Die ersten Navigationssysteme haben es schon mitbekommen, auch wenn viel zu früh: An der Grenze zwischen Dresden und der Sächsischen Schweiz entsteht ein weiterer Abschnitt der Schnellstraße, die künftig die A4 bei Leppersdorf und die A17 bei Pirna verbindet, und die auch Dresdens Ostumfahrung genannt wird. Doch wer schon jetzt der vorgeschlagenen Route folgt und etwa in Eschdorf auf die neue S177 fahren möchte, findet am Rande des 650-Seelen-Ortes lediglich: eine Großbaustelle.
Am Rande der Baugrube steht Holger Wohsmann, Chef in der Meißner Niederlassung des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr (Lasuv), und sagt: "Hier ist schon eine Menge passiert und hier wird noch eine Menge passieren." Das ist auch kaum übersehbar. Neben der Straße zwischen Eschdorf und dem Nachbarort Dittersbach türmen sich Berge von Erde. Inmitten dieser Landschaft erhebt sich ein massiver Betonblock, der sich noch hinter der Verschalung versteckt - es ist das Widerlager einer Straßenbrücke, die wiederum das Herzstück der Anschlussstelle Eschdorf werden soll.
170 Kubikmeter Beton haben die Bauleute in Form gegossen, das entspricht ungefähr dem Laderaum von fünf normalen Lastwagen. Ende Mai wird das Gegenstück Konturen annehmen, im Juni werden schließlich fünf 20-Tonnen-Stahlfertigteile eingehievt, die dann die Brücke bilden.
Neue Brücke an der Anschlussstelle Eschdorf
Allerdings wird nicht die Schnellstraße S177 über diese Brücke geleitet, sie wird vielmehr von ihr überspannt. Über die Brücke wird künftig der Verkehr zwischen Eschdorf und Dittersbach rollen. Die Schnellstraße befindet sich dann zwölf Meter tiefer. Vor und hinter der neuen Brücke entstehen die Auf- und Abfahrten. Damit alles passt, muss noch die Staatsstraße zwischen den Nachbarorten auf einem Abschnitt um einige Meter verlegt werden. Das ist gleichzeitig die Stelle, an der die Schnellstraße so nah an Wohnbebauung heranrückt wie ansonsten wohl nirgendwo. Die Häuser an der Straße Rosinendörfchen stehen nur rund 80 Meter von der Fahrbahn entfernt - die aber ein ganzes Stück in die Erde eingesenkt ist.
Die Brücke über die Schnellstraße ist ein Schwerpunkt beim Weiterbau der Dresdner Ostumfahrung in diesem Jahr. Lasuv-Abteilungsleiter Karsten Borkenhagen sagt, es habe sich bewährt, bei solchen Vorhaben mit dem Bau von Brücken zu starten und die eigentliche Straße erst zu bauen, wenn diese Bauwerke stehen. Denn während der Straßenbau erfahrungsgemäß flott vorangeht, kann es bei den komplizierteren Brücken zu Verzögerungen kommen, sodass sich die Firmen im ungünstigsten Fall auf angrenzenden Baustellen gegenseitig auf den Füßen stehen könnten.
Die Brücke am Rande von Eschdorf ist also aus gutem Grund nicht die einzige, der sich die Straßenbauer aktuell widmen. Zuletzt wurde die Brücke über den Schullwitzbach ausgeschrieben, hier dürften die Bauarbeiten bald beginnen. Sie entsteht von der Eschdorfer Brücke aus gesehen in Richtung Wünschendorf und in der Nachbarschaft der bereits fertiggestellten Brücke über das Rossendorfer Wasser. Diese Brücke fällt auf, hat sie doch bereits in die Höhe ragende Seitenwände bekommen. Anders als man es annehmen könnte, dienen diese jedoch nicht dem Lärmschutz, sondern sind Überflugshilfen für Fledermäuse.
Kompletter Straßenbau für S177 wird ausgeschrieben
Auch in die von der Eschdorfer Anschlussstelle gesehen andere Richtung, also in Richtung Rossendorf, arbeiten sich die Straßenbauer vor. "Als Nächstes sollen eine weitere Brücke über das Rossendorfer Wasser mit Regenrückhaltebecken und der Wirtschaftsweg Rosinendörfchen ausgeschrieben werden", heißt es vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr. Außerdem rückt dieses Jahr auch der eigentliche Straßenbau näher. Geplant ist, die komplette 5,6 Kilometer lange Strecke auszuschreiben.
Das klingt danach, als wäre der Eröffnungstermin der Straße und damit die langersehnte Entlastung der verkehrsgeplagten Wünschendorfer und Eschdorfer bereits absehbar. Dem ist jedoch nicht so. Nannten die Straßenbauer noch bei einem Vor-Ort-Termin mit Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) im November 2021 das Ziel 2025/26, ist nun von 2027 die Rede. Liegt es an Corona oder am spät beschlossenen Landeshaushalt 2023/24? Lasuv-Sprecherin Rosalie Stephan weist das zurück: "Es handelt sich um ein komplexes Bauvorhaben mit einer langjährigen Bauzeit. Anpassungen in Bezug auf zeitliche Abläufe sind bei solch komplexen Vorhaben nicht immer zu vermeiden und stehen in diesem Fall nicht in Zusammenhang mit Corona oder der Finanzierung." Immerhin steht diese für dieses und nächstes Jahr: 41 Millionen sind im Budget des Freistaates eingeplant.
Zugleich verweisen die Straßenbauer auf künftige Unsicherheiten - gelingt es für jede Ausschreibung in der vorgesehener Zeit eine Firma zu finden? Was erwartet die Bauarbeiter insbesondere beim Teilvorhaben Doberberg? Auch dort wird die Straße tief in die Erde eingegraben, geologische Überraschungen sind durchaus möglich. So will sich Straßenbauchef Wohsmann nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. "Wenn wir 2024 in diese Baustellen reingehen", sagt er, "können wir präzisieren, ob 2027 realistisch ist oder doch 2026, wie wir es uns alle wünschen"
Das ist bereits fertig auf der S177 Wünschendorf/Eschdorf
Auf dem Abschnitt Wünschendorf/Eschdorf sind bereits zahlreiche Brücken und einige andere Anlagen errichtet worden:
- Die Brücke über die alte S177 am Ortsausgang von Eschdorf in Richtung Rossendorf;
- Zwei Brücken über Wirtschaftswege an der Kiesgrube Eschdorf und am Gickelsberg;
- Brücke über das Rossendorfer Wasser an der Anschlussstelle Eschdorf;
- Brücke über den alten Bahndamm (Radweg) zwischen Eschdorf und Wünschendorf:
- Fledermausbrücke über das Klemnitztälchen;
- Unterirdische Regenrückhaltebecken an der alten S177 nahe Wünschendorf sowie nahe der Anschlussstelle Eschdorf;
- Neuer Wirtschaftsweg zur Kläranlage Eschdorf.