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Pilotprojekt zum Energiesparen: Wie der TU-Zentralrechner Dresden mit Wärme versorgt

Mit grüner Wärme von der TU Dresden werden künftig Häuser im Umfeld beheizt. Für Stadt und Umwelt zahlt sich das aus.

Von Peter Hilbert
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Der Vertrag ist besiegelt. Sachsen-Energie-Vorstand Axel Cunow (l.) unterhält sich am TU-Hochleistungsrechner mit dem zuständigen TU-Professor Wolfgang E. Nagel und SIB-Geschäftsführer Oliver Gaber (r.) über die neue Lösung für die überschüssige Abwärme.
Der Vertrag ist besiegelt. Sachsen-Energie-Vorstand Axel Cunow (l.) unterhält sich am TU-Hochleistungsrechner mit dem zuständigen TU-Professor Wolfgang E. Nagel und SIB-Geschäftsführer Oliver Gaber (r.) über die neue Lösung für die überschüssige Abwärme. © Sven Ellger

Dresden. Die Energiepreise sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen, besonders seit dem Ukrainekrieg. Umso wichtiger ist es, dass der Versorger Sachsen-Energie sein Fernwärmenetz ausbaut. So soll Energie effizient eingesetzt und damit die Umwelt weniger belastet werden. Schließlich wird durch die energieeffizienten Kraftwerke, die nach dem Prinzip der Kraft Wärme-Kopplung arbeiten, ein Großteil der Energie ausgenutzt.

Durch diesen neuen Tunnel an der Marienbrücke strömt die Fernwärme vom Kraftwerk Nossener Brücke direkt ins neue Pieschener Netz. Die Sachsen-Energie hat das Dresdner Fernwärmenetz schon stark erweitert.
Durch diesen neuen Tunnel an der Marienbrücke strömt die Fernwärme vom Kraftwerk Nossener Brücke direkt ins neue Pieschener Netz. Die Sachsen-Energie hat das Dresdner Fernwärmenetz schon stark erweitert. © Peter Hilbert

Jährlich können in Dresden über 800.000 Tonnen Kohlendioxid (CO2) gegenüber herkömmlichen Heizungen eingespart werden. Seit der Wiedervereinigung ist das Dresdner Fernwärmenetz um 377 auf 631 Kilometer erweitert worden. Beheizt werden rund 130.000 Wohnungen in 8.237 Häusern.

Der Plan: Rechner-Abwärme fürs Fernwärmenetz

Jetzt haben die TU Dresden, der Freistaat und die Sachsen-Energie einen Plan, wie die Abwärme des Hochleistungsrechners der Universität im Andreas-Pfitzmann-Bau an der Nöthnitzer Straße umweltfreundlich genutzt werden kann: Künftig soll die überschüssige Abwärme mit drei Wärmepumpen so aufbereitet werden, dass sie im Fernwärmenetz der Sachsen-Energie genutzt werden kann. Am Donnerstag wurde einen entsprechenden Vertrag unterschrieben.

Das sind Plattenwärmetauscher im Rechenzentrum, mit denen die Abwärme schon jetzt ins Nahwärmesystem übertragen wird. So können TU-Gebäude beheizt werden.
Das sind Plattenwärmetauscher im Rechenzentrum, mit denen die Abwärme schon jetzt ins Nahwärmesystem übertragen wird. So können TU-Gebäude beheizt werden. © Peter Hilbert

"Der Vertrag zur Nutzung der Abwärme ist ein wichtiger Schritt zur weiteren Steigerung der Energieeffizienz und ein deutliches Signal für mehr Nachhaltigkeit", sagt Oliver Gaber, Kaufmännischer Geschäftsführer des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB). Dies sei für den gesamten Freistaat ein Leuchtturmprojekt, das besonders innovativ und nachhaltig ist. Damit setzt der SIB seine Strategie fort. So werden seit Anfang dieses Jahres alle vom SIB verwalteten Gebäude Sachsens mit Ökostrom versorgt, in Dresden unter anderem die TU, das Residenzschloss, der Zwinger, die Staatskanzlei und alle Ministerien.

Der Nutzen: 2.700 Tonnen CO2 gehen nicht in die Luft

Auch die Sachsen-Energie hält das Vorhaben für einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Wärmewende. "Durch die Nutzung der Abwärme des Hochleistungsrechners können bis zu 24.000 Megawattstunden grüne Wärme entstehen und theoretisch 3.700 durchschnittliche Dresdner Haushalte versorgt werden", erläuterte Vorstand Axel Cunow.

