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Dresdner Geschichte: Als das Centrum-Warenhaus eröffnet wurde

Modern Einkaufen im "Silberwürfel": Mit dem Centrum-Kaufhaus hat vor 45 Jahren moderne Einkaufskultur in Dresden Einzug gehalten. Was das Warenhaus zu seiner Zeit so einzigartig machte.

Von Ralf Hübner
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Wo jetzt die Centrum-Galerie in Dresden steht, befand sich bis 2007 das Centrum-Warenhaus, das mit seiner silberfarbenen Waben-Fassade auffiel.
Wo jetzt die Centrum-Galerie in Dresden steht, befand sich bis 2007 das Centrum-Warenhaus, das mit seiner silberfarbenen Waben-Fassade auffiel. © SZ/Brigitte Anklam

Dresden. Ein neues Kaufhaus an Dresdens bekanntester Straße: Vor 45 Jahren wurde Einkaufen zum Erlebnis, sofern das bei dem immer etwas limitierten Warenangebot im Sozialismus möglich war. Am 4. Oktober 1978 öffnete kurz vor dem 29. Jahrestag der DDR das neue Centrum-Warenhaus an der Prager Straße. Es war das drittgrößte dieser Warenhäuser in der damaligen DDR. Vor allem die Fassade aus Aluminium-Waben ist in Erinnerung geblieben. Einige dieser Elemente sind heute noch an der jetzigen Centrum-Galerie zu sehen.

Bis zu 60.000 Artikel im neuen Centrum-Warenhaus

"Hochbetrieb in allen Abteilungen", vermeldete die Sächsische Zeitung vom Tag der Eröffnung des neuen Warenhauses. "Schwerstarbeit hatten von der ersten Minute an die acht Fahrtreppen zu leisten", berichtete der Reporter. Das Warenhaus war zuvor vom nordwestlichen Eckbau des Altmarktes in den Neubau umgezogen. Die Verkaufsfläche war mit 10.410 Quadratmetern fast doppelt so groß. Auf drei Etagen wurden etwa 50.000 bis 60.000 Artikel angeboten. 1.200 Mitarbeiter hielten den Betrieb am Laufen. Etwa 80 Prozent von ihnen waren Frauen.

Täglich wurde mit etwa 60.000 Kunden gerechnet. Etwa sieben Prozent des Dresdner Einzelhandels wurden künftig dort umgesetzt. Eine Getränkebar und ein Restaurant mit 222 Plätzen, wo sich die Kunden vom Shoppen entspannen konnten, galten damals als Neuheit.

In der Spielzeugabteilung des Centrum-Warenhauses werden die Waren eingeräumt.
In der Spielzeugabteilung des Centrum-Warenhauses werden die Waren eingeräumt. © SZ/Brigitte Anklam
Am 4. Oktober 1978 wurde das neue Centrum-Warenhaus an der Prager Straße eröffnet: Schlüsselübergabe durch den Zimmererbrigadier Herbert Schröter an Centrum-Direktor Jürgen Stephan.
Am 4. Oktober 1978 wurde das neue Centrum-Warenhaus an der Prager Straße eröffnet: Schlüsselübergabe durch den Zimmererbrigadier Herbert Schröter an Centrum-Direktor Jürgen Stephan. © Archivfoto
Im Elektronikbereich, in der Schallplatten-Abteilung überprüfen die Mitarbeiter kurz vor der Eröffnung 1978  die handelstechnischen Einrichtungen.
Im Elektronikbereich, in der Schallplatten-Abteilung überprüfen die Mitarbeiter kurz vor der Eröffnung 1978 die handelstechnischen Einrichtungen. © SZ/Gunter Hübner

Die Arbeitsplätze in dem Kaufhaus seien nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten gestaltet worden, hieß es. Die Erkenntnisse des nationalen und internationalen Warenhaushandels seien ebenfalls eingeflossen, berichtete die Fachzeitschrift "Der Handel". Im Erdgeschoss waren Hauswirtschaftsartikel und "Waren des täglichen Bedarfs" angesiedelt. Es sei eine der größten Kaufhallen Dresdens, schwärmte der Reporter der Sächsischen Zeitung.

