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Dresdner Geschichte: Das war der erste Flugplatz der Stadt

Heute ist Dresden eine Stadt der Luftfahrt mit Flughafen und Luftfahrtindustrie. Mit der Eröffnung des ersten städtischen Flugplatzes vor 110 Jahren nahm die Geschichte ihren Anfang.

Von Ralf Hübner
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Der Städtische Land- und Wasser-Flugplatz Dresden-Kaditz mit Luftschiffhalle. Er wurde 1913 eröffnet, hier auf einer Postkarte um 1915.
Der Städtische Land- und Wasser-Flugplatz Dresden-Kaditz mit Luftschiffhalle. Er wurde 1913 eröffnet, hier auf einer Postkarte um 1915. © Sammlung Holger Naumann

Dresden. Nur noch wenig erinnert in Dresden-Kaditz an den ersten Flugplatz der Stadt. Mit der Eröffnung vor 110 Jahren begann jedoch am 26. Oktober 1913 für Dresden das Zeitalter der Luftfahrt. Die Stadt gehörte damit weltweit zu den ersten mit einem eigenen Flughafen. "Luftschiff, Flugzeug und Freiballon gaben gestern dem städtischen Land- und Wasserflugplatz, wie er sich jetzt nennt, die rechte Weihe", schrieben die Dresdner Nachrichten. Der „bedeutsame Akt“ habe sei bei günstigem Wetter in Gegenwart von König Friedrich August III., der königlichen Familie und in einer nach Zehntausenden zählenden Menge würdig und in sportlicher Hinsicht "sehr verheißungsvoll" gewesen, hieß es.

Wie die Dresdner Volkszeitung berichtete, galt die Aufmerksamkeit der Ehrengäste jedoch weniger den Festreden, als vielmehr den sieben Aeroplanen – Flugzeugen – die auf dem Flugfeld aufgestellt waren. In der Luftschiffhalle habe „der graue Riesenleib“ des Zeppelinluftschiffes „Sachsen“ gelegen, "ruhig und unbeweglich, bestaunt von den kleinen Menschlein." Das Ungeheuer habe große Mengen Wasserballast ausgespien, so der Reporter. Die Bedienungsmannschaft sei auf das Schiff geklettert, um die Fesseln zu lösen, die es hielten, Soldaten ergriffen die Führungsseile, langsam wurde das Schiff knapp über dem Boden schwebend ins Freie gezogen. Am Nachmittag stieg es auf und kehrte zurück, mit Prinzessin Mathilde, sächsischen Ministern und dem Landtagspräsidenten an Bord. Flugzeuge seien zu Schauflügen aufgestiegen. Alles sei ohne Zwischenfälle verlaufen. Schon im Jahr zuvor hatte am 18. August das Zeppelin-Luftschiff "Viktoria Luise" aus Gotha kommend der Stadt einen Besuch abgestattet. Die Dresdner waren zu Fuß, mit der Straßenbahn oder mit der Droschke zum Landungsplatz auf dem Heller geeilt. Sie kletterten auf Dächer und Türme, um besser sehen zu können.

Testflüge

Wiederum zwei Jahre zuvor hatten die Dresdner schon einmal auf die Ankunft eines Zeppelin-Luftschiffs gehofft, mit Graf Zeppelin selbst an Bord. Die Eintrittskarten waren gedruckt und die Tribünen errichtet, als aus Friedrichshafen die Absage kam. Stattdessen erschien am späten Nachmittag des 12. Juli 1910 von Bitterfeld her das Parseval-Luftschiff PL 6 am Himmel. Der Unterschied: Parseval-Luftschiffe waren merh gelenkte Ballons ohne inneres Gerüst. Sie ähnelten mehr jetzigen Reklame-Luftschiffen. Zeppeline hingegen waren sogenannte Starrluftschiffe mit einem Skelett aus Trägern und Streben in ihrem Inneren.

Dennoch lag Dresden damals eher am Rande des beginnenden Luftfahrt-Geschehens. Sollte es nicht bei gelegentlichen Kurzbesuchen von Luftschiffen bleiben, musste ein Flugplatz her. Ein Königlich-Sächsischer Verein für Luftfahrt wollte einen Flugplatz und Luftschiffhafen bauen und favorisierte dafür Boxdorf-Reichenberg. Wegen der Finanzierung bat der Verein die Stadt um Hilfe, die fortan die Regie übernahm und sich nach einigem Streit für die Kaditzer Flur entschied.

Im April 1913 wurde der Auftrag für den Bau der Luftschiffhalle erteilt. Das Flugfeld erstreckte sich auf etwa 1.000 mal 750 Meter längs der Elbe südlich der Kläranlage. Der Haupteingang befand sich an der Scharfenberger Straße. Die Einweihung der Luftschiffhalle war schon für Mitte August geplant. Doch ein spektakulärer Unfall auf der Baustelle verzögerte den Ablauf. Die ersten beiden Bögen der Halle waren schon fertig, als es beim dritten einen Fehler gab. Die Eisenkonstruktion brach zusammen. Die Arbeiter konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Nur einer sei zu Fall gekommen und leicht am Fuß verletzt worden, hieß es. Das Getöse des Einsturzes sei nicht nur in Übigau und Kaditz, sondern auch auf dem gegenüberliegenden Elbufer bis Cotta, Briesnitz und Kemnitz zu hören gewesen.

Die spätere 190 Meter lange, 58 Meter breite und 37 Meter hohe Luftschiffhalle galt als architektonische Meisterleistung. Sie bot zwei Luftschiffen gleichzeitig Platz. Mit schienengeführten Laufkatzen wurden die Luftschiffe in die Startposition bugsiert. Vor allem die Torkonstruktion an beiden Enden des Hangars mit zwei halbrunden Drehtoren galten damals als innovativ.

Durch die Halbschalen wurden die Luftwirbel im Torbereich verringert. Von Kaditz aus starteten Rundflüge, an den Wochenenden gab es Flugveranstaltungen. Höhepunkte waren vor allem die Testflüge Hermann Reichelts, der bei einer dieser Veranstaltungen mit seiner Schwägerin am Karfreitag 1914 abstürzte und starb.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 wurde der Flugplatz vom Militär besetzt. Alle zivile Flüge wurden eingestellt. 1915 wurde angrenzend an den städtischen Bereich eine 184 Meter lange und 35 Meter breite Militärluftschiffhalle in Betrieb genommen. Hinzu kamen Werkstätten und Unterkunftsräume für Soldaten.Nach Kriegsende mussten beide Luftschiffhallen, die Flugzeugschuppen sowie Nebengebäude abgetragen werden. Lediglich ein Flugzeugschuppen durfte ab 1921 wieder genutzt werden. Auf einem Großteil des früheren Flugplatzgeländes entstanden Sportplätze und Gärten.

Die städtische Zeppelinhalle wurde von einem Wilthener Unternehmen erworben. Von Februar 1921 wurde Dresden in das Luftpostnetz einbezogen. Täglich verkehrte ein Flugzeug der Deutschen Luft-Reederei zwischen Berlin und Dresden, ab Ende Mai eine Maschine der Deutschen Aero Lloyd zwischen Hamburg, Magdeburg, Leipzig und Dresden. Am 12. April 1926 wurde der neue Flughafen Dresden-Heller in Betrieb genommen und 1927 der Flugbetrieb in Kaditz schließlich eingestellt.