Über solche kleinen Türme auf Dächern wird die überschüssige Abwärme des TU-Hochleistungsrechners bisher abgeführt.
Über solche kleinen Türme auf Dächern wird die überschüssige Abwärme des TU-Hochleistungsrechners bisher abgeführt. © Sven Ellger

Die thermische Leistung der Abwärme aus dem Rechner von 3,8 Megawatt ist vergleichbar mit Gasmotoren-Heizkraftwerken, wie sie die Sachsen-Energie in Trachau und Kaditz noch einige Jahre betreibt. "Gleichzeitig werden rund 2.700 Tonnen CO2 vermieden, die sonst bei der Erzeugung der Fernwärme entstehen würden", erläutert Cunow einen weiteren Vorteil. Das ist eine vergleichbare Einsparung wie beim Fernwärmeanschluss von Pieschen, für den das Unternehmen immerhin 45 Millionen Euro investiert hat.

Die Zukunfts-Investition: Pakt Versorger, Freistaat und TU

"Mit dieser Investition und strategischen Zusammenarbeit zwischen der Sachsen-Energie, dem Freistaat und der TU Dresden schaffen wir eine Infrastruktur zur energieeffizienten Nachnutzung von – beim Hochleistungsrechnen anfallenden – sehr hohen Wärmemengen", erklärte Prof. Dr. Wolfgang E. Nagel, Direktor des Zentrums für Informationsdienste der TU Dresden. Das Projekt sei umweltpolitisch beispielhaft und in seiner Nachhaltigkeit zukunftsweisend.

Die Lösung: Technikbauwerk mit Wärmepumpen

Damit die Abwärme des Hochleistungsrechners mit seinen 70 Schränken, sogenannten Racks, genutzt werden kann, soll neben dem Rechenzentrum ein Technikbauwerk mit Wärmepumpen errichtet werden. Mit der Abwärme wird künftig Wasser fürs Fernwärmenetz von 40 auf 90 Grad erhitzt, sodass es ins Dresdner Leitungsnetz fließen kann, erklärt Rutger Kretschmer, Bereichsleiter Kraft & Wärme bei der Sachsen-Energie. Die Wärmepumpen funktionieren nach dem Prinzip eines Kühlschranks.

Ein Blick auf die Umwälzpumpen im Rechenzentrum, mit denen das erwärmte Wasser schon jetzt ins Nahwärmesystem der TU befördert wird.
Ein Blick auf die Umwälzpumpen im Rechenzentrum, mit denen das erwärmte Wasser schon jetzt ins Nahwärmesystem der TU befördert wird. © Peter Hilbert

Der Neubau hat den Vorteil, dass die überschüssige Abwärme nicht wie bisher mit kleinen Anlagen gekühlt und die überschüssige Abwärme über kleine Türme auf den Dächern in die Luft abgegeben werden muss. Durch die neue Lösung werden künftig jährlich rund 100 Tonnen CO2 weniger ausgestoßen. Im Winter wird die Abwärme des Rechners bereits jetzt genutzt, um umliegende TU-Gebäude zu beheizen.

Das ist die Fläche neben dem Andreas-Pfitzmann-Bau an der Nöthnitzer Straße, auf der das Technikgebäude mit den Wärmepumpen ab Jahresmitte errichtet wird.
Das ist die Fläche neben dem Andreas-Pfitzmann-Bau an der Nöthnitzer Straße, auf der das Technikgebäude mit den Wärmepumpen ab Jahresmitte errichtet wird. © Sven Ellger

Der SIB wird für rund 1,6 Millionen Euro das Technikbauwerk errichten. Die Sachsen-Energie kümmert sich um die technische Ausrüstung. So werden neben den Wärmepumpen unter anderem Mittelspannungsleitungen sowie Fern- und Nahwärmerohre installiert, sodass mit dem heißen Wasser die Gebäude in diesem Gebiet beheizt werden können. Die technische Anlage kostet rund 3,2 Millionen Euro. Gefördert wird das Projekt im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative von Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Derzeit wird das Technikbauwerk bereits geplant. Bis Ende des Jahres soll der Bau abgeschlossen sein. Geplant ist, im kommenden Jahr die Wärmepumpen zu installieren und letztlich den Probebetrieb durchzuführen. Spätestens Anfang 2025 soll die Anlage in Betrieb gehen.