Im ersten Obergeschoss gab es Bekleidung "Für die Dame", "Für den Herrn", "Für das Kind" sowie "Jugendmode", in der obersten Etage wurden Sachen aus den Bereichen Freizeit, Erholung, Wohnen, Sport und Spiel angeboten.

Das "offene Verkaufssystem in seiner zweckmäßigsten Kombination von Selbstbedienung, Selbstentnahme, Vorauswahl, Verkauf nach Mustern und individueller Bedienung wurde in Auswertung aller Erfahrungswerte der Praxis, besonders der Analyse der letzten Warenhausneubauten sowie des internationalen Standes allseitig umgesetzt", hieß es. Eine Kreiskettenförderanlage in der Konfektionsabteilung sorgte für Nachschub. In dem Haus konnten unter anderem auch Änderungen und Reparaturen in Auftrag gegeben werden.

Waben kamen aus der Sowjetunion

An einer rund 100 Meter langen Rampe im Keller konnten 50 bis 60 Laster täglich abgefertigt werden. Das entsprach 250 Tonnen Waren. Gelobt wurde die farbliche Gestaltung des Hauses und die im Boutiquestil gestalteten Verkaufsbereiche. Im dritten Obergeschoss war eine Arztstation zur medizinischen Betreuung der Mitarbeiter untergebracht, gleich daneben ein Frauenruheraum. In einem Betriebsrestaurant mit 214 Plätzen konnten die Mitarbeiter zwischen vier warmen Mahlzeiten und einem Schonkostgericht wählen.

Das Centrum-Warenhaus war Teil eines Konzepts beim Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Prager Straße, die der im Krieg geschundenen Innenstadt wieder Leben einhauchen sollte. Schon Anfang der 1960er-Jahre hatte es für deren Bebauung einen Architekturwettbewerb gegeben. Ab Februar 1965 rollten an der Prager Straße die Bagger. Das erste neue Gebäude, das entstand, war ein Hochhaus an der Reitbahnstraße. Weitere Gebäude folgten, wie die mit 240 Metern damals längste Wohnzeile an der Ostseite der Straße.

Das 23 Meter hohe neue Warenhaus bildete den nordwestlichen Abschluss der Prager Straße. Der Entwurf für das Gebäude stammte von den ungarischen Architekten Ferenc Simon und Ivan Fokuvari, die Innengestaltung von Heinz Zimmermann, Harry Hirschfeld und Heinz Drache. Besonders viel Wert wurde auf die Gestaltung jener expressiv kristallinen Aluminium-Fassade gelegt, die den Kubus auf den oberen drei Etagen umgab und ihm im Volksmund den Namen "Silberwürfel" einbrachte.

In der damaligen Zeit war diese Silbermode an Kaufhäusern in Ost wie West beliebt. Zudem waren Leichtmetallfassaden preisgünstiger als aufwendige, teure Natursteinprofile. Produziert wurden die 4.680 Metall-Rhomben in der damaligen Sowjetunion. Zuvor war das Centrum-Warenhaus im nordwestlichen Eckbau des Altmarktes von 1955/56 an der Ecke Wilsdruffer Straße untergebracht. Nach dem Umzug auf die Prager Straße entstand dort zunächst ein Einrichtungshaus. Jetzt ist es Teil der Altmarkt-Galerie.

Einige Waben sind bis heute im Dresdner Stadtbild zu sehen - an der neuen Centrum-Galerie auf der Prager Straße.
Einige Waben sind bis heute im Dresdner Stadtbild zu sehen - an der neuen Centrum-Galerie auf der Prager Straße. © Sven Ellger

2007 musste der "Silberwürfel" der Centrum-Galerie weichen. Im Unterschied etwa zu dem Leipziger Kaufhaus, der sogenannten Blechbüchse am Brühl, stand das Dresdner Haus nicht unter Denkmalschutz. Und so entstand dort bis 2009 für rund 290 Millionen Euro die Centrum-Galerie mit einer Verkaufsfläche von rund 52.000 Quadratmetern. Die Pläne stammten vom Architekten Peter Kulka. Er hatte den Gestaltungswettbewerb wohl auch gewonnen, weil er bei seinem Entwurf das Wabenmotiv an der Fassade einbezog.