Julia Vollmer & Alexander Schneider & Christoph Springer & Andreas Weller
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SEK-Beamte holen einen Besetzer vom Dach an der Königsbrücker Straße 16.
SEK-Beamte holen einen Besetzer vom Dach an der Königsbrücker Straße 16. © Sven Ellger

Fünf Tage lang hatten sich die Unterstützer der Inititiative „Wir besetzen Dresden“ in drei leer stehenden Stadtvillen an der Königsbrücker Straße eingerichtet, um auf den Wohnungsleerstand und fehlende soziale Räume hinzuweisen. Am Mittwochnachmittag beendete die Polizei die Aktion, zwei Besetzer mussten von Beamten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) vom Dach, mehrere aus den Häusern und einer von einem Baum geholt werden.

Die letzten beiden Hausbesetzer haben am Donnerstag die Polizeidirektion Dresden verlassen. Sie hatten die Nacht im Gewahrsam verbracht, weil sie ihre Personalien nicht nennen wollten. Als letzte verließ eine Frau aus Leipzig, die sich stets als „Opossum“ bezeichnet hatte, ihre Zelle. Nach der Nacht auf der harten Holzbank war auch sie schließlich bereit, den Beamten ihre Identität zu nennen.

Insgesamt hatten sechs Besetzer ihre Identität nicht preisgegeben und wurden in Gewahrsam genommen. Manche waren mit Kostümen verkleidet und gaben sich Tiernamen. Vier Beschuldigte beendeten noch am Mittwochabend ihr Schweigen, ein Mann und eine Frau erst am Donnerstag, zuletzt, wie gesagt, das „Opossum“.

„Wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen“

Insgesamt hat die Polizei 21 Menschen auf dem Grundstück festgestellt. Gegen die mutmaßlichen Besetzer wird wegen Hausfriedensbruchs ermittelt. Die Staatsanwaltschaft war schon dabei, gegen die schweigenden Beschuldigten ein sogenanntes beschleunigtes Verfahren einzuleiten. Das hätte bedeutet, dass sie möglicherweise einige Tage in Sitzungshaft auf ihren Prozess hätten warten müssen. Nachdem die Personalien bekannt waren, gab es laut Staatsanwaltschaft keine Haftgründe mehr.

„Wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen“, sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Schär, Leiter der Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Dresden, mit Blick auf die Personalien-Verweigerung. Teilnehmer der Besetzung müssen wohl mit Strafen im unteren Bereich rechnen, so Schär. Der Strafrahmen beginnt bei Geldstrafe und reicht bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Die Strafen könnten aber auch höher ausfallen, da einige der Verdächtigen schon im August an einer Besetzung an der Basteistraße teilgenommen haben sollen. Diese Verfahren laufen noch.

Hausfriedensbruch ist ein „Antragsdelikt“. Es kann nur verfolgt werden, wenn der Geschädigte, in diesem Fall die Münchner Argenta-Gruppe als Eigentümerin der drei Putzi-Ruinen, darauf besteht. Am Montag hat sie Anzeige erstattet, könnte ihren Strafantrag aber jederzeit zurücknehmen – dann wären die Ermittlungen beendet. Ob sie daran festhält, ist offen. Das Unternehmen teilte am Donnerstag mit, dass die Besetzung beendet sei, die Polizei umsichtig gearbeitet und das Unternehmen den Wachschutz auf dem Gelände verstärkt habe: „Wir werden mit den zuständigen Stellen in Dresden Gespräche führen. Eine dauerhafte Lösung braucht Zeit, damit alle Interessen berücksichtigt werden können.“

Ob mit der Formulierung „alle Interessen“ auch Vorstellungen der Besetzer gemeint sind? Man weiß es nicht. „Zeit“, das hatten die Besetzer betont, sei jedoch genug verstrichen, so lange wie die Gebäude bereits ungenutzt sind. 1992 hatte die Argenta-Gruppe die Immobilie, zu der auch das angrenzende Areal der Dental-Kosmetik gehört, erworben.

Mit der Räumung war die Arbeit der Polizei noch nicht beendet. Es gab eine Demo von mehr als 100 Teilnehmern ab 18 Uhr, die sich mit den Besetzern solidarisiert hatten. Sie zogen mit Trommeln und Trillerpfeifen vom Alaunplatz durch die Neustadt bis zur Bautzner Straße und wieder zurück. Auf dieser sogenannten „Lärmdemo“ wurde auch Pyrotechnik gezündet. In der Alaunstraße versuchten sie, in die Katharinenstraße abzubiegen, um an den drei Villen vorbeizumarschieren. Das verhinderten die 60 Polizisten. Es kam dort zu einem Gerangel und zum Einsatz von Pfefferspray. Ein 17-Jähriger wurde gestellt, der einen Elektroroller auf Polizisten geworfen haben soll. Ein Beamter wurde leicht verletzt. Gegen 20 Uhr endete die Demo, nachdem die Teilnehmer auch kurz die Königsbrücker Straße blockiert hatten.

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