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Erstes Urteil in Krypto-Verfahren

Nun haben Prozesse um geknackte Handys auch das Amtsgericht Dresden erreicht. Ein erster Drogendealer wurde schon verurteilt.

Von Alexander Schneider
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Französische Sicherheitsbehörden knackten die Kommunikation von tausenden Nutzern umstrittener Krypto-Handys. Nun stehen auch in Dresden mutmaßliche Drogendealer vor Gericht.
Französische Sicherheitsbehörden knackten die Kommunikation von tausenden Nutzern umstrittener Krypto-Handys. Nun stehen auch in Dresden mutmaßliche Drogendealer vor Gericht. © Symbolfoto: Nicolas Armer/dpa

Dresden. Die Dresdner Drogenfahnder waren im Mai vergangenen Jahres Marcus K. mal wieder auf der Spur, doch für einen Haftbefehl oder eine Durchsuchung hatten die Hinweise gegen den bereits einschlägig vorbestraften Rauschgift-Kunden aus Meißen nicht ausgereicht. K. ist 32 Jahre alt, Familienvater und arbeitet auf dem Bau. Außerdem ist er drogenabhängig und finanziert sich seinen Stoff, indem er selbst auch damit handelt. So weit, so typisch.

Im Herbst jedoch änderte sich die Situation und es passierte etwas, was sich auf das Leben des Meißners nachhaltig auswirken sollte. Ermittler in Frankreich war es gelungen, verschlüsselte Handys der Firma „EncroChat“ zu knacken. Die Geräte mit eigener Software und ohne Telefonfunktion oder Internet-Anbindung waren von dem umstrittenen Unternehmen für rund 700 Euro im Quartal vermietet worden und sollen aufgrund ihrer Abhörsicherheit bevorzugt in kriminellen Kreisen genutzt worden sein.

Auch zahlreiche Verdächtige, die im Raum Dresden ihre kriminellen Geschäfte über EncroChat recht offen durchgezogen haben sollen, gerieten so ins Visier der Ermittler. Darunter ein Mann namens Christopher J. Der wiederum hatte zwischen April und Juni 2020, dem Zeitraum der Entschlüsselungen, unter anderem über seine Geschäfte mit Marcus K. gechattet und ihn auch namentlich genannt, nebst abgenommener Mengen und Verkaufspreisen für ihre Crystal-Transaktionen.

1,2 Kilo Crystal insgesamt

Ende Januar 2021 wurde Marcus K. daher in einem Zug zwischen Coswig und Meißen festgenommen und seine Wohnung durchsucht. Dort fanden die Ermittler ein paar Hundert Euro Bargeld, 17 Gramm Crystal, diverse, weit geringere Mengen anderer Drogen – und Waffen, einen als Autoschlüssel getarnten Elektroschocker sowie ein Tierabwehrspray.

Aus Christopher J.s Kommunikation ergab sich, dass K. gemeinsam mit ihm Crystal für 50 Euro pro Gramm eingekauft hatte. K.s Anteil belief sich dabei auf 1,2 Kilogramm – zweimal 500 und einmal 200 Gramm.

Jetzt stand Marcus K., der nach wie vor in Untersuchungshaft saß, wegen bewaffneten Handels mit Drogen vor dem Amtsgericht Dresden. Da die Mindeststrafe fünf Jahre beträgt, wäre eigentlich das Landgericht zuständig. Die Strafgewalt am Amtsgericht endet bei vier Jahren. Doch K. hat ein frühes Geständnis abgelegt und sein Verteidiger Ulf Israel die Staatsanwaltschaft von einer Strafmilderung überzeugt, bei den Taten des 32-Jährigen handele es sich um einen sogenannten minder schweren Fall.

Angeklagter legt Geständnis ab

In seinem Prozess hat K. ein Geständnis abgelegt. Er habe die Drogen für 55 Euro pro Gramm weiterverkauft und über die Kommissionsgeschäfte seinen Eigenbedarf finanziert. Der Lieferant, von dem J. das Crystal bezogen habe, sei ihm jedoch nicht bekannt. Am Ende sagte er, er würde gerne eine Drogentherapie machen, "um das Ganze zu beenden".

Der Staatsanwalt argumentierte, K. sei abhängig von der Droge und habe sich so seinen eigenen Konsum finanziert. Eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren sei "gerade noch so" ausreichend - auch dank des kooperativen Verhaltens des Angeklagten bei seiner Festnahme und dank seines Geständnisses.

In anderen Verfahren rund um die Entschlüsselung der EncroChat-Kommunikation haben es die Gerichte derzeit weit schwieriger, da die Angeklagten in der Regel schweigen und ihre Verteidiger versuchen, die von französischen Behörden geknackten Chats, die im großen Stil über das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter an die zuständigen Ermittler weitergeleitet worden waren, etwa als rechtswidrig erlangte Beweismittel anzufechten. Gerade zwei Wochen vor K.s Prozess hatte am Landgericht Dresden etwa eine solche Hauptverhandlung begonnen.

Das Dresdner Schöffengericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.